Der Freund eines Freundes war am Abend der Anschläge in Paris. Er sah im „Stade de France“ dem Freundschaftsspiel zwischen Frankreich und Deutschland zu (was für eine Fügung) als die ersten Explosionen zu hören waren.
Es ist eine Tragödie. Tragisch die vielen Todesopfer, die zu beklagen sind. Familien verlieren Angehörige – geliebte Menschen, die ihnen entrissen werden. Freunde vermissen Freunde, die wir niemals wiedersehen. Wir stehen fassungslos zusammen und müssen den Schrecken erst begreifen, um die Trauer zuzulassen. Als Symbol dieses Beistandes rührte mich der Anblick des Brandenburger Tores in den Farben der Trikolore.
Mein Freund fragt, wie es weitergehen wird – und hebt den Blick in die nahe Zukunft. Er fragt voller Sorge, ob alle Flüchtlinge nun unter Generalverdacht stehen. Er fragt, ob diese Verdächtigungen und die daraus resultierende Gewaltbereitschaft sich nicht ausgerechnet gegen jene richten wird, die unsere Hilfe am Nötigsten brauchen. Er befürchtet, dass die Rechten jetzt noch mehr Stimmen und Gehör bekommen von all jenen „besorgten“, Angst erfüllten Biedermännern und -frauen.
Er formuliert mit seinen Fragen auch meine Sorgen. Und die Kriegsrhetorik beginnt bereits. Man spricht von „Kampf“, vom „NATO-Bündnisfall“ gar von „Krieg“. Es ist erschütternd, wie wenig die Verantwortlichen – also wir alle – aus der (allein jüngeren!) Vergangenheit gelernt zu haben scheinen. Nichts aus dem Irak gelernt, keine Lehre gezogen aus Afghanistan und nichts aus der jahrzehntelangen Gewaltspirale in vielen Teilen Afrikas (Kongo, Mali, Niger, Somalia, Sudan, Äthiopien und Eritrea – die „Liste der Konflikte in Afrika“ ist noch viel länger).
Was wird jetzt also kommen? Ein „Europäischer Winter“? Die Scharfmacher der CSU befeuern die Lage und die tumben Mitläufer aller Pegida-Ableger fühlen sich in allen Vorurteilen bestätigt und lassen in ihrem Rücken zu, dass sich der Mob gegen jene richtet, die dem Krieg zu entkommen glaubten.
Unausweichlich scheint die Entwicklung, weitere Überwachungsgesetzte zu ersinnen, Millionen und Milliarden in Geheimdienste, Überwachungsapparatur und militärische Aufrüstung zu pumpen. Unausweichlich scheint, unsere Bürgerrechte weiter zu bescheiden, um das „Supergrundrecht Sicherheit“ weit über das Grundgesetz zu stellen.
Doch Angst ist ein schlechter Ratgeber. Und schon immer hat Gewalt nur noch mehr Gegengewalt gezeitigt. Nur sehr wenige treten einen Schritt zurück und begreifen diese Spirale aus Angst, Hass und Gewalt. Allein die Norweger verweigerten sich nach den Amokläufen im Jahr 2011, diesem gewalttätigen Impuls „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ nachzugeben.
So unbegreiflich schrecklich und die in über einhundert menschlichen Tragödien endenden Einzelschicksale von Paris auch sind – sie dürfen nicht missbraucht werden, noch mehr Elend zu gebären. Unsere Welt ist voller Elend und menschlichen Tragödien. Tag für Tag, seit Jahren und Jahrzehnten.
Wer beweint die „mehr als einhundert Toten“, die täglich in Syrien umkommen? Wer beklagt all die Menschen, die täglich im Mittelmeer ersaufen, weil sie vor Hunger, Krieg, Krankheit (Ebola) und Dürren fliehen? Wer erinnert daran, dass weltweit Hunderte täglich verhungern, wer an die Ungezählten, die durch die Ausbeutung durch die westliche Welt zu Grunde gehen oder durch unsere Waffen(lieferungen) umkommen?
Nein, auch wenn es hart klingt – ich kann diese Bigotterie nicht mehr ertragen, in Paris seien Franzosen, Europäer! gestorben – Formulierungen wie „auch Deutsche waren unter den Opfern“ bringen mich zur Weißglut. Und Verzweiflung.
