
CC-BY-2.0 | Piratenpartei Deutschland

1,35 % in Bremen, 2,5% in Bremerhaven. Das liegt im Bereich dessen, was anhand der Umfragen zu erwarten war. Nicht toll, aber für eine Partei, die schon oft für tot erklärt wurde, doch deutlich mehr als ein letztes Zucken. Dabei waren sich die Parteienforscher beim Blick auf die Piratenpartei einig: Noch nie habe eine Partei, die unter die 5% rutschte, ein Comeback geschafft.
Doch diese Aussage ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Zuerst vor allem deswegen, weil sie nicht wahr ist! Als Beispiele der jüngeren Geschichte gilt die FDP, die in ihrer Geschichte schon so manches mal den Einzug in ein Parlament verpasste, um bei der nächsten Wahl wieder punkten zu können (u.a. in die Bürgerschaft in Hamburg, div. Landtage und ins EU-Parlament). Auf Bundesebene lassen sich die Grünen als Beleg aufführen. Sie scheiterten 1990 mit ihrem Spasswahlkampf „Alle reden von Deutschland. Wir reden vom Wetter“ mit 4,8 Prozent. Erst 1994, inzwischen vereinigt mit dem „Bündnis 90“, gelang der Wiedereinzug.
Doch es gibt einen zweiten Denkfehler in der Aussage „noch nie habe eine Partei ein Comeback geschafft“. Jeder, der jemals Aktien kaufte, wurde darauf aufmerksam gemacht, dass aus der (Kurs)-Entwicklung der Vergangenheit nicht auf die Zukunft geschlossen werden kann. Während Unternehmen die richtigen Produkte entwickeln müssen, genug Käufer brauchen uns sicher auch vom richtigen Zeitpunkt profitieren können, um am Markt zu punkten, braucht eine Partei das richtige Programm, den richtigen Zeitpunkt und die passenden Kandidaten, um Wahlsiege einfahren zu können.
Dass es mit den Piraten bergauf geht, lässt sich unabhängig von den 2,5% in Bremerhaven an einer weiteren Beobachtung festmachen: Der Wahlkampf im Hamburg in Thüringen verliefen ohne grosse Fehler und Störfeuer aus der Partei selbst. Jetzt, zu Bremen, sorgte der 2014 aus der Partei ausgetretende Christopher Lauer, inzwischen Mitarbeiter der Spinger AG (BILD), mit einer erkennbar gewandelten Einstellung zum Leistungsschutzrecht für Aufmerksamkeit. Das 2015-ner Flaggengate, die Entscheidung die piratige Antifaflagge nicht mehr über den P-Shop zu verkaufen, löste zusätzliche Diskussionen und Streitigkeiten aus. Beides waren kleinere Ereignisse, die kaum Verbreitung bis zum Wähler in Bremen und Bremerhaven gefunden haben dürften. Es war, so muss es im Rückblick betrachtet werden, ein Indiz auf gewachsene Chancen – und die Rückkehr alter Verhaltensmuster.
Die Piratenpartei in Island führt derzeit in Umfragen mit über 20%, in Deutschland wurden wir in den neusten Sonntagsfragen immerhin wieder gelistet. Wir sind zumindest bei INSA keine Partei mehr bei den Sonstigen, sondern eine Partei mit eigener Spalte. Nach der Wahl in Bremen wird die Zahl in unsererer Spalte langsam grösser werden. Von 2% auf vielleicht 2.5%, begleitet von steigenden Werten in den Ladesumfragen, dann vielleicht eigene Spalten bei den anderen Umfrageinstituten bis sich unser Wert überall der magischen Schwelle von 5% nähert. Diese Entwicklung ist jedoch kein Automatismus. Es braucht das passende Programm, die richtigen Kandidaten und den richtigen Zeitpunkt. Gates und Shitstorms schaden dabei ungemein. Diejenigen, die sie lostreten, werden das wissen.
Bremen und Bremerhaven hatten sie jedenfalls, die passenden Kandidaten und mit dem Programm den Achtungserfolg, der hoffen lässt! Als Spitzenkandidat für Bremen hat aber nicht nur Robert Bauer für ein gutes Ergebnis gekämpft, sondern auch René Russell für Bremerhaven und Alexander Niedermeier bei der Stadtverordnetenwahl in Bremerhaven für eine zweite Amtszeit, um seine Arbeit weiterzuführen. Mit ihnen haben sich viele Piraten aus den Landesverbänden und zahlreiche Wahlkämpfer und Wahlkämpferinnen engagiert. Wir gratulieren allen!
Ein herzliches Dankeschön für so viel Einsatz und persönliches Engagement!
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.