In Anbetracht der immensen Opferzahlen der Zivilbevölkerung im Gazastreifen – deren genau Zahl wohl für immer unklar sein wird, da die Quelle (Hamas) nicht vertrauenswürdig sein kann – stellen sich viele Menschen – so wie auch ich – die Frage, ob der Krieg gegen die Hamas bis zum bitteren Ende geführt werden muss.
Was dabei leider in Vergessenheit gerät, ist die aktuelle Ursache des Krieges und dessen nähere Vorgeschichte.
Die nähere Vorgeschichte
Israel eroberte den Gazastreifen im Rahmen des Sechstage-Krieges und besetzte ihn von 1967 bis 2005. Die Herrschaftsstrukturen in der ansässigen Bevölkerung, welche vor allem unter der Besatzung und den – teils hoch militanten – Siedlern gelitten hatte, führten dazu, dass nach einem „kleinen“ Bürgerkrieg in Gaza die Hamas die Macht übernahm und in Folge alle ermordete bzw. vertrieb, die sich Ihr entgegenstellten.
Beinahe unmittelbar danach begann wieder der Terror gegen Israel, die Hamas feuert dabei auch – ohne Rücksicht darauf, ob Militärbasen, Schulen, Wohnhäuser oder Kindergärten getroffen werden – mit stationären Boden-Boden-Raketen (Kurz- und Mittelstrecke) auf israelische Städte und Dörfer.
Bis heute waren dies mehr als 13.500 Raketen mit einer Sprengkraft von – im mittel – 10 Kilogramm TNT. Hinzu kommen unzählige „Selbstmordanschläge“ auf zivile Busse, Cafés, Bushaltestellen etc. und – meist an der Grenze und wohl eher als Sekundärziel – militärische Posten.
Das Ziel der Hamas ist die vollständige Vernichtung des Staates Israel und ein Genozid an allen Juden.
Der Terror des 7. Oktober
Wer sich mit den Vorgängen des 7. Oktober in all seiner Bestialität (vor allem gegen Zivilisten, größtenteils Frauen und Kinder) auseinandersetzten will, dem empfehle ich diesen Artikel in der New York Times. Vor dem Link eine Warnung: Ihr könnt ihn vermutlich nicht zu Ende lesen (auch wenn dies wichtig wäre), die geschilderten Vorgänge sind einfach zu grauenhaft → Link Die gezielte Ermordung von Zivilisten sowie deren Entführung sind international als Kriegsverbrechen geächtet. Mehr muss man nicht dazu sagen.
Nur noch so viel: Es gibt Vorkommnisse in der Geschichte, bei denen jede Kontextualisierung den Geruch einer Rechtfertigung mit sich bringt – sei es der Holocaust, 9/11 oder der Terror des 7. Oktober
Manches steht in seiner Monstrosität für sich alleine da.
Der kulturelle Kontext
Stark vereinfacht kann man sagen: Im Hinblick auf Terroristen handelt – aus meiner Sicht – die Israelische Politik nach dem Standard „Vergeltung für jeden Angriff“. Dies ist, nach meiner Wahrnehmung, regional nicht wirkungslos, vor allem weil auch Hintermänner, Logistiker und auch Finanziers als legitime ziele gelten.
(Edit: In einer früheren Version bin ich der sachlich falschen, christliche Polemik der Falschinterpretation von „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ auf den Leim gegangen (oder war einfach zu schlampig). Das bedauere ich und ich lerne immer gern dazu. Vielen Dank für den Hinweis an Andrea Z.)
Wer nicht zurückschlägt, gilt als schwach. Wer nachgibt, gilt als ängstlich. Nur wer stark ist, wird respektiert.
Israel ist – auch aus meiner Sicht – quasi „gezwungen“ dieses Spiel mitzuspielen. Der Friedensprozess mit seinen Nachbarstaaten war nur möglich, weil Israel unzweifelhaft sowohl militärisch als auch wirtschaftlich und technologisch führend ist.
Der Angriff der Hamas stellt diese Überlegenheit infrage.
Die Reaktion Israels auf den Angriff vom 7. Oktober
Viel wurde schon geschrieben, viel wurde unterstellt, viel ist passiert. Und Verhältnismäßigkeit ist wohl auch etwas anders. Niemand weiß, wie viele Opfer die Reaktion gefordert hat und noch fordern wird. Und niemand wird wohl je sagen könne, wie viele der Opfer Zivilisten waren, wie viele Soldaten der Hamas und wie viele zivile Helfer der Hamas. Leider kommt es – wie in jedem modernen Krieg – zu unverhältnismäßig vielen Opfern, aber eines kann man relativ sagen:
Das Ziel der IDF ist die Zerschlagung bzw. Auslöschung der Hamas, nicht aber ein Genozid an der zivilen Bevölkerung.
Wäre dem nicht so, würde die IDF vorab keine Warnungen an die Bewohner herausgeben – und von Gaza wären schon lange nur noch Schutthaufen übrig. Und in Anbetracht der Äußerungen einzelner israelischer Politiker bin ich froh, dass Teile der Bevölkerung Israels lange nicht eingezogen wurden und demzufolge seltener höhere Ränge bekleiden
Quo vadis?
Aus der Sicht Israels (bzw. der aktuellen Regierung und eines Teil des Sicherheitsapparates) gibt es nur einen Weg den Krieg zu beenden: das Ende der Hamas (in Gaza). Ob die Hamas dort militärisch besiegt wird oder ob sie kapituliert – und den Verantwortlichen dann der Prozess gemacht wird – ist vielen wohl einerlei, wobei man davon ausgehen kann, dass ersteres – in Anbetracht dessen, wie freigelassene Hamas-Terroristen später handelten – für nicht wenige Akteure wesentlich attraktiver ist.
