Sammelpunkt des diesjährigen “Internationalen Tags der Privatsphäre” war der Karlsplatz in München. Dort hielt Bernd Schlömer, Vorsitzender der Piratenpartei, eine mitreissende Rede, in der er zum Rundumschlag gegen Überwacher und all die verantwortlichen Kräfte ausholte, die Überwachung zulassen. Durch Schlömer angeheizt, setzte sich der Zug in Richtung des amerikanischen Konsulats in Bewegung.
Das Aktionsbündnis aus SPD, Mehr Demokratie, dem CCC, den Grünen, der ÖDP und natürlich uns Piraten, konnte, laut Angaben des Einsatzleiters der Polizei, 600 Demonstranten mobilisieren. Wer Guy Fawkes Masken tragen wollte, konnte das tun, allerdings waren vorher bei der Polizei die Personalien anzugeben.
Die Menge rief “NSA – go away” und “Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Freiheit klaut”, und sangen “Nie mehr Überwachungsstaat” zur Melodie von Go West – hoffentlich hatte die GEMA keine Beobachter geschickt.
Bei der Abschlussveranstaltung sprach Jimmy Schulz. Er erzählt von seinem Werdegang: vom Internetunternehmer, der die Telekommunikationsüberwachung des damaligen Innenministers Schilly kritisierte, bis zum Abgeordneten. Schulz hat, wie andere Netzpolitiker in der CDU/CSU/SPD auch, in seiner Partei nicht viel Rückhalt. Man zeigt ihn trotzdem immer wieder gerne als Beweis vor, dass Netzpolitik vermeintlich ernst genommen wird.
In England und den USA sieht die Bevölkerung das Thema Überwachung ungleich gelassener. Das mag auch daran liegen, dass es die eigenen, nicht fremde Geheimdienste sind, die ihre Abhörnetze spannen. Ein anderer Redner vermutete zu diesem Thema, dass die Gelassenheit womöglich daher rühren könnte, weil Engländer und US-Amerikaner davon ausgehen, dass durch das weltweite Abhören nicht wenig für die eigenen Unternehmen heraus springt – was eine Legitimation konstruiert. Schulz fordert einen “Intelligence Codex” der festlegt, dass zumindest befreundete Staaten sich gegenseitig nicht abhören. Dass rote Linien festgelegt werden, die nicht überschritten werden dürfen. Schulz beklagt aber auch, dass das Bewusstsein fehlt, nicht alles gleich bei Twitter oder Facebook einstellen zu müssen. Er fordert auch eine Kampagne, die erreichen soll, dass die Kommunikation in Deutschland bis 2018 vollständig verschlüsselt ablaufen soll.
Diese Demonstration diente praktisch dem Warmlaufen zur Freiheit statt Angst Demonstration in Berlin am 7. September. Dort wird bestimmt einiges los sein.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.