“Entschuldigt bitte, ich wurde mit der Vorbereitung nicht fertig” sagte der Vortragende gleich zu Anfang und quälte sich die folgende Stunde mit fünf fast leeren Folien durch das Thema. Solche Situationen erlebe ich öfter: offenbar reicht die Zeit auch für engagierte Piraten nicht, um alle anstehenden Dinge zu erledigen. Dieser Artikel gibt Tipps, um die eigene Zeit mit den anstehenden ToDo’s in Einklang zu bringen.
ToDo-Listen
Ich kenne viele Piraten die ToDo-Listen führen. Das sind meist Einträge im Kalender, was an diesem Tag zu erledigen ist. Beispielsweise “Zimmer streichen”, “Oma zum Geburtstag gratulieren”, “Altglas weg bringen” und “Wagen waschen”. Aber muss der Wagen unbedingt heute gewaschen werden? Was, wenn die Zeit heute nicht reicht? Dann muss dieser Eintrag in den nächsten Tag verschoben werden. Irgendwie ist dieses “heute habe ich es nicht geschafft”-Eingeständnis aber deprimierend! Besser als tägliche Listen ist deshalb eine ewige Liste, die alles enthält, was so ansteht. In solch einer Liste sind die oben genannten Punkte mit Ausnahme des Geburtstages besser aufgehoben. Ein Anruf zum Geburtstag kann nicht warten, dieser muss wirklich an dem Tag erledigt werden, an dem er ansteht. Das Altglas könnte warten, muss auf der anderen Seite aber bis zu einer bestimmten Uhrzeit eingeworfen werden, falls man nicht zum nächtlichen Ruhestörer werden möchte. Der Punkte “Zimmer streichen” steht etwas verloren in der Liste. Denn erstens braucht man zum Streichen Tageslicht, und einige Vorbereitungen sind ja auch noch zu treffen: Die Möbel müssen raus, ist die Farbe und die Rollen bzw. die Pinsel schon gekauft? Falls nicht lässt sich das doch wundervoll mit dem zu waschenden Wagen verbinden! Ob es dann aber noch reicht das Altglas rechtzeitig wegzubringen? Die Beispiele sollen zeigen: Eine ToDo-Liste muss mehr sein als eine tägliche Auflistung von Stichworten! Auch Zwischenschritte und Voraussetzungen wollen überlegt und aufgeschrieben werden. So fallen Dinge, die sich verknüpfen oder gemeinsam erledigen lassen, viel schneller ins Auge! Nützlich ist zumindest eine grobe Vorstellung wichtig wie lange etwas dauert. Es ist beispielsweise absolut sinnfrei um 18 Uhr die Farbe anzurühren, wenn um 19 Uhr die Sonne untergeht! Dann lieber die Zeit nutzen und Altglas weg bringen.
Im Team
Bei der Arbeit in einer grösseren Gruppe geht ein Teil der Zeit für die Koordinierungen verloren. Die Theorien zur Teamarbeit und auch zu gruppendynamischen Prozessen füllen Bücherregale. Einige Tipps sollten helfen den Zeitverlust möglichst klein zu halten
- Milestones setzen
- klare Zuständigkeiten, kleine Arbeitspakete definieren
- Termine festlegen
- Verzug rechtzeitig kommunizieren
Konzentriertes Arbeiten
Lieben Sie diese kleinen Unterbrechungen? Bevor man sich für längere Zeit auf nur ein Thema konzentriert nochmal links und rechts schauen. Später zwischen zwei getippten Sätzen mal schnell nach Mails checken, mitten im Satz kurz schauen, was da eben in Twitter kam. Dort vielleicht schnell antworten, dann zum ursprünglichen Gedanken zurück, aber doch noch das Video auf Youtube schauen, das gerade alle posten. Und dann aber wirklich zurück zum eigentlichen Gedanken – worum ging es nochmal? Für wie effizient halten Sie ein solches Vorgehen? Glauben Sie tatsächlich sie sind multitaskingfähig? Ganz ehrlich: der Mensch ist, wenn überhaupt, dann nur sehr eingeschränkt in der Lage, mehrere Tätigkeiten gleichzeitig bei voller Konzentration auszuüben. In Wirklichkeit beenden wir meist die eine Tätigkeit geistig komplett, bevor wir uns auf eine neue Aufgabe konzentrieren können. In dem Augenblick in dem das Mailprogramm in den Vordergrund geholt wird, ist der gerade präsente Gedanke fort! Und später nur schwer wieder herzustellen. Dieses hin und her zwischen den Aufgaben frisst viel Zeit (und macht das Ergebnis schlechter), weil für das Umschalten relativ viel Zeit verloren geht. Wenn sie mehrere Dinge im Auge behalten wollen (beispielsweise wie oben beschrieben einen Text formulieren, Mails und Twitter im Auge behalten) empfiehlt es sich für längere Zeit bei einer Sache zu bleiben. Schreiben Sie am Text ohne sich stören zu lassen. Notfalls das Mailprogramm und andere Störenfriede beenden. Browserfenster zu, Tür hinter sich schliessen. Und nach einer vorher vorgenommenen “Arbeitszeit” in einer Pause den Spass gönnen in die Mails zu schauen und dem nun Aufmerksamkeit zu schenken, was vorher ausgeblendet worden ist.
