

Julia Schramm, Beisitzerin im Bundesvorstand der Piratenpartei, hat ein Buch veröffentlicht. Für sie als Publizistin sollte das eigentlich keine Überraschung sein. Sie hat das Buch bereits vor ihrer Wahl zum Vorstand im April 2012 angekündigt. Es wurde diese Woche veröffentlicht und prompt tauchten illegale Downloads auf, die von ihrem Verlag, einer Tochter von Random House, offline genommen wurden. Die Geschichte ging weiter, und plötzlich – so gewinnt man den Eindruck – war da ein Buch. Welch Überraschung!
Julia ist eine kontroverse Person in der Piratenpartei. Sie war Teil der Spackeria und sorgte für Unmut, als sie mit dem Zitat „Privatsphäre ist sowas von Eighties“ in die Medien kam. Später bezeichnete sie den Begriff „geistiges Eigentum“ als „ekelhaft“. Das fällt nun auf sie zurück, da ihr Verleger ihr eigenes geistiges Eigentum verteidigt.
Wie zu erwarten sorgte die Veröffentlichung für eine Diskussionen und Anschuldigungen. Gerüchten zufolge hat Julia für das Buch einen Vorschuss von 100.000 € erhalten. Sie selbst hat diese Gerüchte nicht bestätigt, aber nach ihren Aussagen in einem Interview mit der Welt darf man vermuten, dass die Summe recht nah an der Realität ist. Dort plauderte sie auch über andere Details des Vertrages mit ihrem Verleger. Sie darf nicht über ihre Vergütung sprechen und erhält in zehn Jahren die Rechte an ihrem Werk zurück und möchte es dann kostenlos zur Verfügung stellen. In dem selben Vertrag steht auch, dass niemand, der das Buch illegal herunterlädt, abgemahnt wird. Stattdessen sollen diese Personen eine kostenfreie Verwarnung in Form einer „gelben Karte“ erhalten – kostenpflichtig würde es erst bei Wiederholungstätern.

Wie auch immer, es scheint als sei die Unterzeichnung nicht die beste Entscheidung für Julia gewesen. Der Knaus Verlag als Teil der Random House Gruppe verteidigt natürlich seine gekauften Rechte. Kurz nachdem das Buch erschienen ist, tauchte die erste illegale Download-Möglichkeit auf – eine Dropbox Datei, verlinkt von einer eigens dafür erstellten Website. Gerüchten zufolge wurde diese Website von der BILD-„Zeitung“ erstellt, um eine schöne Story zu bekommen, wenn das PDF wie erwartet vom Netz genommen würde. Diese Gerüchte konnten bislang weder bestätigt oder widerlegt werden. Die illegalen Downloads gab es jedoch nicht nur bei Dropbox: Auch im Wiki der Piratenpartei wurde ein PDF hochgeladen und inzwischen wieder entfernt.
Selbstverständlich ließ der Verlag alle diese Dateien per DMCA-Take Down Notice entfernen. Dies führte dazu, dass Medien international berichteten, ein prominenter Pirat handle in Widerspruch zu den Werten der Partei. Im Programm heißt es immerhin: „Daher fordern wir, das nichtkommerzielle Kopieren, Zugänglichmachen, Speichern und Nutzen von Werken nicht nur zu legalisieren, sondern explizit zu fördern, um die allgemeine Verfügbarkeit von Information, Wissen und Kultur zu verbessern, denn dies stellt eine essentielle Grundvoraussetzung für die soziale, technische und wirtschaftliche Weiterentwicklung unserer Gesellschaft dar.“
In einem Blog wurde die Vermutung aufgestellt, 100.000 € seien keine große Summe für die »Content-Mafia«, um die Partei lahm zu legen. Wenn ein bekanntes Mitglied der Piraten einen Vertrag unterschreibt, der es ermöglicht, die Werte der Partei in ihrem Namen anzugreifen, wird das mit Sicherheit dem Ansehen der Partei als Ganze schaden.

Was die Situation zusätzlich verschärft ist die Tatsache, dass die Funktionsträger der Piratenpartei bislang kein Statement zu der Angelegenheit zu ihrer und/oder Julias Position herausgaben. Auf Nachfrage wurde mitgeteilt: „Die Diskussion um die Veröffentlichung des Buches „Klick mich“ zeigt in eindrucksvoller Weise die Notwendigkeit auf, über neue Lösungen im Urheberrecht nachzudenken. Das hilflose Agieren des Verlages „Random House“ bei der Begegnung von geleakten Versionen im Netz offenbart den Kontrollverlust, den Verlage und Verwerter angesichts der Realien des Informationszeitalters erleiden. Es ist jetzt an der Zeit, über
Reformen des Urheberrechts zu diskutieren. Ein besseres Beispiel hätte uns Julia Schramm mit der Veröffentlichung ihres Werkes nicht liefern können.“
Ob diese halboffizielle Stellungnahme ausreicht um die Medien und die aufgebrachten Piraten selbst zu beruhigen darf bezweifelt werden; Rücktrittsforderungen wurden bereits ausgesprochen. Ein starkes Statement von Julia, dass ihr Vorgehen und die Situation mit ihrem Verlag erklärt, könnte helfen. Ihre Antworten auf unsere Fragen stehen noch aus und werden hier nachgereicht, sobald sie eintreffen.