Aus der Sicht der Bodentruppen und Unterführer der Hamas ist der Krieg wohl erst dann beendet, wenn Israel vernichtet ist und alle Juden tot sind. Die Führung der Hamas sieht das wohl anders, da für diese der Krieg vor allem ein Geschäftsmodell ist – aber wie stark deren Kontrolle über ihr „Fußvolk“ ist, weiß mittlerweile niemand. In die Pläne des 7. Oktober waren sie angeblich nicht eingeweiht, verantwortlich sind sie aber trotzdem.
Da für Israel – und wohl auch jeden humanistisch aufgeklärten Menschen – ein Friedensprozess erst dann möglich sein wird, wenn die Hamas (und ihre kranke Ideologie) nicht mehr existiert, muss diese Organisation aufgelöst werden. Und vor allem müssen die Verantwortlichen vor ein Gericht gestellt und ordentlich verurteilt werden – legitime, möglicherweise völkerrechtlich nicht wirklich legale, Tötungen der Anführer der Hamas in Ihren Villen oder Luxuswohnungen in Drittstaaten sind keine langfristige Lösung.
Zudem müssen die Geldquellen der Hamas beschnitten werden, hier sind vor allem der Iran, Qatar, die UN und auch die Europäische Union zu nennen – und ja, auch wenn Gelder nicht direkt fließen, so landet immer ein Teil von „Hilfsgeldern“ in den Taschen der Hamas. Das ist in allen Krisengebieten so.
Andernfalls wird der Krieg in Gaza so lange andauern, bis der letzte Tunnel gesprengt oder geflutet ist, der letzte Terrorist getötet ist und die letzte Waffenfabrik zerstört wurde. Und damit reden wir von israelischen Panzern an der Grenze zu Ägypten, aber auch vom Ende des Geschäftsmodells „Hamas“ und den Geldflüssen.
Redaktionsmitglied Sperling
Redakteur seit 2011, Kernteam der Redaktion seit 2013. De facto "Leitung" ab 2016, irgendwann auch offiziell Chefredakteur - bis 2023. Schreibt und Podcastet nur wenn ihm die Laune danach steht, zahlt aktuell die Infrastruktur der Flaschenpost, muss aber zum Glück nicht haften 🙂
Der Iran hat genau wie die Hamas kein Interesse an Frieden. Wenn Ägypten, Saudi Arabien und die Emirate ihre Beziehungen mit Israel normalisieren. Was ja geplant war, dann würden die Islamisten an Macht verlieren. Auch die Fähigkeit der Islamisten Mullahs im Iran die Welt zu destabilisieren würde dann abnehmen !
Dürfte der Grund sein warum die Hamas Mörder so brutal zugeschlagen haben. Um Frieden und Annäherung für die nächsten Jahrzehnte zu verhindern.
Besonders bizarr finde ich dann, das Hamas und co dann noch im Westen von Linksradikalen die sich z.B. im Ukraine Krieg als Friedensapostel präsentieren und die Ukraine an Faschist Putin im Namen des Weltfriedens ausliefern wollen. Das es oft auch diese Leute sind die Hamas als Freiheitskämpfer gegen den westlichen Militarismus preisen, im Namen der Forderung nach Frieden natürlich….
Der gute alte George Orwell hat da doch mal in 1984 was geschrieben, von wegen „Krieg ist Frieden“ und so, erinnert mich immer wieder daran.
Hamas hat viele Unterstützer, auch im Westen.
Ein sehr guter Beitrag von Sperling! Mit der Hamas kann man nicht verhandeln. Das hat schon die Vergangenheit immer wieder gezeigt! Katar und der Iran tun alles zusammen mit der Hamas und anderen damit es zu keinem Frieden kommt. Es ist erschreckend zu sehen wie viele „Linke“ im Westen, auf dem Sofa sitzend groß philosophieren und die Gräultaten der Hamas schamlos verteidigen. Da spielt noch die sowjetische Indoktrinierung und Propaganda eine Rolle und zeigt ihre Nachwirkungen. Die Gräultaten der Hamas und Israels berechtige Verteidigung gegen diese, haben die autokratisch liebende Linke in westlichen Staaten endgültig demaskiert.
Wichtiger denn je wird für die Zukunftr das bei Fragen Freiheit vs Unfreitheit klar alle demokratischen Kräfte auf der Seiten der Freiheit stehen. Die Achse der Autokratien bedroht die Freiheit weltweit und die Bürger in den demokratischen freien Gesellschaften. Es ist daher fatal und ein endgültiges Armutszeugnis wenn nun vorgeblich progessive Kräfte den Terror der Hams unterstützen. Man konnte es bei der Befragung der Leiterin der US Universität Harvard sehr gut erkennen. Leider sind auch viele Multiplikatoren in Deutschland damit beschäftigt die Untaten der Hamas wie auch die von Russland mit den selben Phrasen zu relativieren. Mehr und mehr zeigt sich ein Sumpf quer durchs politische Spektrum an Leuten welche die Unfreiheit anbeten,
Daher danke an der Stelle für Sperlings Kommentar, es ist wichtig dass man hier klar auf der Seiten Israels und der Freiheit steht, Israel braucht unsere Unterstützung damit die Hamas endlich besiegt wird und auch die Menschen in Palästina frei vom Terror der Hamas sind.