Das persönliche Umfeld kann ebenfalls Störungen bereit halten die davon abhalten ein Vorhaben umzusetzen. Spontan fällt mir der Pirat ein, der sich gerade an den Schreibtisch gesetzt hatte um einen wichtigen Antrag zu schreiben als seine Frau “fahren wir kurz zu IKEA?” säuselte. Solche Konfliktsituationen lassen sich bestimmt nicht immer vermeiden. Aber gerade bei wichtigen Aufgaben die am besten ohne Unterbrechungen erledigt werden ist es durchaus legitim, die Zeit dafür im Vorfeld (!) zu blocken. Und einen alternativen Termin für die Shoppingtour zu vereinbaren.
Priorisierung
Plant man die Doings für die nächsten Tage, kommt es nicht nur auf eine sinnige Reihenfolge an. Auch der Priorisierung kommt eine große Bedeutung bei. Mit dieser Überlegung kommt man zum Eisenhower-Diagramm, das in vier Quadranten kennzeichnet wie wichtig (bzw. unwichtig) und dringend (bzw. weniger dringend) eine Aufgabe ist. Das Eisenhower-Diagramm kann eine wichtige Hilfestellung bei der Überlegung “womit fange ich an” sein. Exemplarisch sei ein Diagramm gezeigt, das mit zur Vorbereitung auf den BPT 2011.2 dient. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Buchung des Hotels und des Mietwagens an erster Stelle liegen, also oben rechts. Während die Lektüre der Anträge noch Zeit hat, und deswegen im Diagramm weiter links steht.
Im Netz finden sich unterschiedliche Beschriftungen der vier Quadranten. Gelegentlich ist das Feld “dringend aber unwichtig” mit “delegieren” beschriftet. Das war für einen Weltkrieg-II-General mit großem Stab sicher eine Möglichkeit sich unwichtiges Zeug vom Hals zu halten. Wir kleinen Piraten werden wohl alles selbst erledigen müssen. Vor allem im amerikanischen Raum sind die wichtigen Dinge links, die unwichtigen rechts angeordnet – reine Geschmackssache! Wer sein Eisenhower-Diagramm verfeinern möchte kann darüber nachdenken die Zeit, die eine Aufgabe benötigt mit einem mehr oder weniger grossen Kreis zu markieren. Am Beispiel “Offenbach” festgemacht wären die Punkte “Wagen buchen” und “Hotel buchen” kleine Kreise, denn das ist schnell erledigt. Während der Punkt “Anträge lesen” einen grossen Kreis bekommt, denn das wird einige Tage dauern.
Tipp eines Hedonisten
Viele aktive Piraten nehmen sich mehr vor, als in 24 Stunden erledigt werden kann. Viele dieser Piraten haben ihren Tag derart eng getaktet, dass vieles andere auf der Strecke bleibt. Das geht nicht lange gut, irgendwann muss das krachen! Deswegen sind auch Erholungszeiten wichtig. Mal ausspannen, etwas anderes tun. Ausgehen, an andere Dinge denken, vielleicht auch ein Urlaub ganz ohne Internet! Das gibt neue Energie – für die nächste Aufgabe!
Zum Schluss noch ein Buchtipp: von David Allen erschien der Ratgeber “Wie ich die Dinge geregelt kriege: Selbstmanagement für den Alltag” (ISBN-13: 9783492240604 bzw. ISBN-10: 3492240607). Er beschreibt seine Vorgehensweisen um möglichst Effektiv durchs Leben zu gehen. Wer für sich nur einen Teil dieser Techniken übernimmt, wird durch einen Zugewinn an Struktur deutlich mehr erledigen können als jemand der ungeplant “mal macht”.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.