Online-Parteitage geben einer Partei die Möglichkeit, deutlich mehr Mitglieder in die Entscheidungsfindung zu integrieren als Präsenzsitzungen, bei denen die Anwesenheit aller Mitglieder schon durch das Raumproblem beinahe unmöglich ist. Da die Piratenpartei nicht wie andere Parteien auf die Entsendung von Delegierten setzt, sondern jedem Mitglied eine Stimme gewährleistet, sind virtuelle Parteitage vor allem für die Piratenpartei ein wichtiges Thema.
Die Idee vom Virtuellen Parteitag ist allerdings nicht neu. Schon 2000 wurde ein Parteitag von den Grünen online durchgeführt. Bisher fehlte der Idee aber die rechtliche Grundlage. Es war nicht bestätigt, ob eine Entscheidungsfindung per Internet dem Gedanken und der Funktion eines Parteitages und natürlich dem Parteiengesetz entspräche.
Diese Bedenken sind dank einer Studie von Patrizia Robbe und Alexandra Tsesis für den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages nun Geschichte. Die Studie in Auftrag gegeben hat der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck. Laut der Studie ist es zulässig, einen Parteitag gänzlich online zu veranstalten. „Grundsätzlich dürfte die virtuelle Mitgliederversammlung als gleichwertig gegenüber der realen anzusehen sein.“ – so Patrizia Robbe in der Studie.
Alle Grundsätze eines Parteitages können also auch online gewährleistet sein. Zu den wichtigsten zählt hier sicherlich die Meinungsbildung der Mitglieder, die laut Parteiengesetz nicht ausschließlich schriftlich geschehen darf, sondern Rede und Gegenrede ermöglichen muss. Dies ist durch die heutige Technik ohne Frage möglich.
SlickRights, der Bundeskoordinator der „AG dezentraler Parteitag“ zeigte sich sehr erfreut über diese Entwicklung. „Heute habe ich die wundervolle Nachricht erhalten, dass der Bundestag die grundsätzliche Zustimmung für die Durchführung von Online-Parteitagen beschlossen hat. […] Schon im Gründungsjahr der Piratenpartei wurde der dezentrale Parteitag als Möglichkeit angesehen, unserem basisdemokratischen Anspruch auch in der Praxis ein Modell der Einbindung aller Mitglieder zur Seite zu stellen“, sagte SlickRights in seiner Meldung an alle Parteimitglieder und rief dazu auf, sich nun daran zu beteiligen, den Entschluss in die Tat umzusetzen und sich um den technischen und strukturellen Unterbau zu kümmern.
Inwieweit die Piratenpartei und andere Parteien diese Möglichkeit, weitaus mehr Mitglieder in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen, nutzen und entwickeln werden, wird sich allerdings noch zeigen müssen. Die Möglichkeiten sind jedenfalls enorm.
RICHTIGSTELLUNG: Einen Beschluss des Bundestages, dass Online-Parteitage zulässig sind, gibt es nicht. Ich bitte diesen Fehler in meiner Darstellung zu entschuldigen! Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes beurteilt lediglich die rechtlichen Rahmenbedingungen, die durch das Parteiengesetz vorgegeben werden und bei dem Einsatz technischer Hilfsmittel der heutigen Zeit. Hierzu können bei den Piraten LiquidFeedback und andere Tools eingesetzt und dezentrale Parteitage grundsätzlich abgehalten werden. Eine Bevorzugung von LiquidFeedback ist meinerseits nicht beabsichtigt gewesen, sondern wurde nur als Beispiel erwähnt. Da die grundsätzlichen rechtlichen Voraussetzungen allerdings gegeben sind, kann man sich jetzt gesteigerte Gedanken über Umsetzungsmöglichkeiten durch Zuhilfenahme von entsprechender Technik und Verfahren machen. SlickRights