Die Piratenpartei Bayern hat am 21. Dezember bekannt gegeben, dass sie ein Gutachten des bayerischen Landtages zur Bayerischen Landesbank auf ihrem Server hostet [1]. Das Netzwerk Attac hatte dieses bereits am 24. November veröffentlicht [2], leider ohne die notwendige Aufmerksamkeit zu erreichen. Wir haben uns zu diesem Thema mit Aleks A.-Lessemann, dem politischen Geschäftsführer in Bayern, unterhalten:
Flaschenpost: Hallo Aleks. Woher kam der Anstoß für diese Veröffentlichung?
Aleks: Passend zur aktuellen Jahreszeit sollte ich anfangen mit „…und es begab sich zu der Zeit…“. Aber nun gut, hier die Geschichte: Benjamin Stöcker, äußerst aktiver Pirat aus Oberfranken veröffentlichte in einer der bayerischen Mailinglisten einen Link zu einem Artikel der „Zeit online“. Dort war beschrieben, wie attac ein Gutachten vom bayerischen Landtag veröffentlicht hatte, das dieser lieber unter Verschluss halten wollte. Darin wurden das Management und die zuständigen Politiker dazu verdonnert, die juristische Verantwortung für das Missmanagement zu übernehmen. Bezeichnenderweise laufen Ende dieses Jahres einige Verjährungsfristen aus, was möglicherweise zur Entscheidung des Landtags beitrug, dieses Gutachten außerhalb der Öffentlichkeit zu belassen. Mittlerweile hat allen Anschein nach der bayerische Landtag unter dem Vorwand des Urheberrechts eine Klage gegen attac angedroht oder gar auf dem Weg gebracht (bei attac ist noch keine Klageschrift eingegangen). Zur Erinnerung: derselbe Vorwand wurde erfolglos benutzt, um die Informationen zur Loveparade zu blockieren.
Flaschenpost: Es wurde also versucht, dieses Gutachten unter den Tisch zu kehren?
Aleks: Genau. Erst kürzlich haben sich viele Piratenparteien weltweit daran gemacht, Wikileaks sicher zu spiegeln, so dass deren Informationen – allen voran die diplomatischen Depeschen der USA – weiterhin für alle erreichbar bleiben. Schließlich sind wir die Partei(en) der Bürgerrechte und der Freiheit. Entsprechend sah ich auch hier einen Auftrag für die Piraten, Meinungs-, Presse- und Publikationsfreiheit zu bewahren. Außerdem ist dieses Gutachten mit unser aller Geld bezahlt worden und sollte uns allen gehören und zur Verfügung gestellt werden.
Flaschenpost: Wie wurde diese Idee dann umgesetzt?
Aleks: Ich setzte mich schnell in Kontakt mit attac und fragte, ob eine Unterstützung unsererseits genehm wäre und welcher Art sie am Besten sein sollte. Freudig nahm man unser Angebot an und war damit einverstanden, dass wir die Dateien auf unsere Server kopierten und veröffentlichten, zusammen mit einer Pressemitteilung. Von einer gemeinsamen Pressemitteilung nahm attac Abstand, um in ihren Augen überparteilich zu bleiben. Gleichzeitig, und um keine Zeit zu verlieren, hatte ich mir von meinen Kollegen im Landesvorstand Rückendeckung geholt, inwiefern sie einer solchen Veröffentlichung zustimmen würden. Nicht ohne Stolz kann ich berichten, dass die notwendige Mehrheit (und darüber hinaus) im Landesvorstand schnell gefunden war. Nun war die Technik gefragt, die schnell einen Server [3] aufstellte und sogar einen Torrent [4] aus den Dateien machte, das anscheinend rege verbreitet wird. Zeitgleich mit der Technik hatte sich unsere AG Presse und Text an der Pressemittelung rangemacht. Alles war rechtzeitig fertig für die Aktion, die wir am Dienstag, dem 21.12.2010, publik machten.
Flaschenpost: Was ist seit der Veröffentlichung passiert?
Aleks: Im Moment warten wir noch auf Reaktionen. Aber das ist zweitrangig. Wir haben für die Transparenz des Staates gearbeitet, im Sinne der bürgerlichen Freiheiten, die anscheinend nur noch die Piraten gewillt sind, zu verteidigen. Nur gut, dass es uns gibt, oder?
Flaschenpost: Vielen Dank für Deine Zeit und Deine Antworten!
[1] https://piratenpartei-bayern.de/blog/21-12-2010/piraten-spiegeln-bayernlb-leak
[2] http://www.attac.de/aktuell/neuigkeiten/detailansicht/datum////attac-veroeffentlicht-brisantes-gutachten-zur-bayern-lb/?no_cache=1&cHash=c28454167117012c86d9b33b84574777
[3] http://bayernlb.piratenpartei-bayern.de
[4] http://thepiratebay.org/torrent/6055447