Wann immer sich die Panzerknacker aufmachen im Geldspeicher zu wildern, kommt Dagobert Duck ins Schwitzen. Mal versuchen es 176-167, 176-176 und 176-617 mit stumpfer Gewalt durch die Wand, mal mit List und Tücke, mal durch die Kanalisation oder verkleidet durch die Eingangstür. Das Spiel wiederholt sich in jeder Geschichte: der Geldspeicher, bestehend aus massivem Mauerwerk, kann die Geldmünzen nicht vor den Dieben schützen. Doch Onkel Dagobert findet immer einen Weg sein Hab und Gut zu behalten. Das Spiel beginnt im nächsten Heft vor vorn – die Panzerknacker versuchen es dann mit einer anderen Strategie.
Einen Geldspeicher gibt es nur in Entenhausen. In der realen Welt sind Daten Reichtümer, die in unzähligen Datenbanken gespeichert werden. Dabei suggeriert der Wortbestandteil Bank eine Sicherheit, die der eines Geldspeichers überlegen ist. Die Gruppe Anonymous zeigt der Welt gerade, dass dem nicht so ist. Die anonymen Panzerknacker spazieren scheinbar unbehelligt in die Datenbanken von Unternehmen, Regierungen und Behörden und kopieren Datensätze. Der Grossteil der Server ist derart schlecht gesichert, dass das Wort hacken viel zu hoch greift! Hier ein Standardpasswort probieren, dort in einer Eingabemaske Befehle von der Stange eingeben – nach 30 Minuten Recherche auf Google ist man drin! An den gut gesicherten Brocken versuchen sich dann Spezialisten. Jungendliche, kaum älter als 16 oder 18 Jahre, lehren den Verantwortlichen bei Parteien (FPÖ, Die Grünen, SPÖ), Organisationen (NATO, GIS, GVU), Unternehmen (Apple, SONY) sowie Privatpersonen und Staaten das Fürchten. Mehr als ein „Haltet die Daten“ ist selten zu vernehmen. Einzelne Betroffene äußern sich nicht, andere werden von Anonymous zum Kotau gezwungen: In Östereich musste die GIS, das Equivalent zur deutschen GEZ, öffentlich eingestehen, dass rund 214.000 Datensätze gestohlen wurden, davon rund 96.000 mit Kontodaten.
Spätestens beim Wort Kontodaten endet die Schadenfreude abrupt. Denn es sind unsere Kontodaten, unsere Adressen und Abrechnungen und bald vielleicht unsere Krankenakten, die mehr oder minder leicht zugänglich auf dem Präsentierteller liegen. Da bisher keine Datensätze gelöscht oder verändert wurden, erleiden die unvorsichtigen Unternehmen nur eine Rufschädigung. Das rückt eine Imagekampagne anschließend wieder ins richtige Licht. Eine Investition in die Sicherheit der Server wäre deutlich günstiger und hätte zudem den Einbruch verhindert oder die zu nehmende Hürde zumindest deutlich erhöht. Doch reflexartig werden härte Strafen und mehr Überwachung im Internet gefordert, an das Verantwortungsbewusstsein von Anonymous appelliert und an die betroffenen Kunden und Bürger Beruhigungspillen ausgegeben.
Die Forderung der Stunde muss Datensparsamkeit und Sicherheit für unsere Daten lauten. Dagobert Duck weiss, dass sein Geldspeicher Diebe anzieht. In Entenhausen geht es immer gut aus, denn es gibt nur einen Geldspeicher zu verteidigen. Zumal der Neffe Donald sowie Tick, Trick und Track tatkräftig bei der Verteidigung helfen. Anders als im Comic ziehen die anonymen Panzerknacker unbehelligt und oft auch unbemerkt mit der Beute davon. Ein verpflichtender Sicherheitsaudit für Server mit personenbezogenen Daten, vergleichbar mit dem TÜV für Kraftfahrzeuge, wäre ungleich sinnvoller als die abgedroschenen Wortmeldungen der Scharfmacher!
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.