
Kein Fussbreit - nach einem <a href="https://www.flickr.com/photos/polarity/4980452704/in/photolist-rGuKMe-bT5Q8Z-mmftzp-o9Hv6k-nmZUVs-a4LaXv-nSuKVt-o9ZwyT-obKB2V-nSwsTR-o9VHBQ-obKBTz-8A71tw-8A45rp-8A785d-8A7bJN-8A6WbG-8A45UM-8A3Z96-8A6ZTC-8A3SpF-8A431T-8A3YtB-8A43LP-8A3Vx8-8A3XQV-8A6WLy-8A77HA-8A78Mo-8A74UQ-8A7487-8A3Vaz-8A44mK-8A3NK4-8A6UUW-8A3RfR-8A6TZ5-o9HecB-nSDZrS-jGeFFj-2onmZ-2onpH-eCaxRj-bo5WQ6-mmeY3a-mmgYA9-9EbKGn-mmeD8B-mmaBzd-mmfutZ">Original</a> von <a href="https://www.flickr.com/photos/polarity/"> Robert Agthe</a> | CC BY 2.0 Michael Renner
Flaschenpost: Sie engagieren sich gegen Rechtsextremismus. Liegt das daran, dass Ihr Wahlkreis Dortmund als rechte Hochburg gilt?
Thorsten Hoffmann: Nein, ich engagiere mich gegen Rechtsextremismus, weil ich Demokrat bin und weil ich Hass und Gewalt ablehne. Dass ich mich speziell gegen die Gruppierung „Die Rechte“ engagiere, hat aber natürlich etwas mit meiner Herkunft aus Dortmund zu tun. Dieses Bild von der rechten Hochburg stört mich, denn das Dortmund, das ich kenne, ist bunt und vielfältig. Und genau das müssen wir den Menschen deutlich machen, hier sehe ich meine Aufgabe als Demokrat und als Bundestagsabgeordneter.
Flaschenpost: Sie schreiben in Ihrem Blogpost „Mehr Mut gegen Rechts“: „Wir dürfen den Kampf gegen Rechts nicht den Antifaschisten überlassen, wir müssen uns den Neonazis als Demokraten entgegenstellen.“ Wie könnte bürgerlicher Widerstand gegen Rechts aussehen?
Thorsten Hoffmann: Der Kampf gegen die Rechten braucht mehr Mut. Gerade in Dortmund lebt diese winzige Minderheit ja davon, dass sie Angst verbreitet – denken Sie an die Angriffe auf Journalisten. Dabei ist es eine klitzekleine Gruppe, über die man eigentlich lachen müsste. Da brauchen wir Vorbilder, die aufstehen und die Furcht überwinden. Dazu möchte ich die Menschen ermutigen. Im Stadtrat sitze ich seit der Wahl neben dem Mitglied der Rechten, und ich habe keine Angst.
Was ich mit der Aussage aber auch meinte: Wir Demokraten sind, wenn wir für unsere Werte kämpfen, stärker als wir denken. Die Antifa mit ihrem schwarzen Block schadet diesem Kampf. Man muss nicht linksextrem sein, um gegen Rechtsextreme zu sein. Solange Engagement gegen Nazis mit abstrusen politischen Zielen verquickt wird, schafft man keine Akzeptanz in der bürgerlichen Mitte. Die aber brauchen wir, wenn der Kampf gegen Nazis ein bürgerliches Gesicht bekommen soll.
Flaschenpost: Aussteigerprogramme wie „Exit“ und „Xenos“ leiden unter chronischem Geldmangel oder mussten inzwischen wegen auslaufender Förderungen sogar die Arbeit einstellen. Gibt es nach den Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte Morddrohungen gegen Politiker und der versuchten Stürmung des Rathauses in Dortmund durch Neonazis Überlegungen solche Initiativen finanziell besser auszustatten?
Thorsten Hoffmann: Wenn es zu solchen gewalttätigen Übergriffen kommt, helfen natürlich nur noch Zivilcourage und die Polizei. Damit es erst gar nicht soweit kommt, brauchen wir aber Prävention. Dazu zählen für mich auch solche Aussteigerinitiativen. Ich finde deshalb: Dieses Engagement gegen Rechts darf nicht am Geld scheitern. Um über mögliche Wege zu reden, habe ich in den kommenden Wochen zahlreiche Gespräche vereinbart, auch mit Exit.
Flaschenpost: Wir feiern am 8. Mai den Tag der Befreiung von der Nazi-Diktatur. Gleichzeitig lesen wir immer häufiger von Hakenkreuzschmierereien, von fremdenfeindlichen Parolen, Antisemitismus und der Vorstellung, ein von äußeren Einflüssen isoliertes Deutschland wäre ein besseres Deutschland. Wie kann es zu so viel Geschichtsvergessenheit kommen?
Thorsten Hoffmann: Im April hat Infratest-Dimap eine Umfrage zum Thema Flüchtlinge durchgeführt. Das Ergebnis: Die große Mehrheit der Deutschen ist bereit, mehr legale Einwanderungsmöglichkeiten zu schaffen, mehr Flüchtlinge aufzunehmen und sich finanziell stärker zu engagieren. Das meine ich, wenn ich sage, dass wir als Demokraten selbstbewusster sein dürfen. Es ist nicht alles so düster, wie es oft gemalt wird. Gerade junge Menschen haben meist ein breites Wissen über unsere Geschichte und eine klare Vorstellung von unserer Verantwortung in der Welt – und das freut mich unheimlich.
Wir sollten uns zudem darüber klar sein: Mit Aufklärung erreicht man niemals alle. Die Typen von Die Rechte sind nicht Nazis geworden, weil sie es nicht besser wussten, sondern aus einer sehr bewussten Entscheidung gegen Demokratie, Freiheit und Offenheit. Und das ist auch der Grund, weshalb wir sie bekämpfen müssen.
Flaschenpost: Mit welchen Mitteln wollen Sie diesen Kampf führen?
Thorsten Hoffmann: Mit Öffentlichkeit und Aufklärung. Denn nur so können wir es schaffen, dass sich viele Menschen aus der Mitte der Gesellschaft mutig gegen rechts positionieren. Oft höre ich leider auch die Meinung, dass man besser nicht über die Nazis sprechen sollte. Dies schade dem Ruf der Stadt und würde den Rechten in die Karten spielen. Diese Ansicht respektiere ich, aber ich halte sie dennoch für falsch. Nur wenn wir uns bekennen, können wir die Angst ein für alle Mal besiegen.
Wie uns finanzielle Mittel auf diesem Weg helfen können, werde ich in den kommenden Tagen und Wochen mit Vertretern von verschiedenen Initiativen besprechen.
Flaschenpost: Vielen Dank für die ausführlichen Antworten Herr, Hoffmann. Für Ihr Engagement wünschen wir Ihnen viel Erfolg.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.