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Stop the Trojan treaty – Brussels 04/02/15| Mehr Demokratie | CC BY 2.0|
Ja, beim Thema Transparenz zeigt sich, warum ich Pirat bin. Und nicht etwa CSU, SPD oder gar GRÜNER, LINKER oder ÖDP und warum schon gar nicht FDP. Nein, ich bin ein authentischer Liberaler. Und als solcher natürlich für direkte Demokratie und Transparenz.
Die Antworten von Markus Ferber auf diese Fragestellungen sind eindeutig:
Zunächst mal beruht die Aufnahme der Verhandlungen auf einem Mandat des letzten Bundestags, welches der Kanzlerin die Zustimmung dazu in der Runde der 27 Regierungschefs in Europa Anfang 2013 ermöglicht hat. Zu Beginn der Legislaturperiode 2009 war das Thema noch gar nicht aufgerufen. Der Vorschlag dazu kam von Barack Obama Ende 2012.
Und natürlich – so Ferber – ist es die Aufgabe und die Verantwortung der zu dem jeweiligen Zeitpunkt gewählten Abgeordneten, über diese Mandate zu entscheiden. Was sie getan haben. Mit einer breiten Mehrheit über die damalige Koalition hinaus. Die Zuständigkeit dazu liegt laut Lissabonvertrag bei der EU.
Ferber hat versichert, dass zu diesem Vertrag – sofern er überhaupt zu Stande kommt – die Zustimmung des Europaparlaments ebenso notwendig ist wie die des Bundestags und auch des Landtags.
Nun bin ich gestern gleich noch nach Memmingen gefahren, um noch mal nachzuhaken und zu sehen, ob die Menschen in Memmingen genauso brav sind, wie die bei der IHK.
Das Bündnis gegen TTIP in Memmingen habe ich während der Veranstaltung bemerkt, als Rupert Reisinger gesprochen hat. Aber da ich einer der ersten vor Ort war, habe ich mich bis zum Beginn mit Leuten bei mir am Tisch unterhalten. Es war so voll, dass ich vor lauter Leuten kaum Menschen erkennen konnte. Piraten konnte ich keine begrüßen. Es waren zwei Leute da, deren Status und Zugehörigkeit zu uns mir aktuell nicht bekannt sind. Unsere Verwaltung hängt dabei hinterher. Einer hat mich gegrüßt, der andere hat mich übersehen.
An Piraten hat es also wieder einmal sichtbar gemangelt. Das Schwabenplenum wird das Thema ja auf der Agenda haben und ihr seid herzlich eingeladen. Am Sonntag spricht Walter Häfeker über TTIP.
Ich gebe den Advocatus Diaboli. Ferber hat die Dinge auch hier natürlich komplett positiv dargestellt. Ich bin Pirat und wie die meisten Piraten, mit denen ich spreche, bin ich für Freihandel. Insofern finde ich es wichtig, die Befürworter genau anzuhören.
Von prinzipiellem „Dagegen“ halte ich nichts. Piraten sind Leute, die den Zusammenhängen auf den Grund gehen und nicht einfach mal gegen alles anrennen, nur weil es von einer ungeliebten konservativen Elite kommt.
Ferber hatte einige sachliche und gute Argumente und Erklärungen. Zudem hat er Quellen genannt, in denen Etliches nachprüfbar ist, was jedem freisteht, um es zu nutzen. In Memmingen wurden etliche Szenarien von Gegnern aufgebaut, die beim ersten Hinsehen schon jegliche Grundlage verlieren. In den Beiträgen ist mir immer wieder aufgefallen, dass viele Gegner nicht zuhören, sondern mit genau den gleichen Vorwürfen und Mutmaßungen daherkommen, auf die Ferber bereits im Vortrag geantwortet hat und die argumentativ widerlegt sind. Und da ist dann für mich die Grenze erreicht, an der ich den Widerstand eben nicht mehr unterstütze. Wer den Pfad der Rationalität verlässt, den unterstütze ich nicht. Zur Not auch die eigene Partei. Aber die verhalten sich dann auch nicht mehr wie Piraten, sondern wie Grüne, Linke, ÖDP oder irgendwelche Aktivisten. Dann sollen sie aber bitte auch dort Mitglied werden und die Piraten Piraten sein lassen.
Von einem Wettbewerb, welche Gruppe Grundsatzopposition und Generalprotest am lautesten und wahrnehmbarsten vorträgt, halte ich nichts. Und wenn das bei uns so weitergeht, dann erledigt sich das Thema für mich auch mal.
Die Erläuterungen zum Thema „regulatorische Kooperation“ und „Investitionsschutz“ von Markus Ferber waren für mich durchweg klar und deutlich. Er hat aufgezeigt, wo für ihn die Linien sind und was er nicht mitträgt. Es geht nachlesbar weder um eine Legalisierung gesicherter Einflussnahme für Lobbyverbände und Konzerne, noch um die Möglichkeit des Untergrabens von Schutzstandards. Es geht bei der „regulatorische Kooperation“ um eine verbindliche Informationspflicht und beim „Investitionsschutz“ um die Sicherstellung von Entschädigung durch Verstaatlichung und im Falle nachträglicher Gesetzesänderungen. Ein Beispiel dafür war Italien: Investoren aus Bayern haben ihre Kalkulation auf Basis der gesetzlich festgelegten Vergütung für PV-Strom getätigt. Jetzt senkt der italienische Staat die Höhe der Vergütung, auch für Bestandsanlagen – was in der BRD verfassungsrechtlich nicht rechtmäßig wäre – und die Investoren haben Verluste. Der Investitionsschutz würde nun dafür sorgen, dass der Verlust vom Staat kompensiert werden muss. Mit Italien brauchen wir den nicht, da wir in gleichen Land leben, der reguläre Rechtsweg gesichert ist und Italien ein funktionierendes Rechtssystem hat.
