1000 Demonstranten blockierten am 21. August im sächsischen Heidenau die Bundesstraße 172, um zu verhindern, dass Flüchtlinge im leerstehenden Baumarkt der Kleinstadt untergebracht werden können.
Die NPD und die von ihr kontrollierte „Anti-Asyl-Initiative Heidenau – Hört zu“ hatten kurzfristig zu Demonstration in Heidenau aufgerufen, denn erst letzten Mittwoch hatte die Gemeinde erfahren, dass der einstige Baumarkt zukünftig 600 Flüchtlingen als Notunterkunft dienen sollte. Seit diesem Tag hatte die NPD jeden Abend vor der Unterkunft demonstriert. Der Polizei war bekannt, wie zahlreich die Rechten in Heidenau vertreten waren.
Trotzdem hatte niemand die Eskalation von Freitagnacht kommen gesehen: 1000 Rechte lieferten sich mit der Polizei eine Straßenschlacht. Die Demonstranten warfen Steine, Böller und Flaschen – die Polizei versuchte mittels Tränengas und Pfefferspray die Lage unter Kontrolle zu bringen. Gegen Mitternacht wurden 93 verängstigte Flüchtlinge in die Notunterkunft gebracht.
Laut der Pressemitteilungen waren viel zu wenige Polizisten im Einsatz – die Ordnungshüter wirkten überfordert und 31 Polizisten erlitten Verletzung.
Kaum vorstellbar ist allerdings, wie es den verängstigten Flüchtlingen ergangen sein muss, als sie mitten in der Nacht, bedroht von Nazis, in eine so menschenunwürdige Unterkunft gebracht wurden. 200 bis 300 Flüchtlinge kommen momentan jeden Tag nach Sachsen, im letzten halben Jahr waren es insgesamt 14.500 – das sind drei Mal so viele Menschen im letzen Jahr. Die Landesregierung in Sachsen ist damit überfordert.
In Laufe des Samstags wurden trotz der unsicheren Lage weitere 250 Flüchtlinge mit Bussen in den Baumarkt gebracht. Etwa 250 Gegendemonstranten stellten sich dem rechten Mob entgegen, auch die Polizei verstärkte ihren Einsatz.
Doch unter Kontrolle hatte die Polizei die Situation nicht, denn am Samstagabend kam es erneut zu Ausschreitungen und die Polizisten waren immer noch unterbesetzt. Dabei hätte es nicht vieler Kenntnisse bedurft, um nach den tagelangen Protesten der Nazis die Eskalation vorauszuahnen. Schließlich wurden ein Drittel der der durch Rechtsextremismus motivierten Straftaten in diesem Bundesland verübt.
Die Situation in Heidenau ist zum Verzweifeln: Schaffen wir es nicht einmal die wenigen Flüchtlinge zu beschützen, die es nach ihrer lebensgefährlichen Reise nach Deutschland schafften? Müssen wir Menschen in einem ehemaligen Baumarkt unterbringen? War es notwendig weitere kriegstraumatisierte Flüchtlinge in diese Bedrohungssituation zu transportieren, wie es im Laufe des Samstags geschah?
Und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schweigt zu der Gewalt in Heidenau. Was tun gegen rechte Gewalt und Fremdenfeindlichkeit, wenn es nicht einmal die Kanzlerin für notwendig hält, ein Wort darüber zu verlieren?
Die Stadt Halle zeigt am selben Wochenende, wie man ein wirksames Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit setzen kann. 1000 Menschen versammelten sich am Samstagmorgen, 22.08.15 dort, um ein großes Willkommesfrühstück für Flüchtlinge zu veranstalten. Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) hatte dazu aufgerufen, dieses Zeichen für Weltoffenheit und der Willkommenskultur zu setzen.
An langen, von der freiwilligen Feuerwehr aufgebauten Tafeln picknickten die Menschen.
Mit zu Gast waren Schauspieler Peter Sodann und der Bundestagsabgeordnete Karamba Diaby.
Ein weiterer Erfolg der gelungenen Geste, an der sich so zahlreich Bürgerinnen und Bürger der Stadt beteiligten: Die NPD sagte ihre am Freitag, den 21.08.15 geplante Kundgebung in Halle-Neustadt ab. Halle war es gelungen, den Aufmarsch der NPD zu verhindern und ein Zeichen für Menschlichkeit und Solidarität mit Flüchtlingen zu setzen!
Davon brauchen wir mehr in diesem Land – denn es ist nichts verloren, solange wir die Kraft haben aufzustehen gegen rechte Gewalt und Fremdenfeindlichkeit!