Vor ein paar Tagen erreichte eine Mail die Mitglieder der Piratenpartei, die für einige Kritik gesorgt hat. Darin bittet ein Student – der mehr oder weniger zufällig auch Pirat ist – zur Teilnahme an einer Studie ihm Rahmen seiner Magisterarbeit. Jetzt kommt es zu Vorwürfen an den Bundesvorstand, in denen von Spam und Verletzungen des Datenschutzes die Rede ist. Was ist geschehen?
Die Vorgeschichte
An den Bundesvorstand wurde ein Antrag gestellt, wie es schon so häufig geschehen ist. Darin bittet der Durchführende der Studie um Unterstützung. Er hat darin die Seriösität seiner Studie untermauert, indem er klar und transparent gemacht hat an welchem Institut und in welchem Rahmen die Studie durchgeführt wird. Weiterhin hat er erläutert, warum die Piratenpartei ein Interesse an der Studie hat und warum er dazu alle Mitglieder direkt anschreiben muss.
Als Wissenschaftler kann ich hier auch mit meiner persönlichen Erfahrung sagen, dass der Antragsteller vollkommen recht damit hat, dass eine Verbreitung der Information über den klassischen Kanal-Misch-Masch (MLs, Twitter,…) einen wissenschaftlich nicht tragbaren Bias in die Arbeit gebracht hätte. Wir standen nun also als einzige in der Macht dieser Arbeit zum Erfolg zu verhelfen oder sie zum Scheitern zu verurteilen. Wir stimmten schließlich zu.
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Sitzungen des Bundesvorstands öffentlich sind und jeder die Macht dazu hat, nach einem solchen Beschluss Kritik anzumelden, Kommunikation aufzunehmen oder im Rahmen der GO Anträge zu stellen um „die Reißleine zu ziehen“.
Inhaltlich war das Vorgehen so geregelt, dass der Antragsteller dem Bundesvorstand bzw. dessen Mitarbeitern einen Text sendet, den dieser an die in der Mitgliederverwaltung hinterlegten E-Mail-Adressen versendet. Weder der Antragsteller noch andere Dritte erhielten dabei Zugriff auf die Daten. Auf diese Weise ist die Mail schließlich bei den Mitgliedern gelandet.
Eine gerechtfertigte Kritik, die uns ereilte, war, dass die Art des Anschreibens unglücklich war. Wenn der Versender der Mail der Bundesvorstand war, hätte man sie vielleicht auch im Namen des Bundesvorstands versenden sollen, um Missverständnissen vorzubeugen, etwa dass die Daten weitergegeben wurden. Wir nehmen diese Kritik an und werden es beim nächsten Mal besser machen.
Der Aspekt des Datenschutzes
Rein rechtlich ist die Angelegenheit datenschutztechnisch in Ordnung. Der Bundesvorstand als Organ der Partei ist berechtigt die Daten seiner Mitglieder zu nutzen um Kontakt aufzunehmen. Das machen wir zum Beispiel auch um zu Parteitagen einzuladen.
Nun ist es so, dass wir ja bereits auf dem Mitgliedsantrag versichern, die Daten ausschließlich für interne Zwecke zu verwenden. Faktisch sehen wir uns in diesem Fall jetzt in der Frage, was interne Zwecke sind. Die Piratenpartei will eine wissenschaftliche Arbeit unterstützen, dazu muss sie (intern) alle Mitglieder informieren. Nach unserer bisherigen Auffassung handelt es sich dabei um einen internen Zweck.
Ähnlich wurde etwa auch 2009 bei der Demo „Löschen statt Sperren“ verfahren. Hier war die Piratenpartei zwar Initiator, aber nicht alleiniger Träger der Demonstration. Auch damals erachtete der Bundesvorstand es als so wichtig, dass trotz des kurzfristigen Termins viele Teilnehmer auf den Demos gegen die Netzsperren auftauchen, dass er alle Mitglieder direkt über die in den Mitgliederdaten hinterlegen E-Mail-Adressen anschrieb.