Im Fall der Ukraine, mit der die EU erst im Dezember ein Freihandelsabkommen ähnlich CETA und TTIP abgeschlossen hat, geht ohne Investitionsschutz nichts. An diesem Abkommen hat sich komischerweise niemand gestört, auch nicht an dem, das wir gerade mit Japan verhandeln oder dem, das vor ein paar Jahren mit Südkorea geschlossen wurde.
Vor allem thematisiert niemand der Gegner, dass der Verhandlungsstand noch weit davon entfernt ist, den Befürchtungen und Horrorszenarien eine valide Grundlage zu geben.
Von geistigen Irrlichtern vergleichbar mit einem Arzt, der am Ende mit einer Anti-Liberalismus-Demagogie-Stunde und dem Thema Krankenhäuser in KF-OAL einfach nur eine Bühne für seine eigenen Wichtigkeit gesucht hat, habe ich keinen Kritiker gehört, der sich mehr hätte trauen müssen, als das, was gefragt und eingewendet wurde. Mir wäre es im Gegenteil lieber gewesen, wenn die Kritiker sachlicher gewesen wären und die Erläuterungen und Antworten, zu ihren Einwänden auch aufgreifen würden.
Was fehlt ist die Transparenz. Die Sichtweise, klassifizierte Dokumente als heilige Kühe und Fetische zu betrachten, teile ich nicht. Ich bin Pirat. Das Mindeste an Transparenz ist für mich die Veröffentlichung der Tagesordnungen zu den Verhandlungsrunden, der Ergebnisprotokolle und eine deutliche Einschränkung der Kriterien, um Dokumente als klassifiziert zu qualifizieren, sowie eine unabhängige Kontrolle der Klassifizierung.
So einfach und mittelmäßig treudeutsch wie Ferber und Kollegen das gern hätten (es ist ja schließlich Gesetz, also muss klassifiziertes auch geheim sein) akzeptiere ich das nicht. Wenn das so ist, dann gehören schleunigst hohe gesetzliche Maßstäbe an die Klassifizierung von Dokumenten angesetzt. Wenn die unsere Daten und unsere Privatsphäre so respektieren würden, wie sie das von uns gegenüber solchen Verhandlungsdokumenten verlangen, wäre viel gewonnen.
Zu mehr Demokratie gehört für mich auch, dass selbstverständlich solche Abkommen einem Volksentscheid standhalten müssen, falls das Volk dies qualifiziert wünscht.
Das Modell von „www.fuervolksentscheide.de“ oder auch Mehr Demokratie e.V. ist diesbezüglich längst überfällig. Aber derzeit fokussiert sich die oppositionelle Arbeit außerhalb der Parlamente auf Gegen-Initiativen.
Wo bleiben die besseren Vorschläge? Die Piraten waren mal eine Partei, die zu Vorhaben „Ja“ sagt, die diese durchleuchtet und transparent macht, verbessert und am Ende auch zustimmt, wenn alle notwendigen Probleme gelöst und alle Mutmaßungen widerlegt sind.
Es gab gestern einen CSUler, der den Kritiker gegeben hat. Der war so gut im Thema, dass ich schon den Verdacht habe, das war eine gestellte Situation. Die CSU ist und bleibt für mich eine staatsautoritäre, obrigkeitshörige Partei, die handelnde und allmächtig entscheidende Eliten demokratischen Prozessen vorzieht.
Auf meiner Seite des Saals war das Verhältnis von Gegnern und Befürwortern ausgewogen wahrnehmbar. Es gab die üblichen, kritikfreien Hard-Core Claqueure auf beiden Seiten. Erratische bis irrational-verschwörungstheoretische, sachbezogenheitsfreie Redner gab es allerdings nur auf der Seite der Gegner.
Josef Miller, der Ex-Landwirtschaftsminister, hat einen abschweifenden Redebeitrag im Stil der schwarzen Dinosaurier gepaart mit Sendungsbewusstsein gehalten. Miller ist für mich der Prototyp des alten Parteiredners. Mir schreckt der Pathos solcher Leute einfach nur ab.
Gerd Hoffmann von Mehr Demokratie e.V. meinte zu mir: „Der Wind gegen TTIP und CETA wird noch viel schärfer werden und da muss sich auch die CSU überlegen, was ihr wichtiger ist. Die nächste Wahl kommt bestimmt. Du wirst sehen, was die plötzlich für eine Kehrtwende machen werden, wenn sie spüren, dass ihnen die Wähler davonlaufen.“
Das weiß ich. Die CSU dreht ihre Meinung immer nach dem Wind. Das wäre auch bei der Energiewende so, wenn eine ausreichend große Menge Menschen sich bewusst würde, wie wichtig die Umsetzung ist und dass ein „weiter so“ zu einer exponentiell wachsenden Hypothek für die nächsten Generationen wird. Ich weiß aber auch, dass der Zeitpunkt für die Verhandlungen sehr günstig gewählt ist. Die Strategie lautet, das Abkommen umzusetzen. Das Kalkül geht dahin, dass die Wähler bis dahin den Ärger vergessen haben.
Dass der Gegenwind schärfer wird, kann ich nicht erkennen. Ich erkenne, dass sich aktuell die Positionen der Gegner verhärten und eigensinnig auf ihren einmal festgelegten Standpunkten verharren. Während die Befürworter eine wesentlich flexiblere Taktik an den Tag legen. Und das ist ein größeres Problem.
Am Sonntag, den 15.3.15 erscheint der letzte Teil des Artikels.