In den letzten Wochen sorgte der sogenannte “Schultrojaner” bei den Piraten sowie bei anderen Parteien für viel Wirbel.
Die Hintergründe
Zum 1. Januar 2008 wurde das Urheberrecht geändert. Danach dürfen Kopien aus Schulbüchern und sonstigen Unterrichtsmaterialien nur noch mit Zustimmung der Rechteinhaber angefertigt werden. Rechteinhaber sind die Bildungs- und Schulbuchverlage sowie deren Autoren.
Die genannte Regelung wurde im Rahmen des “Gesamtvertrags zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG” zwischen Bundesländern, VG Wort, VG Musikedition und der Zentralstelle Fotokopieren an Schulen (ZFS) geschlossen. Die Grundlage hierfür ist eine Vereinbarung zwischen den Ländern und den Rechteinhabern (Schulbuchverlage und Verwertungsgesellschaften). Danach ist es den Lehrkräften weiterhin gestattet Kopien für den Unterrichtsgebrauch zu fertigen, jedoch nur in einem minimalen Umfang.
1% der Schulrechner soll bereits ab Frühjahr 2012 mit Hilfe des “Schultrojaners” überwacht werden.
Im Vertrag heißt es wörtlich:
Die Problematik
Lehrkräfte werden unter Generalverdacht gestellt, die schon jetzt sehr beschränkten Ressourcen für Lehrmittel werden weiter eingeschränkt. Ein praktikabler, zeitgemäßer Umgang mit Lehrmitteln kann ebenfalls nicht statt finden. So ist es beispielsweise nicht möglich einzelne Seiten eines Unterrichtswerkes einzuscannen und digital für die Klasse zu vervielfältigen oder zur Anschauung mit einem Beamer an eine Wand zu projizieren.
Zudem sichern viele Lehrer die Prüfungsnoten oder individuelle Arbeiten ihrer Schüler auf Festplatten. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist es fraglich, ob eine derartige Plagiatssoftware überhaupt rechtssicher erstellt und eingesetzt werden kann. Mal ganz davon abgesehen, dass der Name “Plagiatssoftware” in diesem Fall vollkommen irreführend ist. Wie seit in der letzten Zeit berichteten Fällen öffentlich bekannt ist, ist ein Plagiat das Aneignen fremder geistiger Leistungen und hat insofern nichts mit einem Kopieren von Lehrmaterial zu tun. Ein Plagiat ist ein akademisches Vergehen ohne gesetzliche Strafverfolgung, ein Urheberrechtsverstoß hingegen ist ein Verstoß gegen ein Gesetz, der zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden kann.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger kritisiert die Vereinbarung zwischen der Kultusministerkonferenz und den Schulbuchverlagen aus Datenschutzgründen als „unmöglich“. Es handele sich für sie um den „Ärger der Woche“. Durch das Vorgehen werde zudem das „absolute Misstrauen“ gegenüber den Lehrern deutlich. Die Bundesjustizministerin fügte hinzu: „Und das muss natürlich wieder zurückgedreht werden, dies ist klar“.
Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar gibt zu bedenken, dass auf Computern oft Daten über Schüler gespeichert sind. “Das Programmieren eines solchen Systems, zumal durch Privatfirmen, ist nicht unproblematisch, wie die Staatstrojaner gerade gezeigt haben”.
Es ist fragwürdig, ob ein Einsatz rechtlich überhaupt durchführbar ist. Dass ein derartiger Vertrag von unseren Kultusministerien verhandelt und unterzeichnet wird, ist der eigentliche Skandal. Dass die Schulen in Zeiten von weit verbreiteter unterstützender Technologie weiterhin mit rein analogen Unterrichtswerken arbeiten sollen, während die Verlage ihre überalteten Gechäftsmodelle weiter verfolgen dürfen, kann nicht im Interesse unserer Gesellschaft sein.