
Datenschutz | nach einem<a href="http://www.flickr.com/photos/joachim_s_mueller/8499884299/sizes/l/"> Original</a> von Joachim S. Müller CC BY 2.0

Das war es wohl mit der Spähaffähre. Interessiert hat es hierzulande ohnehin fast nur die Journalisten. Der abgehörte Durchschnittsdeutsche verfolgte die Sache eher wie einen Fernsehkrimi am Bildschirm. Mit etwas Gänsehaut und der Gewissheit, dass alles nur eine Inszinierung sei. Inzwischen ist die letzte Szene abgedreht, „Klappe zu, Affe tot! Was kann man denn auch selbst bewirken?“, dachten sich die meisten.
Die Regierung, obgleich ebenfalls Opfer eines Verbrechens, log und stritt alles ab. Daran änderten auch die von der NSA eingestandenen Lauschangriffe auf die Kanzlerin nichts. Frau Merkel bekam ein abhörsicheres Mobiltelefon – das sie wohl genausowenig nutzt wie das bisherige – und Deutschlands Internetunternehmen präsentieren ihren Kunden Technik aus den Neunzigern als „Internet made in Germany“. Schon war alles wieder in Ordnung! Made in Germany – darum beneidet uns schließlich die Welt.
Dabei erinnern diese Szenen der Selbstbeweihräucherung an den greisen Erich Honecker in seiner maroden DDR: Stolz zeigte er den i386 Prozessor aus eigener Produktion. Der bestand zwar nur aus einem leeren Gehäuse, beim Fernsehvolk glaubte er mit diesem Auftritt aber punkten zu können. Der Schein war ihm immer wichtiger als die Realität. Ein Satz wie Auf deutschem Boden gilt deutsches Recht hätte auch von ihm kommen können.
Die Zerstörung von Festplatten beim Guardian wurde bestenfalls wie eine Szene aus aus einem Hollywood-Streifen wahrgenommen, in England berichtete ohnehin keine andere Zeitung darüber. Auch die Sperrung des Videos von Edward Snowden auf Youtube stieß dort auf keinerlei Protest. Kein Wunder, wurde als Erklärung doch ein Verstoss gegen das Urheberrecht angegeben. Wer will schon mit Raubkopiererern gemeinsame Sache machen? Mit Zensur wird es ja nichts zu tun haben, das Urheberrecht zwang förmlich zum Einschreiten. Ach überhaupt: Grossbritannien! Seine Websperren und die Abhörschnittstellen in den Routern aller Bürger! Dieses England, EU-Mitgliedsstaat, ein ausser Rand und Band geratener Geheimdienst der die Kommunikation auf dem Kontinent belauscht um die Daten an die USA zu liefern. Aus der Entfernung betrachtet gruseln wir uns ein wenig, in etwa so viel, wie uns der Gedanke an den Linksverkehr Unbehagen bereitet.
Leider ist es hier mit den Bürgerrechten im Allgemeinen und dem Datenschutz im Speziellen nicht besser bestellt. Wir können uns zwar auf das Demonstrationsrecht berufen, es im Zweifelsfall sogar einklagen, doch nutzt dies nicht viel, wenn die Polizei schon nach 50 Metern in Demonstrationen grätscht. In erster Reihe gehende Randalierer und andere Rabauken bieten mit ihrem Schwarzen Block immer einen Vorwand für Polizeikessel, Pfefferspray und in Folge davon verletzte Demonstranten und gelegentlich auch verprügelte Journalisten. Die Berichterstattung verengt sich auf die Aufrechnung der Leicht- und Schwerverletzten beider „Seiten“, das Thema der Demonstration interessiert nur am Rande.
Bei der Bundestagswahl bekamen die Piraten magere 2.2%. Dieses Ergebnis, verbunden mit mangelndem öffentlichen Interesse für die Themen war ein Zeichen an die Regierung, das dort gut verstanden wurde. Mit leeren Versprechen auf soziale und steuerliche Wohltaten waren mehr Stimmen zu holen als mit der Forderung auf Einhaltung der Grundrechte.
Voßhof, die neue Bundesbeauftrage für den Datenschutz, ist vorsichtig gesagt weder kompetent noch engagiert. Für die große Koalition der Datensammler die ideale Besetzung, um jeden weiteren Vorstoss in die verfassungsrechtliche Grauzone als „datenschutzrechtlich unbedenklich“ zu etikettieren. Das lässt uns Übles für die nächsten Jahre erwarten.
Die Lethargie im Land ist eine Einladung für diese Politik! Widerstand kommt vereinzelt noch von der Presse, da aber die Artikel nur wenig Interesse hervorrufen, werden auch die Journalisten bald die Motivation verlieren etwas zu schreiben, das keiner liest. Und der Präsident schweigt. Kein Ruck geht durch das Land. Scheinbar haben die Bürger in diesem Thema jede Hoffnung in die Politik verloren. Diese wieder zu wecken ist unsere Aufgabe.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.