Am 15. Juni habe ich, wie viele andere auch, eine Mail auf der NRW-Info-Liste gesehen. Dort hat Alexander Esser zu einer Führung durch den Landtag NRW eingeladen und 50 Plätze in Aussicht gestellt. Zu Beginn der Aktion hat er sich noch vorgestellt, die Lose live im Stream zu ziehen. Von diesem Plan ist er allerdings, nach bereits über 200 Anmeldungen nach einem Tag, abgewichen. Letztendlich wurden die 50 Plätze unter 486 Interessierten gezogen und meine Losnummer 47 war auch dabei. Sehr schade finde ich, dass die eigene Zählung am Schluss nur 31 ergab, da viele noch in der Nacht abgesagt hatten, oder gar nicht erst gekommen waren. Derart kurzfristig konnte leider niemand mehr nachrutschen.
Donnerstag, der 05. Juli war der Tag und die Piraten trafen sich zu einer sehr unpiratigen Zeit vor dem Landtag. Alexander hatte sich für kurz nach 8.00 Uhr dort angekündigt und bereits um 9:30 Uhr sollte der offizielle Teil beginnen. Mit beginnen ist in diesem Fall die Sicherheitsüberprüfung gemeint, denn ohne die kommt niemand in den Landtag. Wer in seinem Leben schon mal geflogen ist, kennt diese Prozedur, wobei sie im Landtag deutlich schneller vonstatten geht. Dort wird anhand des Ausschlages des Metalldetektors entschieden, dass es die Schuhe waren und damit ist man kontrolliert. Danach fanden wir uns mit zwei Schülergruppen zur Einführung in den Landtag wieder. Und nach diesem etwa einstündigen Vortrag gab es erstmal ein ausgiebiges Frühstück.
Frisch gestärkt kamen die #50piraten, den Namen haben uns die #20piraten gegeben, in den Plenarsaal. Auf der Tagesordnung stand die 1. Lesung des Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes in NRW. Bei unserem Eintreten wurden wir auch schnell bemerkt und die Piratenfraktion winkte uns zu. Von den Zuschauerrängen hatten wir einen guten Blick in den Saal und konnten die Reden sehr gut verfolgen. Zu erwähnen ist an dieser Stelle, dass fotografieren für Privatpersonen strikt untersagt ist. Auch Parteiabzeichen auf der Kleidung sind nicht gestattet, weswegen einige Piraten ihre T-Shirts und Hemden auf links trugen. Die Lesung war recht eintönig, da das meiste bereits auf den Fluren besprochen wurde. Allerdings wurde es gegen Ende doch noch recht amüsant, als einige Punkte etwas lauter vorgetragen wurden. Die Art und Weise des durchaus vorhandenen Humors wird in den TV-Übertragungen leider nicht so recht wieder gegeben. Das muss man schon live erlebt haben.
Gegen 11:00 Uhr betraten wir den Fraktionssaal der Piraten und wurden dort von Monika Pieper und Alexander empfangen. Als Erstes beschlossen alle Anwesenden einer Idee der Piratenfraktion zu folgen. So wurden wir durch die Büros geführt und lernten dort beispielsweise, dass die Hauspost auch mal zum Versand für Süßigkeiten an andere Fraktionen genutzt wird. Dann hatten wir einen Fototermin, zu dem sich alle Besucher an die Fenster stellten und von außen fotografiert wurden. Diese Idee stammte aus der Piratenfraktion und wurde von den Anwesenden für gut befunden. Sicher ist bereits jetzt, dass es so etwas im Landtag noch nicht gegeben hat.
Nach dieser Führung kamen wir zurück in den Fraktionssaal und konnten einige Fragen stellen. Ein Thema möchte ich hier besonders hervorheben, da die Presse es leider komplett übergangen hat. Am Mittwoch, den 04. Juli wurde, wie wir alle wissen, ACTA eine Absage erteilt. Still und heimlich passierte allerdings noch etwas anderes. In der Tagesordnung war unter Punkt 6 vorgesehen, die weitreichenden Berechtigungen und Befugnisse des Verfassungsschutzes zu verlängern. Der Gesetzestext und die Beschlussempfehlung waren bereits ausgehandelt und es sah alles danach aus, dass das Gesetz entsprechend verlängert wird. Eine kurze Zählung der Piratenfraktion ergab, dass die Opposition während der zweiten Lesung in der Mehrheit war. Kurz entschlossen hoben sie, entgegen der Beschlussempfehlung, die Hand zur Ablehnung dieser Verlängerung. Andere anwesende nahmen dies zur Kenntnis und schlossen sich ebenso spontan dieser Abstimmung an. Das Ende vom Lied ist, dass das Gesetz abgelehnt wurde und daher in Nordrhein Westfalen die weitreichenden Befugnisse des Verfassungsschutzes im September 2012 auslaufen. An dieser Stelle hoffe ich natürlich sehr, dass den abwesenden Abgeordneten ihr Mittagessen geschmeckt hat, die spontane Ablehnung jedenfalls hat es nicht.
Ebenso interessant ist es, dass Monika im Namen der Fraktion zwei Dinge zugesagt hat. Zum Einen wollen sie die interessierten Basispiraten in Mumble über die Möglichkeiten und den Ablauf der “Kleinen Anfrage” aufklären. Des Weiteren wollen sie von der Basis ausgearbeitete Anfrage so schnell es geht übernehmen und weiterleiten. Das Übernehmen ist notwendig, da nur Abgeordnete eine solche kleine Anfrage stellen können. Auch bittet die Fraktion die Basis um Unterstützung. Jeder Pirat mit Zeit darf sich gerne den öffentlichen Koalitionsvertrag von SPD und Grünen näher anschauen und nach piratigen Themen durchforsten. Die Piratenfraktion würde gerne positive Presse machen und einen Gesetzesvorschlag als erste einbringen, welcher nach dem Koalitionsvertrag von SDP und Grünen unterstützt werden müsste.
An dieser Stelle war der offizielle Teil vorbei und einige der Besucher verließen den Landtag. Ein zweiter Teil jedoch entschloss sich spontan, einen Tagesausweis zu beantragen und noch etwa zu bleiben. So hörten wir noch das Ende der ersten Lesung zum Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land NRW, welches von den PIRATEN eingebracht worden war. Sie wollen damit die Rechtsgrundlage schaffen, dass bei “Ausübung der verfassungsändernden Gewalt” die Bürger durch einen Volksentscheid unmittelbar beteiligt werden. Das Gesetz wurde in die Ausschüsse überwiesen und wird nach der Sommerpause in der zweiten Lesung erneut verhandelt.
In der Kantine habe ich dann noch Lukas Lamla getroffen. Er hat mit mir über einen der Pläne gesprochen, wie die Basis stärker eingebunden werden soll. Da dieser Plan aber in einem frühen Stadium ist und sicherlich eine Überraschung werden wird, möchte ich ihm an dieser Stelle nicht vorgreifen. Ich möchte mich ihm an dieser Stelle anschließen und empfehle jedem einen Besuch im Landtag. Es ist sehr interessant und wird vom Landtag NRW kostenlos angeboten. Weitere Informationen dazu finden sich auf den Webseiten des Landtages NRW.