Auf dem letzten Bundesparteitag in Bochum haben die Piraten nach einer mehrstündigen Diskussion ein wirtschafts- und finanzpolitisches Grundsatzprogramm beschlossen, welches im Kern auf Freiheitlichkeit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit setzt.
In den vergangenen Monaten wurden nun von verschiedenen Gruppen, aber auch von Einzelpersonen, zahlreiche Anträge erarbeitet, die beim kommenden Bundesparteitag in Neumarkt Einzug in das Wahlprogramm der Piratenpartei zur Bundestagswahl 2013 nehmen wollen.
Wir stellen Euch hier die vier Wahlprogrammanträge in aller Kürze vor, die es im Bereich Wirtschaft & Finanzen auf den Tagesordnungsvorschlag der Antragskommission geschafft haben:
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WP012 Korruption im Wirtschaftsleben offenlegen und wirksam bekämpfen! (Integritätspaket)
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WP047 Steuerzahler haften nicht für Banken
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WP052 Transparenz der Vergabe öffentlicher Aufträge
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WP171 Sammelantrag Wirtschaft und Finanzen
WP012 Korruption im Wirtschaftsleben offenlegen und wirksam bekämpfen! (Integritätspaket)
Jan Hemme fasst seinen Antrag im Antragsportal sehr schön zusammen: „Der Antrag wendet die bestehende Programmatik der Piratenpartei auf den Bereich Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention im Wirtschaftsleben an und ergänzt dies um die zentralen Forderungen aus dem Nationalen Integritätsbericht von Transparency Deutschland.“
Der Antrag liest sich auch flüssig, doch dem nicht ganz so der Wirtschaftspolitik affinen Leser stellen sich viele Fragen, die beantwortet werden müssen, wenn er dem Antrag auf dem Bundesparteitag mit gutem Gewissen zustimmen möchte, ohne sich auf die Aussagen von Parteifreunden zu verlassen.
Beispielsweise strebt Hemme „die Einführung eines wirksamen Unternehmensstrafrechts nach Schweizer Vorbild“ an und der Straftatbestand der Bestechung im Geschäftsverkehr solle auf das Geschäftsherrenmodell ausgeweitet werden, dem Nicht-Eingeweihten sollten die Merkmale des schweizerischen Unternehmensstrafrechts und des Geschäftsherrenmodells aber näher erläutert werden.
Insgesamt handelt es sich um einen umfangreichen Antrag mit diversen Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention, der aber quasi nach einer Mumble-Antragskonferenz schreit.
WP047 Steuerzahler haften nicht für Banken
Der Antragstitel zu WP047 lässt zunächst vermuten, dass die Antragsteller eine Beteiligung des Bankkunden bei Bankenpleiten ausschließen wollen. Allerdings sollen diese sehr wohl im Insolvenzfall beteiligt werden. Lediglich Bürgerinnen und Bürger, welche keine Kunden der betroffenen Bank sind, sollen nicht an den Kosten beteiligt werden. Darüber hinaus fordern die Antragsteller die Erhöhung der Eigenkapitalquote zur Risikominimierung von Bankenpleiten oder zumindest die Verschärfung der Eigenkapitalvorschriften. Eine dritte Forderung, nämlich die Insolvenzführung, geht zwar aus der Begründung, aber nicht aus dem Antragstext hervor.
Insgesamt lässt der Antrag einige Fragen offen. Deshalb sollten die Antragsteller kurzfristig im Mumble eine Diskussionsrunde anbieten, um diese Fragen zu klären.
WP052 Transparenz der Vergabe öffentlicher Aufträge
Bei diesem Antrag hält der Titel was er verspricht: Die Antragsteller fordern transparente Verfahren bei Auftragsvergaben der öffentlichen Hand. Ausschreibungen und Auftragsvergaben sollen für die Bürgerinnen und Bürger vollständig nachvollziehbar sein. Eine Einschränkung der völligen Transparenz machen die Antragsteller aber dann doch: nämlich bei der Veröffentlichung der Angebote – hier sei die Veröffentlichung zwar wünschenswert, wird aber nicht explizit gefordert.
WP171 Sammelantrag Wirtschaft und Finanzen
Der aus 15 Modulen bestehende Antrag von Guido Körber geht ans Eingemachte.
Körber fordert unter anderem die Unterbindung von Finanzspekulationsgeschäften auf Nahrungsmittel und Agrarrohstoffe sowie die konsequente Regulierung der Banken und des gesamten Finanzsystems in zahlreichen, konkreten Maßnahmen zur Vermeidung von Finanzkrisen. Die Beteiligung des Steuerzahlers an den Bankenrettungen schließt auch Körber aus, aber auch er sieht den Gläubiger, also den Bankkunden, mit in der Pflicht, wenn es darum geht, die sprichwörtliche Suppe auszulöffeln.
Körber fordert weiterhin eine Finanztransaktionssteuer von 0,1% auf alle Aktien und Derivate, die Transparenz von Rechtsgeschäften der öffentlichen Hand, die deutliche Reduzierung von Subventionen und die öffentlichen Mittel für Bildungs- und Forschungseinrichtungen deutlich anzuheben.
Er spricht sich für Mindestlöhne bei öffentlichen Ausschreibungen und für die steuerliche Gleichstellung aller Einkunftsarten aus, für weitgehende Maßnahmen zur Vereinfachung und Vereinheitlichung eines gerechten und verständlichen und nachvollziehbaren Steuersystems, das sowohl Leistungsgerechtigkeit als auch Verteilungsgerechtigkeit berücksichtigen soll. Ausnahmeregelungen und Steuerschlupflöcher sollen abgeschafft und existierende Verbrauchssteuern sollen auf ihre Sinnhaftigkeit hin überprüft werden.