Ende Juli fand der Kreisparteitag der Piraten in München statt. Neben der anstehenden Vorstandswahl wurde auch über einige Anträge abgestimmt. Im S004 hieß es:
Die PIRATEN in München unterstützen die Initiative Stolpersteine für München e.V.! Ziel der PIRATEN in München ist es, dass zukünftig auch auf öffentlichem Boden die Stolpersteine verlegt werden dürfen.
Vorgestellt wurde der Antrag von einem Piraten, anwesend war auch Susanna Partsch, Mitglied des Vorstandes der Initiative Stopersteine für München e.V. Sie antwortete auf Fragen. Am Rand des Parteitags ergab sich die Gelegenheit für ein Interview.
Flaschenpost: Frau Partsch, sie wollen auch in München mit Stolpersteinen an
die Deportierten der NS-Diktatur erinnern. Was bedeutet der Beschluss des
Kreisparteitags für ihr Vorhaben?
Susanna Partsch: Es geht vor allem um die politische Hilfe. Wir erhoffen uns mit der Unterstützung durch die Piratenpartei eine noch größere Unterstützung in der Bevölkerung, die sich dann auch, vor allem nach der nächsten Kommunalwahl, im Stadtrat niederschlägt.
Flaschenpost: Wie viele Menschen wurden aus München verschleppt?
Susanna Partsch: Viele tausend Menschen wurden aus München deportiert. Neben der größten Opfergruppe, den Juden, waren das ja auch politisch Verfolgte, Gläubige, Homosexuelle, Euthanasieopfer… Wie viele Steine das wären, wenn alle Opfer einen bekämen, kann ich jetzt nicht sagen. Aber es geht ja auch erst einmal darum, dass in München überhaupt Steine verlegt werden können, z.B. die 200, die bereits gestiftet wurde.
Flaschenpost: Mit den Stolpersteinen soll die Erinnerung also aus den Gedenkstätten befreit werden?
Susanna Partsch: Befreit ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Die Stolpersteine sollen ja keinen Ersatz für Mahnmale und größere Gedenktafeln oder Gedenkstätten sein, sondern ein individuelles Gedenken an einzelne Opfer möglich machen.
Flaschenpost: Warum ist der Widerstand Münchens gegen die Stolpersteine so gross?
Susanna Partsch: Warum Oberbürgermeister Christian Ude und die damalige Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, gegen die Stolpersteine sind, kann ich Ihnen auch nicht sagen. Ihre Argumente sind einmal das inflationäre Gedenken (Ude) und dann, dass mit Stiefeln auf den Opfern herumgetrampelt würde (Knobloch). Dagegen steht, dass in Städten wie Berlin und Hamburg, in denen bereits mehrere tausend Steine verlegt wurden, niemald das Gefühl hat, dass das Gedenken inflationär geworden ist. Und zur zweiten Gefahr: natürlich wird es immer Menschen geben, die den Opfern keinen Respekt zollen. Die gibt es mit oder ohne Stolpersteine. Aber die allermeisten Menschen, die die kleinen Platten sehen, die in den Boden eingelassen sind, beugen sich nach vorne, um besser lesen zu können und verneigen sich dabei. Das ist doch eher ein positives Zeichen. Wir hoffen nach wie vor, dass der Stadtrat seine Entscheidung revidiert und einen positiven Stadtratsbeschluss herbeiführt. Einige der Stadträte haben ihren Widerstand längst aufgegeben. Wir können nur hoffen, dass es bald die Mehrheit sein wird.
Flaschenpost: Wie können unsere Leser Sie unterstützen?
Susanna Partsch: Sie können bei uns Mitglied werden oder die Patenschaft für einen Stein übernehmen oder Briefe an den Oberbürgermeister schreiben. Weitere Informationen, auch für ein sinnvolles Engagement, finden sie auf unserer Website.
Flaschenpost: Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen. Und vor allem: viel Erfolg bei ihrem Anlegen.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.