
Bereits seit 2006 gibt es die Piratenpartei Deutschland nun schon, und es ist nicht zu bestreiten, dass sich seit der Gründung einiges verändert hat. Mittlerweile beschäftigen sich die Piraten mit einer Vielzahl von Themen, die vor allem das Ziel haben, jeden Menschen ein faires und unbeeinträchtigtes Leben und Mitbestimmung bei der Politik, die sie betrifft, zu gewährleisten. Diese Punkte im Wahlprogramm verankert zu haben, ist natürlich nur der Anfang. Die Umsetzung dieser Ideen gestaltet sich oft sehr schwierig. Doch für die Basisdemokratie gibt es nun seit geraumer Zeit einen vielversprechenden Ansatz, der sich zu einer etablierten Lösung entwickeln könnte: OpenAntrag.
Die Idee dazu stammt aus dem Jahr 2011: Zwei Piraten ziehen in die Stadtverordnetenversammlung Wiesbaden ein und bilden eine Fraktion mit zwei anderen Mitglieder von den Linken. Eine Fraktionsseite musste her, an deren Aufbau unter anderem Kristof Zerbe, momentaner Generalsekretär des Landesverbandes Hessen, Softwareentwickler und Verantwortlicher für das Portal pirat.ly, beteiligt war. In diesem Rahmen kam eine Idee auf: Wie kann man Wünsche, Sorgen und Ideen der Einwohner online in Form von Bürgeranträgen aufnehmen und gegebenenfalls umsetzen? Wie kann man zeigen, dass diese Fraktion das Wort „Volksvertreter“ ernst
nimmt und man mit den Bürgern interagieren möchte? Daraufhin entwickelten Kristof und Hendrik Seipel-Rotter, Pirat in der StVV Wiesbaden, ein Konzept zur Bürgerbeteiligung für die LiPiWi-Fraktion. Die Grundidee bestand erst einmal darin, den Menschen eine einfache Möglichkeit zu geben, ihre Anträge einreichen und diskutieren zu können. Wichtig dafür war die transparente Gestaltung der Bearbeitungsschritte, so dass jeder Antragsteller (und jeder Interessierte) zu jedem Zeitpunkt weiß, in welchem Status sich ein Antrag befindet.
Der Fokus lag somit auf einem nachvollziehbaren Workflow, auf Transparenz und nicht zuletzt Anonymität, da die Abstimmung über Anträge auf das Thema bezogen sein sollte, und nicht auf die Person oder ihre Ideologie. Die Bearbeitung läuft dabei komplett über die Website ab. Ein Antrag wird eingereicht, kann öffentlich diskutiert und kommentiert werden, die Fraktion entscheidet über die Einbringung und veröffentlicht das Ergebnis auf der Seite. Letztes Jahr erreichte Kristof schließlich eine Anfrage von zwei anderen hessischen Kommunalabgeordneten. Auch sie wollten diese Art der Bürgerbeteiligung nutzen. Da die Website der LiPiWi allerdings eine Eigenentwicklung war, mussten sich zuerst Gedanken gemacht werden, wie man die Idee plattformunabhängig gestalten konnte. Das Ergebnis dieser Überlegung ist openantrag.de: ein Portal für Bürgeranträge, bei dem sich verschiedene Fraktionen anmelden können und das alle relevanten Daten mit Hilfe einer API zur Integration in die eigene Website zur Verfügung stellt.

Hierfür galten dieselben Grundprinzipien wie für die Website der LiPiWi-Fraktion. Besonderes Augenmerk musste nur auf die Flexibilität des Antragsprozesses gelegt werden, da dieser sich von Parlament zu Parlament unterscheiden kann. Des Weiteren durfte der Fokus nicht mehr auf den Piraten liegen, sondern auf den Parlamenten selbst. So kann bspw. jedes Parlament das Design seiner Seite verändern und anpassen. Letztendlich war es natürlich auch für OpenAntrag selbst wichtig, ein klares und intuitives Bedienkonzept zu schaffen, sodass jeder Bürger eine einfach zugängliche Möglichkeit hat, Anträge einzureichen.
