Stefan Körner kandidierte gut vorbereitet als Vorsitzender. Er hat klare Vorstellungen über die anstehenden Aufgaben.
Flaschenpost: Wird mit deiner Wahl die Piratenpartei die Wende zurück in die politische Relevanz schaffen?
Stefan Körner: Wenn ich daran nicht glauben würde, hätte ich nicht kandidiert. Es wird natürlich ein hartes Stück Arbeit, nicht nur für mich, sondern für den gesamten Vorstand und die gesamte Partei, aber unsere Themen sind wichtig genug, dass wir das hinkriegen werden.
Flaschenpost: Du hattest bereits in Bremen kandidiert. Dort wolltest du als Vorsitzender für 5% bei der Bundestagswahl stehen. Woran können wir deinen Erfolg am Ende deiner Amtszeit messen, die nun erst in Halle begann?
Stefan Körner: Es stehen noch mehrere Landtagswahlen an, die ich nach Kräften unterstützen werde. Eine Wahl gewinnt man nicht alleine, aber was wir von Seiten des Bundesvorstands tun können um zu helfen, werden wir tun. Woran man mich in einem Jahr messen wird, wird jedes Mitglied letztendlich für sich selbst entscheiden. Meine Ziele sind aber klar: Ich will den beschlossenen Basisentscheid so schnell wie möglich einsatzbereit haben, damit wir innerhalb der ersten 100 Tage einen ersten Entscheid durchführen können. Dann möchte ich die angekündigte GO-Änderung, mit der eine Mehrheit der Landesvorstände unsere Beschlüsse kippen kann, um auch auf dieser Ebene für mehr Beteiligung zu sorgen. Und zuletzt will ich für mehr Miteinander innerhalb der Basis sorgen. Das wird sicherlich der Punkt, bei dem ich am meisten Unterstützung brauche, denn es müssen alle Flügel, Strömungen oder Seiten – wie immer man es bezeichnen will – mitziehen.
Flaschenpost: Noch während des Parteitags waren unzufriedene Stimmen zu hören. Einzelne Austritte und Rückzüge wurden angekündigt. Wie viel Schwund verträgt die Partei noch?
Stefan Körner: Jeder Austritt ist traurig und ein Verlust, denn jedes Mitglied hat Ideen und Herzblut in unsere Partei gebracht. Wir dürfen uns aber nichts vormachen, Austritte, Eintritte und Wieder-Eintritte gehören zum Leben in einer Partei dazu. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, die Austritte auf einem Minimum zu halten, indem wir uns gegenseitig die Hände entgegenstrecken und sie von anderen auch annehmen. Die Verabredung mit den sogenannten #Foyerpiraten, dass wir unsere Sitzung etwas vorverlegt und diese ihre Sitzung etwas nach hinten gelegt haben um die Überschneidung zu beheben, ist dabei ein gutes Zeichen und lässt hoffen, dass wir da auf einem guten Weg sind.
Flaschenpost: Deutet sich durch dieses gegenseitige Entgegenkommen an, dass aus innerparteilichen Gegnern Gruppen unterschiedlicher Interessen unter einem gemeinsamen Dach werden?
Stefan Körner: Ich glaube nicht, dass wir wirklich große Gruppen von Gegnern in unserer Partei haben. Im absolut größten Teil unseres Programms und unserer Ziele sind sich wohl fast alle einig. Bei den wenigen Punkte, in denen es Spannungen gibt, ist auch eher der Weg zum Ziel als das Ziel selbst strittig. Wir müssen daran arbeiten, diese Spannungen auf konstruktive Weise zu klären und auch mal Kompromisse eingehen – auf allen Seiten! Wir sind viele und wir haben unglaublich gute Lösungsvorschläge zu den aktuellen und künftigen Problemen in der Gesellschaft. Da wäre es doch gelacht, wenn wir es nicht schaffen würden, diese Vorschläge auch in die Politik zu tragen.
Flaschenpost: Hast du eine Punkteliste für die nächsten 100 Tage in der Schublade?
Stefan Körner: Meine Hauptziele hab ich ja bereits in den vorigen Fragen dargestellt: Basisentscheid, verbesserte Beteiligung der Landesvorstände und -verbände und mehr Miteinander in der Gesamtpartei. Auch meine Vorstandskollegen haben noch einige gute Ideen und die Basis mit Sicherheit noch 100 mal mehr. Daher brauch ich keinen fertigen Plan in der Schublade, aber wenn doch, wäre darauf ein Punkt: Alle guten Ideen einsammeln und umsetzen, was davon irgendwie machbar ist.
Das ist eine der größten Stärken der Piraten, dass wir uns nicht auf ein einzelnes Gesicht verlassen sondern auf das Wissen unzähliger Mitglieder bauen können.
Flaschenpost: Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Wir sind gespannt, was davon dann bis Mitte Oktober umgesetzt werden konnte.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.