Die Meinung der Bevölkerung ist ja fast beängstigend positiv, wenn der Freiherr von Guttenberg sich zu einem Thema vor der Kamera äußert. Der „Gutti“ ist ein Mann mit Vernunft, dem Blick fürs Wesentliche und vor allem wird ihm, im Gegensatz zu vielen anderen Politikern, eine große Kompetenz und Authentizität nachgesagt. Kein Politiker der aktuellen Regierung hat so viel Sympathie wie der Strahlemann aus Franken.
Dabei ist es dem Freiherr egal, ob er einen Luftschlag der Bundeswehr, die maroden Finanzideen der großen Koalition, die Schließung vieler Bundeswehrstandorte oder das Aussetzen der Wehrpflicht als Thema hat, er ist der ultimative Müllverwerter und schafft es selbst aus den schrecklichsten Politkatastrophen als Gewinner und Sieger hervorzugehen.
Und während ihn die CSU als den „Franz-Joseph der Moderne“ handelt, stehen Seehofer, dem aktuell selbst das Vorlesen einer Zahl schwerfällt und seine alternden Kameraden ratlos neben dem Freiherr Charming auf dem CSU-Parteitag und wissen nicht wie ihnen geschieht.
Selbst Sätze wie „der Zusammenhang von regionaler Sicherheit und deutschen Wirtschaftsinteressen muss offen und ohne Verklemmung angesprochen werden“, konnten das Saubermann-Image nicht beschädigen. Ein Verteidigungsminister, der wie die USA zur militärischen Schlagkraft bei wirtschaftspolitischen Interessen aufruft, ist wie ein Metzger, der, um noch mehr Würste zu verkaufen, auch einen Nachbarn schlachten würde. Seltsamerweise tritt bei einer solchen Aussage „nur die Opposition“ in die Vollen. Der große Teil der Medien bleibt auch hier sehr verhalten.
Zu dem persilweißen Verteidigungsminister gibt es dann noch seine Frau zu erwähnen, die sich „medienwirksam“ gegen Kinderpornografie einsetzt, mit dem Finger mittels fragwürdigster Methoden und unterstützt von RTL II Menschen öffentlich anprangert. Nicht, dass Pädophile nicht kritisch betrachtet werden sollten, aber auch ihnen stehen Bürgerrechte zu und die zum Teil sehr seltsamen „Methoden zur Täterfindung“ gleichen fast einer Hexenjagd.
Sie selbst ist mit ihrer gemeinnützigen Stiftung „Innocence in Danger“ (Julia Schramm berichtete) zu deutsch „Unschuld in Gefahr“ allerdings nicht so freigiebig, was deren Offenlegung und Finanzierung betrifft, wohl auch weil ein paar „Unstimmigkeiten“ an der einen oder anderen Stelle den aufmerksamen Leser zum Stirn runzeln bewegen. Jörg Tauss hat zu diesem Thema in seinem Blog eine großartige Sammlung verschiedenster Fakten und Informationen zusammengetragen (http://www.tauss-gezwitscher.de/?p=1631, http://www.tauss-gezwitscher.de/?p=1584, http://www.tauss-gezwitscher.de/?p=1506 ).
Blickt man also ein bisschen hinter die Kulissen, erscheint die ganze Glanzfassade der Guttenbergs doch ein bisschen trüber als medial im Moment dargestellt. Doch warum wird hier ein Politiker mit seiner Frau so wirksam in Szene gesetzt? Bereiten die Medien das Erbe der Angela Merkel vor? Die Antwort darauf ist schwer zu fassen.
Alle bisher gehandelten Neukanzler-Kandidaten aus der konservativen Ecke sind entweder aus dem Amt (Ole von Beust, Roland Koch) oder in ein anderes Amt weggelobt worden (Christian Wulff). Anscheinend hat sich die Medienlandschaft ihren Kanzlerkandidaten somit selbst gesucht. Der armselige Versuch der Springer’schen Propagandamaschine, die Kritiker verstummen zu lassen („Jeder, der die Guttenbergs nicht ganz besonders toll findet, soll „die Klappe halten“) ist an dieser Stelle eher zu belächeln, leider ist die medienwirksame Tragweite dann schon nicht mehr ganz so lustig.
Als Ausnahme ist hier der Spiegel zu nennen, der einen herrlichen Beitrag zur kritischen Betrachtung beisteuerte.
Ich möchte mich dem Schreiber des SPIEGEL-Artikels an dieser Stelle anschließen und den fränkischen Heiligen-Hype und den damit verbundenen Medien-Jihad nicht unterstützen. Sollen Kerner, die BILD und der lehnstreue, konservative Teil der Medien ihr Bestes versuchen um die angedachte Propaganda auf den Weg zu bringen. Mit der Wahrheit beleuchtet, lässt sich auch die größte Schweinerei nicht sauberwaschen.
Beides sind Menschen der Öffentlichkeit, mit Schwächen und Stärken, nicht mehr und nicht weniger. Eine Verehrung wie im Moment landauf, landab praktiziert ist unangebracht, scheinheilig und verfälschend. Es wird beiden Guttenbergs nicht gerecht und täuscht die Tatsache vor, es handele sich um zwei besonders wertvolle Menschen unserer Gesellschaft. Beide haben nicht mehr für diese Gesellschaft getan, als ein schwerarbeitender Angestellter, ein Bauarbeiter oder eine Reinigungskraft.