XtraTobi (Tobias) ist vielen als Podcaster des Krähennest bekannt. Es ist als Basismitglied im Kreis Borken als einer der aktiveren „Basisgurken“ unterwegs.
Flaschenpost: Worin siehst Du die Vorteile von Basisdemokratischen Entscheidungen?
XtraTobi: Wie StreetDogg sehe ich die Vorteile bei der Information aller über Anträge, die zu breiter Kenntnis führt und den Transport der Inhalte erleichtert.
Flaschenpost: Wie siehst du die genannten Nachteile der SMV?
XtraTobi: Zur langen Debatte auf dem BPT kann ich nur sagen, dass ein so intensiv diskutiertes Thema die Leute bewegt und deshalb finde ich die Debatte gerechtfertigt.
Die Erwartungen an eine SMV sind nicht zu hoch. Es wird lediglich erwartet, dass wir möglichst schnell zu einem Beschluss kommen.
Die üblichen Kritikpunkte wurden ja schon genannt. Es stören die Delegationen, die ich persönlich möchte. Auch Manipulationen werden immer wieder angesprochen. Probleme gibt es, ganz klar. Ich glaube nicht, dass es online geheime Wahlen geben kann, die sicher sind. Solche Abstimmungen müssen auf einem Parteitag stattfinden. Auch andere Abstimmungen kann man noch dort machen, aber um schnell zu einem programmatischen Punkt zu kommen, eher als zu einem Positionspapier – von dem ich persönlich nicht viel halte – ist die SMV im Vorteil und kann auch nachvollziehbar gestaltet werden.
Der Kritikpunkt „Manipulation“ muss sich auch mit einem normalen Parteitag messen lassen, wo es auch Möglichkeiten zur Manipulation gibt. Stimmende und Delegierte, also kleine Personenkreise, lassen sich natürlich leichter manipulieren als große Kreise. Da hat die SMV einen Vorteil, da die Auszählung ganz oder teilweise transparent ist, nicht geheim.
Es gibt sicherlich Möglichkeiten Manipulationen festzustellen oder Mitgliedern die Möglichkeit ihre Stimme zu kontrollieren. Das ist sehr sicher möglich, allerdings werden wir weder auf Parteitagen noch bei der SMV erreichen.
Flaschenpost: Welche Vorstellungen hast du zum Thema Datenschutz, geheime Abstimmung und Tools die für eine werden können? Kann es zu Problemen beim Datenschutz kommen?
XtraTobi: Es gibt keine 100%. Bei allen Formen gibt es keinen 100%-igen Weg der Basisdemokratie. Abstimmverhalten auf einem Parteitag lässt sich leichter verschleiern, bleibt aber trotzdem sichtbar. Jetzt mache ich zwar die SMV schlecht, denn dort ist das Abstimmverhalten zu jeder Zeit nachvollziehbar.
Allerdings sollte man die Besuchszahlen eines Parteitages berücksichtigen. Ich selbst konnte, wie viele andere auch, nicht teilnehmen. Ganze Landesverbände sind bevorteilt, weil sie einfach näher an einem Parteitag sind. Wir in NRW waren in Bochum im Vorteil, in Neumarkt waren es die südlicheren Landesverbände.
Ich bin der Meinung, wir haben unseren Mitgliedern was versprochen. Wir sollten neuen Wegen eine Chance geben, was ich beim BEO noch nicht sehe. Wenn man SMV und Parteitag gegenüber stellt gibt es Argumente gegen die SMV die so oder leicht anders gelagert auch gegen einen Parteitag sprechen würden.
Als Argument hört man auch, dass LQFB bisher nicht bindend und deshalb auch nicht interessant ist, es ist aber der beste Lösungsansatz der bisher vorhanden ist. LQFB kann nicht als Argument dafür herhalten, dass das System nicht funktioniert. Vielmehr ist es an der Zeit es auszuprobieren um feststellen zu können wo nachgebessert werden muss. Verhindern mit „es gibt da noch einen Kritikpunkt“ kann es nicht sein.
Bei Parteitagen gibt es gigantische Hürden, die jedes Mal überwunden werden müssen. Der Aufwand, der dort betrieben wird, wird nie ins richtige Verhältnis zur SMV gesetzt. Erst wenn LQFB verbindlich wird sind wir in einer Vergleichbarkeit.
Flaschenpost: Welche Möglichkeiten siehst du zur Verbesserung?
