Banken haben nicht erst seit der Finanzkrise einen schlechten Ruf. Die GLS Bank fiel jetzt positiv auf – gerade in den sonst so kritischen Sozialen Medien. Kein Wunder, denn das Spendenkonto von netzpolitik.org wird von der GLS Bank geführt. Die Kontonummer schaffte es auf Twitter mit dem Hashtag #DE62430609671149278400 sogar in die “Trending Topics”. Wir sprachen mit Johannes Korten, Online-Redakteur und Markencoach der Bank.
Flaschenpost: Zur GLS Bank gehört die wohl berühmteste IBAN der Welt. Wie fühlt es sich an, wenn die plötzlich auf Twitter trendet?
Johannes Korten: Darauf, dass die IBAN von netzpolitk.org trendet, hatten wir keinerlei Einfluss. Wir waren selbst überrascht, dass sich ausgerechnet die IBAN als Hashtag für die Unterstützung herauskristallisiert hat. Angesichts der Länge ist das ja eher ungewöhnlich.
Es ist aber nicht das erste Mal, dass ein Hashtag für positive Aufmerksamkeit bei uns sorgt. Bereits im Oktober 2011 hat unsere Unterstützung für die Occupy-Aktivisten vor der damaligen EZB in Frankfurt im Netz für Furore gesorgt.
Wir freuen uns, dass netzpolitik.org sich schon vor langer Zeit für uns als Bank entschieden hat. Bereits im vergangenen Jahr haben wir Markus Beckedahl ausführlich zum Thema Vorratsdatenspeicherung und Netzneutralität interviewt. Digitale Bürgerrechte und die offene Diskussion darüber sind uns wichtig.
Flaschenpost: Es gibt Investmentbanken, genossenschaftliche Banken, Aktienbroker, Sparkassen und einiges mehr. Was macht die GLS Bank aus?
Johannes Korten: Die GLS Bank macht aus, dass sie seit ihrer Gründung vor nunmehr 41 Jahre klare Positiv- und Negativkriterien hat, was sie mit dem Geld ihrer Kundinnen und Kunden finanziert und was nicht. Besonders ist auch die große Transparenz. Jeder gewerbliche Kredit wird im hauseigenen Kundenmagazin mit Name, Investitionszweck und Summe veröffentlicht, sodass die Kundinnen und Kunden jederzeit nachvollziehen können, wo mit ihrem Geld sinnvolle Dinge verwirklicht werden können.
Ansonsten sind wir eine Genossenschaftsbank, bei der die Menschen vom Girokonto bis hin zur Altersvorsorge alle ihre finanziellen Belange abwickeln können.
Flaschenpost: Es ist ungewöhnlich, dass sich eine Bank öffentlich für die Ziele ihrer Kunden einsetzt. Euer Spendenaufruf für netzpolitik.org ist nur ein Beispiel von vielen. Gehört das zum Geschäftsmodell?
“Geld ist für die Menschen da”, so lautet eine unserer zentralen Aussagen. Wir wollen menschliche Grundbedürfnisse finanzieren. Dabei unterstützen wir immer wieder und frühzeitig wichtige soziale und ökologische Bewegungen. So waren wir 1988 die erste Bank, die aktiv Windkraft und damit regenerative Energien finanziert hat. Wir haben seit vielen Jahren unser GLS Spendenportal, auf dem gemeinnützige Initiativen, die bei uns ihr Konto haben, Spenden einwerben können. Die eng mit uns verbundene GLS Treuhand e.V. betreibt seit kurzem eine eigene Crowdfunding-Plattform, auf der Initiativen projektbezogene Gelder einsammeln können.
Flaschenpost: Sind das die Projekte, die im Blog der GLS Bank vorgestellt werden?
Johannes Korten: Die Projekte werden unter www.gls-gemeinschaftscrowd.de vorgestellt. Dort findet auch das Einwerben der Gelder statt. Im Blog berichten wir über Themen aus der Bank und von der Bank selbst finanzierte Projekte. Besonders spannende Funding-Projekte spielen im Blog hin und wieder auch eine Rolle.
Flaschenpost: Die Finanzdienstleistungsbranche ist stark margen- und profitgetrieben. Transparenz und Kundenorientierung stehen damit manchmal in Konflikt. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie gehen Ihre Anteilseigner mit diesem Konflikt um?
Johannes Korten: Auch wir leben von Margen und zu weit geringerem Teil auch von Provisionen. Allerdings ist Gewinnmaximierung nicht unser Ziel. Unsere Nachhaltigkeit stellt die menschlichen Grundbedürfnisse wie Wohnen, Ernährung, Gesundheit, Energie und Bildung in den Mittelpunkt. Diese gilt es unter Bewahrung und Weiterentwicklung der ökologischen Ressourcen bestmöglich zu befriedigen. Wenn wir unsere Bankarbeit in diesem Sinne nachhaltig gestalten, bleibt am Ende ein Gewinn, aus dem wir unsere Kosten decken und unseren Mitgliedern eine moderate Rendite (1 bis 3 % pro Jahr) zahlen können.
Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Markt arbeiten ohne Vertriebsziele und -vorgaben und erhalten keinerlei Boni. Sie sollen und können die Kundinnen und Kunden also frei von ökonomischen Zwängen wirklich bedarfsgerecht beraten. Auch unseren Kundinnen und Kunden, das haben Befragungen in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt, geht der Sinn vor dem Gewinn. Ihnen ist die sinnstiftende Mittelverwendung wichtiger als die Kondition.
Flaschenpost: Gibt es weitere Kunden vergleichbar mit netzpolitik.org, die Sie bewusst und gezielt über die typischen Bankdienstleistungen hinaus unterstützen?
Johannes Korten: Wir stellen in unserem Blog und in den Sozialen Medien immer wieder spannende Initiativen und Projekte vor, deren Anliegen wir teilen und unterstützen möchten. Die Projekte decken dabei das gesamte Spektrum der Bank ab, von Umweltschutz über Bildungsinitiativen bishin zu ökologischer Landwirtschaft. Wir sehen uns in vielen Bereichen als aktiver Mitgestalter der Gesellschaft und bieten bei unseren bundesweit mehr als 500 Veranstaltungen pro Jahr immer wieder spannende Themen und laden zum Diskurs ein.
Flaschenpost: Können Sie schon erkennen, wie sich Ihr Engagement für netzpolitik.org auf Ihre Kundenzahl auswirkt? Bekommen Sie hinsichtlich Kunden verstärkt Zulauf?
Johannes Korten: Wir hatten am Montag und Dienstag einen leicht gestiegenen Neukundenzulauf zu verzeichnen. Dieser bewegt sich allerdings im unteren bis mittleren zweistelligen Bereich. Das war auch nicht Intention unseres Postings. Wir wollten bewusst Flagge zeigen für ein Thema, das uns wichtig ist. Es ging uns nicht darum, mit dieser Aussage Neukunden zu akquirieren. Besonders gefreut hat uns aber die hohe Anzahl an Rückmeldungen unserer Kundinnen und Kunden, die sich aufgrund unserer Positionierung in der Wahl ihrer Bank bestätigt sehen.
Flaschenpost: Vielen Dank für die Beantwortung unserer neugierigen Fragen.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.