Ein Gastartikel von Torge Schmidt und Malte Sommerfeld
Erinnert Ihr euch noch an den 28.06.2012? Das war der Tag, an dem eine Handvoll Abgeordneter im Bundestag einen stark veränderten Entwurf zum Meldegesetz durchgewunken hat.
Im Schleswig-Holsteinischen Landtag soll diese Woche nach dem Willen der Koalition aus SPD, Grünen und dem SSW (Südschleswigscher Wählerverband) eine ähnliche Nacht-und-Nebel-Aktion stattfinden. Natürlich mit mehr Abgeordneten, denn die Handball-WM findet nur abends statt. Eine Änderung des Sparkassengesetzes soll am Mittwoch in erster Lesung behandelt und am Freitag beschlossen werden. Dazwischen tagen dann, noch eilig einberufen, der Finanzausschuss und der Innen- und Rechtsausschuss, um über das Gesetz “sachverständig” zu beraten.
Der Sachverstand in Ausschüssen schwankt je nach Materie aber erheblich. Wer will schon einem Kommunikationswissenschaftler die Beurteilung zumuten, ob eine Veränderung der zulässigen Beteiligungsstrukturen bei Sparkassen nun europarechtskonform oder marktwirtschaftlich erforderlich ist? Deshalb gehört es auch zur parlamentarischen Übung, dass in den Ausschüssen Sachverständige angehört werden und deshalb zwischen erster und zweiter Lesung zwischen einem und mehreren Monaten liegen.
Obwohl die Koalition (wie bei ihren Entwürfen leider üblich) auf eine Begründung verzichtet, gibt es nur einen Grund, warum sie sich nicht mit Sachfragen aufhalten will, um ihren politischen Willen umzusetzen. Die HASPA (Hamburger Sparkasse AG) beabsichtigt, eine Minderheitsbeteiligung bei der Sparkasse Hohenwestedt zu erwerben, wofür auch bereits eine Genehmigung der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) vorliegt. Genau das soll mit dem Gesetzesentwurf verhindert werden. Ohne Sachverständige, ohne Anhörung – obwohl nur eine Woche zuvor ein anderer Entwurf der Koalitionsfraktionen von sämtlichen Sachverständigen aus handwerklicher Sicht völlig zerpflückt wurde.
Dieses Ziel aber könnte die Koalition auch mit einem befristeten Gesetz erreichen, das z. B. nach drei oder sechs Monaten ausläuft. In dieser Zeit könnte der Landtag dann Sachverständige und Betroffene anhören und die Stellungnahmen ohne Eile auswerten. Ohne diese langen Spannen der Anhörungen und Beratungen in Ausschüssen können Entscheidungen nur aufgrund einer politischen Agenda, aber nicht aufgrund sachlicher Argumente getroffen werden – letztere werden ja nicht einmal ausgetauscht.
Sollten die Koalitionsfraktionen ihre Planungen beibehalten, zeigt dies nur, dass sachliche Auseinandersetzungen in Schleswig-Holstein offenbar nur von geringem Wert sind.