XtraTobi: Die Hürden höher zu setzen ist nicht das, was ich mir von den Piraten wünsche. Es wäre total weit von der basisdemokratischen Idee weg. Leute mit Einfluss hätten es dann leichter ihre Anträge in die Abstimmung zu bekommen. Es gab in z. B. Bochum gute Anträge, ernst gemeinte und witzige, es waren aber auch ernsthafte und gut aufgebaute Anträge nicht mit auf der Liste. Höhere Hürden würden da nur bedeuten, dass ich mit Einfluss bessere Chancen habe. Wer den Einfluss nicht hat, der kann auch nicht so gut bewerben. Gute Anträge zeichnen sich nicht dadurch aus, dass man gut reden und präsentieren kann oder ich Stimmen bekomme, weil ich ein sympathischer Mensch bin.
Ein Anheben der Hürden ist nicht basisdemokratisch und kontraproduktiv.
Die SMV ändert nichts daran, dass ich zu jeder Zeit einen Antrag einbringen kann. Wenn jemand einen guten Antrag schreibt und nicht so gute Kontakte zu Multiplikatoren pflegt, hat einen Nachteil beim Parteitag, das hat die Vergangenheit gezeigt. Ich glaube nicht, dass es bei uns Piraten immer fair und ohne Beziehungen läuft. Mit einem Klick in einem Online-Tool habe ich da bessere Karten. Aber auch da hat ein bekannter Name natürlich auch seine Gewichtung. Es ist immer etwas Anderes, ob ein Multiplikator spricht oder jemand auf einer Bühne eine reißende Rede hält.
Für mich ist die Basisdemokratie unterstützt wenn ich auf neutralem Weg abstimmen kann.
Mit einer SMV könnte ich ständig Anträge einreichen und abstimmen, ich brauche das Rennen gegen 600 Anträge, von denen vielleicht 300 schlecht sind, nicht. Man spricht jedem einzelnen Piraten die Mündigkeit zu, entscheiden zu können, welcher Antrag gut oder schlecht ist. Und das zu jeder Zeit, wie das Wort „ständige“ ja schon sagt.
Ich glaube nicht an die Fairness von Hürden. Es lässt sich eher darauf reduzieren, dass bei der SMV ständig abgestimmt wird und ob wir das wollen oder nicht.
Flaschenpost: Kannst du dir eine Kombination aus beidem vorstellen?
XtraTobi: Die SMV schließt eine Kombination schon ein. Es gibt immer Abstimmungen die geheim laufen müssen, z. B. Personenwahlen oder auf Wunsch eine geheime Abstimmung auf einem Parteitag. Das muss gehen und deshalb ist eine Kombination unausweichlich. Ohne die Probleme aufwirbeln zu wollen kann ich mir vorstellen, dass auch offline mit Urnen abgestimmt wird, z. B. in Kreisverbänden, was auch durch eine SMV nicht ausgeschlossen wird.
Mir persönlich ist wichtig, dass wir mehr Basisdemokratie bekommen, deshalb bin ich Befürworter einer Lösung. Beim BEO haben wir noch das Problem, dass zwischen Satzungs- und Positionspapieren unterschieden wird. Die einen sehen BEO als eigenes Organ, wo Entscheidungen fallen dürfen, andere sagen, das geht nicht. Entscheidend ist, dass beim BEO nur in einem bestimmten Takt abgestimmt wird, das ist nicht STÄNDIG. Genau das soll die SMV leisten, z. B. die schnelle Abstimmung ob ich als Pirat den Bundeswehreinsatz in XY befürworte oder nicht. Das ist der Unterschied.
Flaschenpost: Warum ist die SMV für dich der richtige Weg?
XtraTobi: Mir persönlich ist es wichtig, dass wir mehr Basisdemokratie bekommen. Wir haben unseren Mitgliedern versprochen, dass es mehr Basisbeteiligung gibt. Wir würden allen zeigen, dass wir mit einer SMV nicht in Schönheit sterben und bei allen Kleinigkeiten Bedenken anmelden.
Direkte Beteiligung durch eine SMV wird schon lange diskutiert. Schon 2009, als ich der Partei beigetreten bin, war sie Thema. Die Zeit ist reif, und bis auf wenige Stimmen beim letzten BPT hat man das gesehen. Jetzt müssen wir einen Schritt weiter gehen.
Ja, es wird Probleme geben. Wir werden sie lösen und sollten nicht noch weitere 3 Jahre darüber diskutieren. Bedenken gibt es auch bei bestehenden Systemen, die kritisieren wir schon lange.
Die alteingesessenen Parteien arbeiten immer noch so und das wird auch keiner ändern. Wir sollten jetzt sagen, wir haben da eine Lösung. Wir gehen es an und gehen das Risiko ein auch mal einen Fehler zu machen.
Kurz – wir brauchen eine Lösung.
Flaschenpost: Vielen Dank für den Einblick in die Möglichkeiten.