Ahoi,
Also, da war ich dann am Donnerstag, den 12.02.2015 bei der IHK in Augsburg und noch einmal am 20.02.2015 in Memmingen. Besonders interessant, war der 12.02.2015, als der US-Generalkonsul Bill Moeller anwesend war. Vorbereitet hatte ich mit einigen Fragen, die im Laufe des Vortrags und der Podiumsdiskussion beantwortet wurden.
Deshalb habe ich Markus Ferber dann nur eine Frage gestellt, nämlich zum Antrag der Fraktionsgemeinschaft Die Linke/Piraten vom 12.10.2014; Position zum Freihandelsabkommen, im Bezirkstag Schwaben:
Der Bezirkstag Schwaben fordert im Einklang mit den bayerischen Landtagsfraktionen, den Kommunen und dem deutschen Städtetag auf Grundlage der bisherigen Vertragstextveröffentlichungen, die Verhandlungen zu den sogenannten Freihandelsabkommen CETA, TTIP und TISA auszusetzen und sicherzustellen, dass weder die kommunale Daseinsvorsorge, die Souveränität demokratischer Strukturen noch die mittelständische lokale Wirtschaft durch solche internationalen Verträge beeinträchtigt werden können; im Besonderen soll die Einrichtung von neuen Investitionsschutzvereinbarungen und internationalen, nichtstaatlichen Schiedsgerichten unterbleiben.
Das Abstimmungsergebnis damals war einstimmig, sprich 27 : 0.
Frage dazu an Ferber: „Was antworten Sie dem Bezirkstag, insbesondere, Ihren Parteifreunden, die dort eine Mehrheit haben?“
Die Frage beantwortete er logisch und mit Überzeugung. Die CSU hat keine Mehrheit im Bezirkstag, zumindest nicht die absolute. Sobald die Bezirksräte Gelegenheit gehabt hätten, sich von den tatsächlichen Inhalten und Vertragsgegenständen überzeugen zu lassen, werde diese bisherige Ablehnung in Zustimmung umschlagen. Zumindest bei der Mehrheit.
Nur, was er dabei nicht registriert und ebenso wenig logisch gefolgert hat: Das Nichtwissen um die Inhalte und Konsequenzen des TTIP-Abkommens beruht auf dem Mangel an Wissen darüber. Ein Pirat würde sagen: Da fehlt es an Transparenz, besser an Transparenz forte.
Dieser Umstand sorgt für Unsicherheit und emotional genährte Ablehnung. Mich wundert die kritische Haltung vieler nicht. Weitere Fragen, die ich hatte, waren wie gesagt bereits beantwortet:
Das strittige Abkommen soll der Harmonisierung von Standards dienen, um Unternehmen die Geschäftstätigkeit im gesamten Wirtschaftsraum der Vertragspartner zu erleichtern. Reichlich inkonkret und intransparent bleibt dabei, auf welche Standards sich die Harmonisierung bezieht.
Rechtsstandards? In Europa gilt als wichtiger Produktstandard das Vorsorgeprinzip, welches bedeutet, dass ein Unternehmen für seine Produkte, Waren, Dienstleistungen und Aktivitäten und dessen Auswirkungen verantwortlich ist und im Falle einer Klage wegen Schädigung des Kunden oder auch weiterer Betroffener das Unternehmen den Beweis erbringen muss, dass der Schaden nicht aus dem bestimmungsgemäßen Gebrauch oder gegenüber Dritten nicht durch seine Aktivitäten entstanden ist. In den USA ist das genau umgekehrt. Dort muss der Geschädigte nachweisen, dass der Schaden vom beklagten Unternehmen ausgeht. Werden sich EU und USA auf eine einheitliche Rechtsgrundlage einigen? Ist das vorab als Zielsetzung überhaupt vereinbart worden? Das wollte ich wissen. Diese Frage wurde so beantwortet:
Die beiden Rechtsstandards bleiben unberührt. Wer in einem Teilnehmerland verkaufen will, muss dessen Standard erfüllen. Das soll so gelten.
Falls diese Rechtsauffassungen auf beiden Seiten unberührt bestehen bleiben, was nützt den Verbrauchern dann das Abkommen? Der Verbraucher hat zukünftig Zugriff auf mehr Produkte aus beiden Wirtschaftsräumen, damit mehr Auswahl und der Wettbewerb steigt. Dies zwingt die Anbieter einerseits zu mehr Qualität, andererseits aber zu mehr Preisbewusstsein. Der Kunde entscheidet beim Kauf.
Oder geht es um technische Standards? Wir Kontinentaleuropäer messen, wiegen, beschreiben und quantifizieren seit Jahrhunderten mit einem metrischen System, das längst im größten Teil der Welt anerkannter Standard ist. Sogar in China und Japan. Das metrische System ist längst auch in den USA ein anerkannter Standard. Dies wurde bereits Ende der 70er Jahre so vereinbart. Nur haben die USA das bisher nicht umgesetzt und lehren es auch nicht in Schulen. An dieser Situation wird sich nichts ändern. Ob der Verkauf von Waren in Maßen und Gewichten des metrischen Systems künftig auch in den USA möglich sein wird, ist noch nicht klar.
Die USA messen, wiegen, beschreiben und quantifizieren nach wie vor im Messsystem eines längst gestorbenen Königs von England aus dem deutschem Haus Hannover (Georg III). Noch komplizierter wird es bei den technischen und physikalischen Einheiten. So rechnen die USA Energie in BTU oder gar Steinkohleeinheiten, die sich von unseren unterscheiden. Dabei sind sogar die Definitionen technisch unterschiedlich. Wir in Europa rechnen jedoch in Joule, wahlweise Wattstunden. Wie sollen unter solchen Bedingungen Preise und Produktqualitäten verglichen werden?
Auch hier sehen die Verhandlungspartner keinen Bedarf zur Schaffung eines einheitlichen Systems. Ein anwesender Ingenieur erklärte dazu, das sei auch gar nicht notwendig, denn die Ingenieure beiderseits des Atlantiks wären ausreichend geübt darin, die unterschiedlichen Maße exakt umzurechnen. Nun, wenn man von den eben doch aufgetretenen Rechenfehlern bei zwei international entwickelten Mars-Sonden der NASA (am Mars zerschellt, knapp 500 Mio. Dollar Verlust) und den wegen des Einheitenwirrwarrs zu kurz geratenen Kabelbäumen des Airbus 380, dessen Markteinführung deswegen um Jahre verzögert und um Milliarden teurer wurde, absieht, und sich auch nicht wundert, warum der Airbus M bis heute nicht fliegt, dann ist das tatsächlich vernachlässigbar. Und es schafft schließlich auch Wirtschaftswachstum, wenn man solche Großprojekte lieber zweimal durchführt.
Teil 2 des Artikels folgt am Sonntag, den 8.3.15 !