Dennoch müssen wir zugestehen, dass der Begriff „interne Zwecke“ natürlich Interpretationsspielraum zulässt. Wir begrüßen deswegen natürlich jede Debatte, die versucht hier Klarheit herzustellen.
Der politische Aspekt
Neben dem Datenschutz-Aspekt, muss man sich natürlich auch die Frage stellen, ob es politisch zielführend ist, eine solche Aktion zu unternehmen. Einge argumentieren, dass man sich damit auf eine Ebene mit denen begibt, die man bekämpfen will. Auch dieser Aussage können wir nicht zustimmen.
Der Bundesvorstand hat sich stets für den sparsamen Nutzen der Mitgliederdaten eingesetzt. Ich selbst habe bei einigen (insbesondere kleineren) Gliederungen interveniert, als sich einzelne Mitglieder durch Mailversand belästigt fühlten. Dementsprechend nutzt der Bundesvorstand selbst die Mitgliederdaten auch nur dort, wo es nicht anders geht. Dies ist üblicherweise der Fall, wenn es unvermeidbar ist, dass auch die Mitglieder Berücksichtigung finden, die sich nicht auf den einschlägigen Parteimedien tummeln. Dies passiert nicht häufig (Regelfall sind Parteitagseinladungen ein bis zwei Mal pro Jahr), aber es passiert. Auch dieses Mal lag wie gesagt ein solcher Fall vor.
Jetzt kann man sich natürlich die Frage stellen, ob der politische Nutzen hier den politischen Aufwand rechtfertigt, kurz gesagt: Ist das Ziel, das unterstützt werden soll, so sinnvoll, dass es sich dafür lohnt alle Mitglieder anzuschreiben. Wir glauben es ist so.
Die Piratenpartei hat sich Bildung ganz oben auf die Fahnen geschrieben, so weit oben, dass bereits die Gründunsgversammlung das Thema Bildung als „Kernthema“ deklariert hat, auch wenn der Text dazu noch nicht stand. Weiterhin geben wir uns auch sonst als fortschrittliche und wissenschaftsfreundliche Partei. Nicht zuletzt wir haben uns gegen den Plagiator Guttenberg gestellt und uns davor verwahrt mit ihm auf eine Stufe gestellt zu werden.
Hier hatten wir die Gelegenheit nicht nur Lippenbekenntnisse zu formulieren, sondern dieses Ziel aktiv zu unterstützen. Parteien sind Gegenstand wissenschaftlicher Forschung und hier war es von Bedeutung eine entsprechende Erhebung durchzuführen, da dies einfach noch nicht geschehen ist. In nachfolgenden Arbeiten kann man auf die jetzt erhobenen Daten verweisen, aber dies ist hier entsprechend nicht möglich.
Mich persönlich betrübt dabei besonders, dass einige wissenschaftliche Studien mit kommerzieller Marktforschung gleichsetzen. Gerade wegen des genannten Hintergrundes unserer Partei bitte ich darum hier klar zu differenzieren.
Fazit
Auch wenn es so aussehen mag, der Bundesvorstand macht sich die Zustimmung zu solchen Unternehmungen nicht leicht. Allein die Tatsache, dass jetzt wegen dieser einen Mail so viel diskutiert wird, macht das deutlich. Die Manöverkritik nehmen wir natürlich gerne an.
Für alle die immer noch nicht zufrieden sind, kann ich im Rahmen dieses Artikels eine erfreulicher Nachricht bringen: Nachdem wir vor geraumer Zeit leider unseren Datenschutzbeauftragten verloren haben, ist es uns endlich gelungen einen adäquaten Ersatz zu finden. Dieser arbeitet sich gerade ein und kann somit spätestens vom nächsten Bundesvorstand dann offiziell berufen werden. Sollte es noch Handlungsbedarf geben, gibt es also bald einen geeigneten Ansprechpartner dafür.
Ansonsten hoffe ich etwas Licht in die Sache gebracht zu haben und bitte um euer Verständnis für unsere Entscheidung.
gez. Andreas Popp
Stellvertretender Vorsitzender