
Im Landtag |November| CC BY 2.0 Kacper
Jede dritte Bahn wird in Schleswig-Holstein von Kameras überwacht.

Lückenlos werden die Fahrgäste gefilmt. Dazu hatte das schleswig-holsteinische Wirtschaftsministerium am 01.12.14 die Deutsche Bahn und die Nordbahn mittels entsprechender Verträge verpflichtet.
Dies trage dem Bedürfnis der Fahrgäste nach Sicherheit Rechnung, heißt es offiziell.
Doch tut es das wirklich? Was bringen die Kameras effektiv für die Sicherheit der Fahrgäste?
Die Zahlen geben eine desillusionierende Antwort: 2012 wurden laut der landesweiten Verkehrsservicegesellschaft (LVS) in Schleswig-Holstein insgesamt knapp 53 Millionen Fahrgäste befördert – 64 Gewaltdelikte in Nahverkehrszügen zählte die Bundespolizei.
„Also liegt das Risiko, hierzulande im Zug Opfer einer Gewalttat zu werden, bei 1:800.000. Das entspricht etwa der Wahrscheinlichkeit vom Blitz getroffen zu werden.“, errechnete Patrick Breyer, Landtagsabgeordneter der Piraten in Kiel.
Nur bei 7 der 311 Gewaltdelikte aus dem Jahr 2013 wurden mithilfe von Bildern aus den Überwachungskameras ein möglicher Täter ermittelt. Über Verurteilungen dieser Täter war nicht einmal Datenmaterial verfügbar. Das ist eine vernichtende Bilanz, vor allem, weil viele Menschen auch noch glauben, dass sie notfalls durch die Kameraüberwachung Hilfe bekämen. Doch dies ist nicht möglich, da es sich nur um Bandaufzeichnungen handelt.
“Alle Bahnfahrer in Schleswig-Holstein flächendeckend unter Generalverdacht zu stellen, ist völlig inakzeptabel. Dabei schafft eine Video-Bandaufzeichnung in Zügen die bloße Illusion von Sicherheit. Diese vorgetäuschte Sicherheit rechtfertigt es nicht, tausende rechtschaffener Menschen alltäglich zu überwachen. Gewaltdelikte in Schleswig-Holsteins Zügen sind außerordentlich selten und werden auch ohne Videoüberwachung zu 77% aufgeklärt.“, erklärte Patrick Breyer schon im Dezember 2014. Doch vor wenigen Tagen hat die Kritik der Piraten das Fernsehen erreicht.
Kritisch stellt der NDR in einem Fernsehbeitrag zum Thema fest: Was tun wir in Zügen? Mit wem unterhalten wir uns und mit welcher Mimik? Wem gehören diese Daten? Die Kameraüberwachung sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, insbesondere dann nicht, wenn die Daten gespeichert würden. Außerdem zeigt der Fernsehbeitrag die Kamerakarte der Piraten, die die Kameras in Schleswig- Holstein dokumentiert.
Dank dieser Karte können sich Bürgerinnen und Bürger über die Standorte öffentlicher Kameras informieren und selbst neue Kamerastandorte einstellen.
Im Sommer 2015 wird der Landtag in Kiel über den Antrag der Piraten zur Abschaffung der Überwachung in Nahverkehrszügen entscheiden. Hoffentlich beflügelt die Medienaufmerksamkeit den Piratenantrag und macht der anlasslosen Überwachung in Zügen ein Ende.
Zum entsprechenden Video geht es hier.