Das Schweizer Politikmagazin republik.ch hat einen umfassenden Artikel über die Aktivitäten des Schweizer Geheimdienstes veröffentlicht (https://www.republik.ch/2024/01/09/der-bund-ueberwacht-uns-alle). Dem Magazin zufolge wird dabei quasi die gesamte Schweizer Bevölkerung, aber auch ausländischer Internetdatenverkehr komplett durchleuchtet und abgespeichert. Der Schweizer Bundesrat versicherte vor der Abstimmung zum Nachrichtendienstgesetz 2016, dass eine flächendeckende Überwachung der Bevölkerung nicht stattfinden würde. Jedoch entpuppt sich die Kabelaufklärung heute als ein Programm zur Massenüberwachung.
Der Artikel von Adrienne Fichter enthüllt, dass der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) seit 2017 massenhaft Internetverkehr der Schweizer Bürgerinnen und Bürger mitliest und speichert. Die Kommunikation wird standardmäßig nach bestimmten Suchbegriffen gefiltert und analysiert. Dies umfasst auch eine retrospektive Durchsicht der Daten, die bis zu 18 Monate gespeichert werden. Die Praktiken des NDB stehen im krassen Widerspruch zu den Versprechen des Bundesrates und heben und untergraben den Datenschutz massiv, insbesondere in Bezug auf die Sicherheit von journalistischen Quellen und Berufsgeheimnissen.
Stellungnahme der Schweizer Piratenpartei zum Artikel
Skandal beim Nachrichtendienst: Piratenpartei fordert Konsequenzen
In Reaktion auf den Artikel der „Republik“ fordert die Piratenpartei Schweiz Konsequenzen im Bundesrat. Laut Jorgo Ananiadis, Präsident der Piratenpartei Schweiz, bestätigen die Enthüllungen die früheren Warnungen der Partei vor einem übergriffigen Überwachungsstaat. Die Partei beteiligte sich 2016 am Referendum gegen das Nachrichtendienstgesetz und kritisierte damals die Versprechungen des Bundesrats. Philippe Burger, Co-Vizepräsident der Partei, betont, dass die Lügen des Bundesrats die Demokratie beschädigt hätten. Die massive Grundrechtsverletzung durch den Geheimdienst wurde 2020 vom Bundesgericht anerkannt, doch gab es keine Bemühungen, die Missstände zu beheben. Nicole Rüegger, Co-Vizepräsidentin, betont, dass die Piratenpartei die geplante Ausweitung der Überwachungskompetenzen im aktuellen Nachrichtendienstgesetz bekämpfen wird, um das Arzt-Patientengeheimnis, das Anwaltsgeheimnis und den Quellenschutz für Journalisten zu schützen.
https://www.piratenpartei.ch/2024/01/09/18072472/
Relevanz für Deutschland und Europa:
Letztendlich muss auch festgehalten werden, dass dieses Vorgehen nicht nur den Datenschutz der Schweizer Bevölkerung zerstört. Da die Schweiz als Teil des globalen Internets natürlich auch ein Umschlagsknoten für globalen Datenverkehr ist, werden hier mit Sicherheit auch die Daten von Deutschen und Europäern mit betroffen sein. Wenn der Bundesregierung Deutschlands bzw. der EU also der Datenschutz der eigenen Bürger ein Anliegen ist, so müssten sie hier nun energisch Einspruch erheben und diplomatischen Druck auf die Schweiz ausüben. Schließlich dürfte diese Form der Massenüberwachung, wenn sie auch Bürger der EU betrifft, kaum mit EU-Recht vereinbar sein. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof haben schließlich die viel weniger weitgehende Vorratsdatenspeicherung für klar illegal erklärt.
Redaktionsmitglied Max Kehm
Seit 2009 netzpolitisch und bei den Piraten aktiv. Technikenthusiast und Künstler mit Interesse an philosophischen und intellektuellen Themen.
Monent mal, das heißt dann aber auch das die Schweizer Sicherheitsbehörden wegen der Überwachung genau von den Konten der ganzen Oligarchen und Autokratischen Diktatoren wussten die ihr Geld in der Schönen Schweiz angelegt haben. Oder sehe ich das falsch ?
Abseits davon, erinnert mich ein bisschen an den Fichen Skandal:
„Der sogenannte Fichenskandal (auch Fichenaffäre) ist ein Skandal der neueren Schweizer Geschichte in der Endphase des Kalten Krieges. Davon abgeleitet hat sich in der Schweiz das Wort „Fichenstaat“ als Umschreibung für einen „Schnüffelstaat“ gebildet. Etwa 900’000 Staatsschutz-Fichen wurden zwischen 1900 und 1990 angelegt, sie befinden sich heute im Bundesarchiv. Bei dem Skandal wurde aufgedeckt, dass Bundes- und Kantonalbehörde Informationen über Bürger im Geheimen sammelten.“
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Fichenskandal