Wenn ich mir vorstelle, ich wäre 10 Minuten lang Angela Merkel und müsste eine Hitliste erstellen, welche Themen mir morgens den Appetit auf das Frühstücksei verderben, fiele mir allerhand ein, unter anderem das komplizierte, vor allem für die jüngeren Menschen frustrierende Thema Rente.
Egal, welche Rentenreformen in den letzten Zeit beschlossen wurden, das Problem war nicht in den Griff zu kriegen, ohne die jungen Arbeitnehmer weiter zu belasten.
Die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre führte zu Unmut, vor allem in Branchen, wo klar ist, dass es schwierig ist, in diesem Alter die körperlich anstrengende Arbeit zu schaffen.
Der neue Ausweg der GroKo, ist die Verrentung mit 63 Jahren für Arbeitnehmer, die 45 Berufsjahre hinter sich gebracht haben, doch davon profitieren nicht alle Betroffenen und dies brachte weitere Versorgungslücken für die zukünftigen Rentner mit sich.
Die Mütterrente wurde eingeführt und aus der gesetzlichen Rentenkasse bezahlt, um die Altersarmut der Frauen zu mildern. Das kostet 6,5 Milliarden Euro, die in den nächsten Jahren von jungen Menschen durch steigende Beträge bezahlt werden müssen.
Kritiker befürchten außerdem, dass die Mütterrente für Frauen zwar eine kleine finanzielle Anerkennung ist, aber die Reserven in der gesetzlichen Rentenkasse rasch aufbrauchen wird, ohne dass dadurch die drohende Altersarmut der Betroffenen wesentlich beeinflusst wird.
Ein Blick auf die Alterspyramide der Deutschen und die Entwicklung der Geburtenrate zeigt die gesellschaftlichen Zusammenhänge: Die jüngere Generation ist finaziell überfordert und sauer. Sie soll mehrere Kinder großziehen, die ältere Generation versorgen und sich die eigene Rente ansparen soll. Gleichzeitig beschleunigt sich der Rückgang der Geburtenrate jedoch.
Laut Statistik wünschen sich Frauen im Durchschnitt nur 1,4 Kinder. Die Arbeitgeberverbände befürchten aufgrund dessen einen zunehmenden Mangel an Fachkräften, die Politiker eine Vergreisung unserer Gesellschaft. Für die Tatsache, dass immer weniger Arbeitnehmer für immer mehr Rentner zahlen müssen, gibt es scheinbar keine Lösung. Ein Dilemma!
Vor einigen Monaten hatten Politiker in Berlin einen Geistesblitz.
Die Flexirente löst alle Probleme: Der rüstige Rentner muss nicht mehr verrentet werden, er arbeitet freiwillig und flexibel weiter. Dies ist augenblicklich auch möglich, aber wegen strenger gesetzlicher Auflagen kompliziert und für Rentner finanziell nicht rentabel.
Durch die Flexirente löst sich dieses Problem, aber auch die Problematik des Fachkräftemangels, der Altersarmut und der Frühverrentung ab 63 Jahren.
Statt zu teuer zu sein, kann der freiwillig arbeitende Rentner seine Rente aufstocken, benötigt keinen Kündigungsschutz, Arbeitslosenversicherungen, und falls er Vollzeit berufstätig bleibt, ist seine Rente zunächst überflüssig. Wird er entlassen, geht er einfach wie vorgesehen in Rente. Nun muss im Herbst nur noch eine durchdachte Gesetzesvorlage durch den Bundestag, damit störende Gesetzeslücken geschlossen werden können.
Genial! Alle Probleme gelöst? Einfach so.
Welche Folgen hätte der Plan für die gesamte Gesellschaft?
Es käme ganz darauf an, wie die Gesetzesvorlage tatsächlich aussieht. Wenn Arbeitgeber für die arbeitenden Rentner deutlich weniger Abgaben zahlen müssten, hätten diese auf dem Arbeitsmarkt einen Vorteil, denn jüngere Arbeitnehmer wären im Vergleich teuerer. Die für jüngere Menschen zu leistenden Abgaben, der Kündigungsschutz sowie die Altersvorsorge würden Unternehmen ins Grübeln bringen, ob sie sich das leisten wollen.
Besonders betroffen wären wahrscheinlich Alleinerziehende, denn die Aussicht Menschen, die öfter fehlen, einzustellen, weil sie ihre Kinder größtenteils allein versorgen, erscheint Unternehmen offensichtlich jetzt schon problematisch, deshalb tragen Alleinerziehende statistisch gesehen das höchste Armutsrisiko.
Der Plan könnte außerdem zur Kostenverschiebung führen. Jüngeren Arbeitnehmern stünden vielleicht Arbeitslosigkeit und wahrscheinlich Altersarmut bevor, weil ihnen Rentner die Arbeitsplätze streitig machen. Später müsste die jüngere Generation im Rentenalter genauso weiterarbeiten, um die eigene karge Rente aufzubessern.
Ein Teufelskreis, der mit Sicherheit dazu führt, dass die Ungerechtigkeit in Sachen Rente auf die Spitze getrieben wird.
Zukünftig müsste die ohnehin gebeutelte Arbeitnehmergeneration Kinder großziehen, die eigene Rente bestreiten, für die ältere Generation sorgen und mit den flexiblen Rentnern um Arbeitsplätze konkurrieren.
Ist die Planung der Flexirente demzufolge der absolute Irrweg?
Nein, eigentlich nicht.
Wenn die geplante Gesetzgebung für Chancengleichheit sorgt und alle Arbeitnehmer gleich behandelt, also darauf achtet, dass keine Ungerechtigkeit entsteht, werden zumindest vordergründig die Problematik der Altersarmut und des Fachkräftemangels gemildert. Das ist eine sinnvolle Perspektive für unsere alternde Gesellschaft und wird auch den individuellen Bedürfnissen der Menschen gerecht, denn natürlich gibt es ältere Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht in Rente gehen wollen oder zumindest in Teilzeit weiter arbeiten möchten.
Dennoch ist die Flexirente, so wie die GroKo sie plant, nur ein weiteres Rentenreförmchen, das die Ursachen nicht beseitigt, denn alle Reförmchen, die bisher den Bundestag passierten, gingen am Wesentlichen vorbei: der zunehmenden sozialen Ungerechtigkeit bezüglich der Renten.
Ausschließlich die gesetzlich rentenversicherten Arbeitnehmer zahlen mit erhöhten Beiträgen kleine Reformpakete der Bundesregierung, davon unbelastet bleiben gut verdienende Selbstständige und Beamte.
Deshalb fordern wir Piraten kein Rentenreförmchen, sondern eine gerechte Rentenreform mit allen Konsequenzen:
„Alle bestehenden Rentensysteme, berufsständische Versorgungssysteme und Pensionen im öffentlichen Dienst werden zu einer Rentenkasse zusammengeführt. Alle steuerpflichtigen Einkommen und Kapitalerträge werden zur Zahlung von Rentenbeiträgen verpflichtet. Keine Berufsgruppe wird ausgenommen, die Bemessungsgrenze entfällt. In die Rentenkasse zahlen alle in Deutschland lebenden Menschen einkommensabhängig ein. Die Beiträge von Selbstständigen werden sich an ihren jeweiligen Unternehmenszahlen orientieren, sodass diese in ihrer Existenz nicht gefährdet werden. Die Rentenbezüge bewegen sich in einem Korridor von Mindest- bis Maximalrente.“ (Parteiprogramm)
Das geplante Gesetz zur Flexirente werden die Piraten kritisch begleiten und weiter auf die Einführung einer gemeinsamen Rentenkasse pochen.