Die Entwicklung am Portal selbst begann im März 2013. Verwendet wurden dabei hauptsächlich die Technologien Microsoft .NET, HTML 5, CSS 3 sowie JavaScript. Die Daten werden dabei von einer dokumentorientierten NoSQL-Datenbank gehalten, für die eine .NET-basierende Volltextsuche implementiert wurde. Dabei wird schnell ein Problem klar: Wie verbindet man die Ideologie von Offenheit/OpenSource mit den eingesetzten Microsoft-Technologien? In erster Linie geht es natürlich um Datenschutz und Transparenz für die Nutzer. Um dem gerecht zu werden, hält sich die Seite an bestimmte Grundsätze: keine Werbung, keine Weiterverwendung von persönlichen Daten, Anonymität für die Nutzer. Zudem ist auch der Quellecode des Projekts auf openantrag.codeplex.com unter einer GPL2-Lizenz veröffentlicht und für jeden zugänglich.
Weiterhin bestand diesbezüglich die Frage, ob das Projekt auch von der Piratenpartei betrieben werden kann. Das Problem an dieser Stelle ist aber weder Transparenz noch Datenschutz: Die Übernahme auf die parteieigene Infrastruktur ist zwar gewollt und geplant, doch der momentane Ressourcenmangel der Piraten steht der Umsetzung im Weg. Sicheres Hosting und die Stabilität der Seite werden von Kristof priorisiert.
Im September 2013 kam schließlich eine Anfrage der Luxemburger Piraten, die OpenAntrag auch für ihre Fraktion nutzen wollten. Leider schafften sie es nicht ins Parlament, die Idee für eine internationale Version des Portals blieb aber, besonders, da Kristof bereits den Infrastruktur-Code für alle drei Amtssprachen Luxemburgs geschrieben hat.
Neben der Internationalisierung ist vor allem die Entwicklung zum Vollantragsportal das Hauptziel. Die Fraktionen sollen die Möglichkeit bekommen, nicht nur Anträge von Bürgern, sondern generell alle Anträge über das Portal abwickeln zu können. Geplant ist in diesem Zusammenhang auch, dass den Fraktionen eine Vernetzung auf Antragsebene ermöglicht wird. Damit könnten Ideen über das eigene Parlament hinaus verbreitet werden und die Parlamente würden von der Arbeit untereinander profitieren.
Momentan geht die Entwicklung allerdings etwas langsamer voran. Dies geschieht vor allem aus Gründen der Stabilität; bereits 50 Parlamente nutzen die Plattform, Anzahl steigend. Besonders mit Augenmerk auf die gerade abgeschlossenen Kommunalwahlen muss sichergestellt sein, dass die Seite problemlos und fehlerfrei läuft, da es ab jetzt – hoffentlich – viele neue (Piraten-)Fraktionen das Portal
nutzen wollen.Wie einleitend bereits gesagt, ist es oft schwierig, Konzepte wie Bürgerbeteiligung und Transparenz konkret umzusetzen. Doch mit OpenAntrag wurde genau so eine Möglichkeit geschaffen. Jetzt gilt es vor allen Dingen, die Seite zu verbreiten, sie bekannt zu machen und so viele Parlamente wie möglich dafür zu begeistern. Den Menschen wird damit ein Werkzeug in die Hand gegeben, sich direkt an der Politik zu beteiligen.
Eine Ausweitung auf Landes- bzw. Bundesebene ist sicherlich wünschenswert, doch besonders auf kommunaler Ebene ist diese Art der Beteiligung sehr effektiv. Probleme und Ideen tauchen oftmals im näheren Umfeld auf, für die normalerweise die Kommune, Stadt etc. verantwortlich ist. Genau dafür stellt OpenAntrag momentan die beste Lösung dar, die in Zukunft hoffentlich noch ausgeweitet werden kann. Wenn ihr also ein frisch, gewählter Pirat seid oder gar eine Fraktion in eurem jeweiligen Parlament habt, dann klickt euch doch mal auf htttp://openantrag.de und meldet euch auf der Seite an. Mehr Bürgerbeteilung auf kommunaler Ebene ist der richtige Weg, den Menschen die positiven Auswirkungen davon zu zeigen.