

Kristos Thingilouthis ist Vorsitzender der hessischen Piraten. Er übernahm das Amt von Thumay Karbalai Assad in schwierigen Zeiten: Bei der Bundestagswahl kamen nicht genug Stimmen zusammen, auch bei der Landtagswahl in Hessen reichte es nicht für einen Einzug ins Parlament. Kristos investiert gerade viel Zeit, um Piraten besser zu vernetzen, die Öffentlichkeitsarbeit weiter zu professionalisieren und der Basis mehr Möglichkeiten bei der Mitgestaltung klassischer Vorstandsaufgaben zu ermöglichen. Wir nutzen einen kurzen Augenblick der Ruhe für ein Gespräch.
Flaschenpost: Kristos, wie läuft es in Hessen mit den Piraten?
Kristos: In Hessen läuft es inzwischen relativ ruhig und gleichmäßig. Wir haben die Arbeit des vorhergehenden Vorstands fortgesetzt und versucht, effiziente und belastbare Strukturen zu schaffen. Dazu gehörte die Einführung von Themenbeauftragten, die die Arbeit unterschiedlicher Gruppen zu einem Thema koordinieren bzw. diese zur Zusammenarbeit anregen. Diese Themenbeauftragten sind auch Ansprechpartner gegenüber dem Landesvorstand und mit der AG Öffentlichkeitsarbeit vernetzt, so dass gewährleistet ist, dass auf Anfragen kompetente Antworten gegeben werden.
Die AG Öffentlichkeitsarbeit selbst haben wir dreigeteilt in strategische Pressearbeit, klassische Pressearbeit (Verfassen von PMs,…) und den Bereich Social Media. Durch die Teilung werden zum einen die einzelnen Mitarbeiter entlastet, zum anderen wird eine Professionalisierung ermöglicht.
Flaschenpost: Die unterschiedlichen Fäden müssen aber wieder zusammen laufen, damit das Konzept funktioniert
Kristos: Die Ziele des Landesverbands werden gemeinsam erarbeitet. Auf der Hessen-Marina im Januar zum Beispiel wurden die Etablierung dezentraler Parteitage, die Wiedereinführung des virtuellen Meinungsbilds und das Sorgen für mehr Spaß bei der Piratenarbeit beschlossen. Dadurch, dass möglichst viele Piraten in die Entscheidungsfindung eingebunden sind, ist die Motivation, an der Erreichung dieser Ziele zu arbeiten, sehr hoch.
Aktuell ist – wie wohl überall – der Europawahlkampf das vorherrschende Thema. Auch hier haben wir mit der PG Wahlen und der Ernennung von Wahlkampfkoordinatoren, die jeweils für eine bestimmte Anzahl von KVs verantwortlich sind, verbesserte Strukturen geschaffen.
Zur Vernetzung der Kreisverbände haben wir ein monatliches Kreisvorständetreffen eingeführt, das in Form von Telefonkonferenzen stattfindet. Auf den Hessen-Marinas (in größeren, unregelmäßigen Abständen) besteht darüber hinaus die Möglichkeit, sich im Rahmen einer ganztägigen Veranstaltung persönlich zu begegnen und sich gezielt mit bestimmten Themen zu befassen. Diese Treffen vertiefen auch den Kontakt zum Landesvorstand, da dort gemeinsam Konzepte erarbeitet werden können und der LaVo klare Rückmeldung darüber erhält, was die KVs an Unterstützung brauchen.
Auch für die Mandatsträger besteht bei den Marinas die Möglichkeit, sich zusammenzusetzen und durch Austausch und Vernetzung Synergieeffekte zu schaffen.
Flaschenpost: Dann gibt es noch die Regionalkonferenzen.
Kristos: Die Regionalkonferenzen funktionieren ähnlich wie die Marinas. Diese ermöglichen darüber hinaus eine gezielte Zusammenarbeit bei Themen, die die jeweilige Region betreffen. So ist zum Beispiel das Thema Fracking in Nordhessen deutlich präsenter als in Südhessen.
Kontakt zur Basis zu halten ist das wichtigste Anliegen von uns hessischen Vorstandsmitgliedern. Auch die Vernetzung unterschiedlicher Gruppen untereinander sehen wir als unsere Aufgabe an. Dazu gehen wir aktiv auf die Kreisverbände und Arbeitsgruppen zu, erkundigen uns nach Wünschen und Problemen und vermitteln auf Wunsch Kontakte untereinander. Mit dem Angebot von RL-Vorstandssitzungen [Anmerkung der Redaktion: Real-life-Vorstandstreffen: Meetings, bei denen Vorstandsmitglieder physisch zusammenkommen, also nicht über ein Medium kommunizieren (müssen). Bei virtuellen Teams dient das gelegentliche physische Treffen der Interaktion und hilft nachweislich, Konflikte zu entschärfen, was über Kommunikationsmittel nur unzureichend möglich ist.] an wechselnden Orten haben wir eine weitere unkomplizierte Kontaktmöglichkeit geschaffen.
Wer Ideen hat oder konkrete Projekte plant, kann mit der Bitte um Unterstützung an uns herantreten; das läuft recht gut so. Zurzeit fordert zum Beispiel der AK Soziales von sämtlichen JobCentern aktuelle Telefonlisten an. Diese sollen in eine Datenbank eingepflegt und diese dann wiederum auf den Webseiten der Piratenpartei veröffentlicht werden. In diesem Fall konnte der Landesvorstand das Projekt durch Übernahme der Versandkosten unterstützen.
Flaschenpost: Derzeit sind die Augen auf die EU-Wahl und den anstehenden aBPT (außerordentlichen Bungesparteitag) gerichtet. Welcher Partei wird der neue Vorstand vorstehen?
Kristos: Der Grund- und Bürgerrechts-Piratenpartei?
Flaschenpost: Also „back to the roots“?
Kristos: Ja. Und weil mir diese ursprünglichen Piraten-Themen am Herz liegen, kandidiere ich auf dem aBPT in Halle für das Amt des Politischen Geschäftsführers oder dessen Stellvertreter.
Wichtig ist mir bei allem, dass der neue Bundesvorstand ein Miteinander vorlebt. Ich glaube guten Gewissens behaupten zu können, ein guter Teamplayer und auch zur Zusammenarbeit in einem Team mit sehr unterschiedlich tickenden Mitgliedern fähig zu sein.
Flaschenpost: Oh, das ist ein mutiger Entschluss. Angenommen du wirst zum Politischen Geschäftsführer gewählt: Wo willst du die Schwerpunkte deiner Arbeit setzen?
Kristos: Wenn ich denn wahrhaftig gewählt werden sollte, ist ein wichtiges Ziel, die Strukturen innerhalb der Partei zu verbessern. Für die Aussendarstellung möchte ich die Piraten mehr auf die Kernthemen fokusieren. In der Öffentlichkeitsarbeit werde ich ein Strategieteam aufbauen. Das darf natürlich kein Alleingang werden, das muss in Absprache mit dem restlichen Bundesvorstand geschehen.
Flaschenpost: Du hast dir viel vorgenommen. Wir wünschen dir Erfolg dabei.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.