Ein Gastartikel von H3rmi.
Der 31C3 ist vorbei, ich sitze wieder zuhause und lasse die Tage in Hamburg Revue passieren. Ich schließe die Augen und sehe mich selbst wieder im Congress Centrum Hamburg. Am letzten Tag des 31C3 sitze ich mit Mate und Laptop bewaffnet auf einer Couch vor Saal 1, in dem Jacob Appelbaum über den aktuellen Stand des TOR-Netzwerks berichtet. Gelegentlich hört man den Beifall durch die Tür. Chillige Musik dudelt aus einem Lautsprecher. Um mich herum flätzen – genauso wie ich – andere Leute mit ihren Laptops auf Boden, Sitzkissen, Sofas.
Ein perfekter Moment, um all die Eindrücke des diesjärigen Kongresses Revue passieren zu lassen und über das kommende Jahr nachzudenken.
Was mir bei diesem Kongress auffällt, ist die Anzahl der Besucher: Die Hallen waren schneller voll, die Schlangen länger, der Andrang größer. Man hört mehr Englisch (und auch andere Sprachen) in den Gängen als in den Vorjahren. Das Publikum und auch die Vortragenden sind ganz klar internationaler geworden.
Trotzdem das selbe “Wohlfühlgefühl” wie immer. Man ist unter Gleichgesinnten. Für mich als Pirat macht der Kongress sowieso immer ein kleines bisschen Gänsehaut. Hier liegen die Wurzeln dieser Idee, für die ich und viele andere jeden Tag ihr Bestes geben.
Nun soll ich für die Flaschenpost darüber schreiben, was der Kongress für die Piraten bedeutet. Ob wir noch eine Relevanz haben? Ja, verdammt!
Ich saß mit 3.000 anderen Hackern, Geeks und Gleichgesinnten aus der ganzen Welt im selben Saal als Jacob Appelbaum und Laura Poitras – Helden einer internationalen Bewegung – über Methodik von Regierungen und Geheimdiensten und die Bedeutung von Verschlüsselung sprachen. Ich habe gelernt, wie einfach biometrische Authentifizierungsverfahren mit Hilfe einer Handykamera zu umgehen sind.
Ich habe James Bamfod applaudiert, der Menschen über illegale und geheime Deals der NSA mit amerikanischen Telekommunikationsdienstleistern aufklärte.
Ich habe gehört, wie das damals so war im Teufelsberg.
Die Wurzeln dieser Partei liegen bei dieser Community, die es mit offener, freier Software schafft, sich dem mächtigsten Geheimdienst der Welt entgegen zu stellen, um Menschen zu schützen. Bei dieser Gemeinschaft, die sich gegen diesen Wahnsinn zur Wehr setzt, der unter dem Deckmantel der Sicherheit die Grundrechte aller Menschen beschneidet und mit Füßen tritt.
Jacob Appelbaum sagte am Ende seines Vortrags “Reconstructing narratives – transparency in the service of justice”
Recognize your class interests and understand that THIS is the community that you are a part of… at least a small part of, and that we’re in it together. […] We need everybody to do whatever they can to help with these things. It requires everyone and every skill is a value to contribute to that. […] It is this community who can help und can really change things in the rest of the world.
Die meisten von uns sind keine SysAdmins oder Programmierer, aber wir haben uns mit Fleiß, Kreativität, Motivation und Ausdauer in Parlamente und Räte gehackt.
Wir sind als Partei mit Abgeordneten in Landtagen und Mandatsträgern auf kommunaler Ebene in der einzigartigen Situation etwas erreichen zu können.
2015 ist das Jahr, in dem wir uns entscheiden müssen…
Wollen wir unsere Energie darauf verwenden, uns mit anderen, zum Teil fragwürdigen Gruppierungen auf unzähligen Nebenschauplätzen zu verausgaben? Wollen wir uns innerparteilich weiter bekämpfen und uns über soziale Medien zu beleidigen? Oder wollen wir endlich wieder ein wertvoller Teil dieser Community sein, aus der wir hervor gegangen sind und als einzige Partei dem ausufernden Überwachungsstaat konsequent den Kampf ansagen?
Wir werden gebraucht!