“Die Piraten haben keine digitale Mitbestimmung zwischen Parteitagen”, das ist das neue “Die Piraten haben kein Programm”. Aber genauso viel ist auch an dieser Behauptung dran. Fakt ist: Bereits seit den frühen Anfängen sind die Piraten die einzige Partei, bei der Basismitglieder und sogar Externe ohne nennenswerte Hürden ihre Meinung einbringen können. Dafür gab es bisher drei Möglichkeiten:
1. Digitale Arbeitsgruppen: Nur bei der Piratenpartei Deutschland beraten über 80 thematische Arbeitsgruppen in öffentlich zugänglichen Sprachkonferenzräumen im Internet (Mumble). Auch Nichtmitglieder sind willkommen.
2. Digitale Vorbereitung des Wahlprogramms: Nur bei der Piratenpartei Deutschland werden alle Anträge zu Parteitagen ins Netz (genauer: Ins Piratenwiki) eingestellt und dort diskutiert. Im Vorfeld des letzten Bundesparteitages wurde mit einer digitalen Umfrage unter allen interessierten Piraten ermittelt, welche Anträge im Paket zur Abstimmung gestellt werden. Auch die Reihenfolge der Antragsberatung auf dem Bundesparteitag wird anhand einer basisdemokratischen Befragung über das Internet festgelegt.
3. Digitale Positionserarbeitung: Nur bei der Piratenpartei Deutschland gibt es mit LiquidFeedback auf Bundesebene ein ständiges Werkzeug zur gemeinsamen Ausarbeitung von Positionen. Ein öffentlicher Gastzugang schafft Transparenz für die Öffentlichkeit.
Bereits damit ist es Piraten besser als den Mitgliedern anderer Parteien möglich, sich voll einzubringen ohne ein Amt zu bekleiden oder Delegierte aufstellen zu müssen. Da die Piraten eben keine Delegierten haben, gab es bis vor kurzem noch ein gewaltiges Problem: zwischen 1.000 und 2.000 Mitglieder – also die, die den Parteitag besuchen – stimmten über zentrale Positionen und Personalentscheidungen ab. Der Rest – etwa 28.000 Menschen – waren schlicht von den Abstimmungen ausgeschlossen. Natürlich, sie können an den Diskussionen im Netz teilnehmen, Anträge ausarbeiten und präsentieren, aber wer aus Mangel an Zeit oder Geld nicht quer durch die Republik zum nächsten BPT fahren kann, hatte keine Stimme. Somit hing es mitunter auch von der Wahl des Veranstaltungsorts ab, zu welchen Ergebnissen ein BPT kommt.
Seit Mai 2013, genauer seit Neumarkt, gibt es jedoch eine Lösung dafür. Eine Idee war zuerst, eine “SMV” – ständige Mitgliederversammlung– zu etablieren. Die sollte regelmäßig oder rund um die Uhr eine Art online-BPT darstellen, auf dem verbindliche Entscheidungen getroffen werden können. Die Anträge hierzu scheiterten aber knapp an der 2/3- Mehrheit. Was aber oft übersehen wird: In Neumarkt wurde das Problem trotzdem gelöst, nur anders und unscheinbarer, denn die Lösung heißt “Basisentscheid”!
Anträge in diesem »Basisentscheid« genannten Verfahren werden zunächst ausführlich online debattiert. Die Abstimmung erfolgt dann entweder online, was für Sachfragen der Normalfall sein sollte, oder geheim per Urnenwahl, was z. B. bei Personenwahlen obligatorisch sein wird. In begründeten Ausnahmefällen können dann einzelne Piraten auch per Brief abstimmen. Die getroffenen Entscheidungen sind verbindlich und stehen denen von Bundesparteitagen gleich. Nur für Entscheidungen, die das Gesetz ausdrücklich dem Parteitag vorbehält, also z. B. Satzungsänderungen und Vorstandswahlen, hat das Abstimmungsergebnis der Basisbefragung lediglich empfehlenden Charakter. Es wird bereits fleißig daran gearbeitet, eine funktionierende Software zu programmieren, die diese Aufgaben erledigt.