Ein Interview mit @padeluun, Mitglied in der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft.
Flaschenpost: Du warst in der Enquete-Kommission. Was war ihr Auftrag?
@padeluun: Unsere Aufgabe war es, eine Empfehlung für zukünftige Regierungsarbeiten zu geben, wie eine digitale Gesellschaft gestaltet werden soll. Herausgekommen ist ein 2.000 Seiten langes Dokument, vieles in Konsensbeschlüssen entstanden, aber auch viele sogenannte Sondervoten, die Meinungen enthalten, die keine Mehrheit gefunden haben.
Flaschenpost: Wie lange ging das?
@padeluun: Es war für zwei Jahre angesetzt, dauerte dann aber drei Jahre. Aber die Aufgaben wären genug für einige Enquete-Kommissionen gewesen. Ursprünglich hieß es, dass es acht Treffen pro Jahr mit je einem Tag Vor- und Nachbereitung gäbe. Tatsächlich war ich bis zu 2 Mal pro Woche in Berlin.
Flaschenpost: Warum wurde die Enquete-Kommission überhaupt eingerichtet?
@padeluun: Das waren sicher die 850.000 Stimmen für die Piratenpartei bei der Bundestagswahl 2009 und der Rumor für Datenschutz und Netzpolitik auf den Straßen der Bürgerrechtsbewegung.
Flaschenpost: Siehst du schon Auswirkungen in der Regierungsarbeit?
@padeluun: Sie hat einiges bewirkt, richtige Revolutionen ausgelöst. Zum Beispiel, dass wir ein Instrument wie “Liquid Democracy” haben, sodass jeder Bürger sich an Meinung- und Entscheidungsfindungen der Enquete-Kommission beteiligen konnte. Allerdings waren Politiker und Sachverständige enttäuscht wie wenig die Möglichkeit zur Beteiligung genutzt wurde.
Flaschenpost: Wie waren die Einstiegshürden, um sich beteiligen zu können?
@padeluun: Man musste “Adhocracy” nutzen, das Tool, mit dem die Beteiligungsplattform betrieben wurde. Leider gab es die Plattform nicht von Anfang an, sondern musste gegen das Votum des Ältestenrates des Bundestags durchgehackt werden. Das ging so weit, dass bei der eigentlichen Abstimmung sogar Befürworter dagegen stimmten, da sie den Abstimmungsmodus nicht verstanden hatten.
Flaschenpost: Was denkst du, wie sich diese 2.000 Seiten Empfehlung für die Zukunft auswirken?
@padeluun: Die wichtigste Forderung war, einen ständigen Ausschuss zur Netzpolitik im Bundestag einzurichten. Den Mitgliedern dort wird der Enquetebericht Hilfe und Richtschnur sein. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das auch genutzt werden wird. Natürlich sind Zeiträume von 10 Jahren hier durchaus kurz.
Die Kommission hat sich gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen, gegen Websperren, sie hat sogar gemeinsam festgestellt, dass der Begriff “Geistiges Eigentum” problematisch ist, um Immaterialgüter und damit verknüpftes Monopolrecht zu diskutieren.
Flaschenpost:: Vielen Dank für die Einblicke in die Arbeit der Enquete-Kommission.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.