Die meisten wohlgenährten Spießbürger bekommen jetzt einen ersten Hauch davon zu spüren, was Krieg bedeutet, müssen verstehen, dass das Elend aus dem abendlichen Fernsehprogramm kein fiktiver Sofa-Grusel ist, sondern wahr. Und real. Und existentiell. Es sterben Menschen nicht auf der Mattscheibe oder in irgendeinem Computerspiel. Es sind Menschen aus Fleisch und Blut. Das echte, reale Leben klopft an unsere Türen. Aber wie werden die Verantwortlichen – scheinbar unausweichlich – reagieren?
Nicht ein europäisches Wertesystem wird greifen – jenes von Toleranz, Verständnis und gegenseitiger Hilfe. Nicht die vielbeschworene humanistische Gesellschaft auf christlichen Wurzeln fußend kommt zum Tragen – nichts von alledem, was wir uns gerne auf die Fahnen schreiben als aufgeklärtes, erhabenes und weises Europa. Was wir erleben werden, ist der Gewaltreflex eines verletzten Tieres.
Steht einer mal auf und schreit den satten Heuchlern ins Gesicht, dass wir alle diesen Krieg begonnen haben? Dass wir uns jahrzehntelang auf Kosten dieser Welt bereichert haben, dass wir die Ärmsten der Armen ausbeuten und ihre Umwelt, die auch unsere ist, vernichten? Keiner will hier auf billiges Öl verzichten, das den Golf von Mexiko erstickt hat, und die Wahhabiten in Saudi-Arabien Panzer kaufen lässt; keiner will verzichten auf billige Kleidung, die in zusammenstürzenden Fabriken in Bangladesch entsteht, auf dem Markenlabel noch das Blut der Erschlagenen; keiner auf Handys mit Metallen („Seltenen Erden“), die aus Ländern stammen, mit deren wahnsinnigen Diktatoren unsere Politiker schmutzige Deals abschließen; keiner auf billig produziertes Plastikspielzeug aus chinesischer Produktion, das anschließend im Pazifik strudelt und im Magen von zwei Dritteln aller Seevögeln landet; auf Shrimps aus sterbenden Mangrovenwäldern; auf Palmöl aus landschaftsgreifenden Monokulturen; auf Teakholz aus endgültig zerstörtem Regenwald; auf Tiefkühlblöcken für Fischstäbchen aus gepresstem Fisch von schwimmenden Fischfabriken, die unsere Weltmeere totfischen. Diese Liste ist unendlich lang. Und unendlich unerträglich.
Doch was können wir tun? Was können wir tun, um andere Menschen von solchen (religiös verbrämten) Wahnsinnstaten abzuhalten? Wir müssen beginnen ihnen die Lebensumstände zurückzugeben, in denen sich zu leben lohnt. Lebensperspektiven schaffen. Die Globalisierung umkehren. Global teilen. Ressourcen schonen. Fair handeln. Selbst verzichten lernen. Nicht die Umwelt schützen, sondern die Umwelt retten. Menschenrechte – inkl. sauberes Wasser – nicht privatisieren. Gleichberechtigt auf Augenhöhe, partnerschaftlich aufeinander zugehen. Vorurteilsfrei zuhören, viel lernen, Zusammenhänge verstehen. Und danach handeln.
Unsere eigenen Werte leben.
Das werden keine Politiker machen. Das können nur Du und ich. Jeden Tag aufs Neue, bei jeder Entscheidung, die Du triffst, bei jedem Kauf, den Du machst. Es betrifft Dich. Und mich. Bei allem, was wir tun. „Weit weg ist näher, als Du denkst.“ Die Zukunft beginnt jetzt. Und hier. Gestalte sie mit. Eigenverantwortlich. Und ohne Angst vor Veränderung.
Grundsaetzlich ist dem Autor zuzstimmen, was die Ausbeutung von Bodenschaetzen und Arbeitskraft durch Laender des Nordens in Entwicklungslaendern angeht – und was die Situation und daraus resultierende Fluchtgruende von Menschen aus solchen Laendern betreffen.
Im Bereich des mittleren Ostens sieht es m. E. aber anders aus. Hier herrscht in verschiednenen Gegenden mittelalterlich – fanatischer Religionswahn, der sich wie eine ansteckende Krankheit auszubreiten droht. Zweifellos hat der vollkommen unbegruendete Einmarsch der US-Amerikaner und Briten 2003 in den Irak die Initialzuendung zur Destabilisierung fast der gesamten Region gegeben, aber eine Folge speziell von Ausbeutung scheint mir der fanatische Religionswahn nicht zu sein. Es ist wohl mehr das Gefuehl, dass die Laender des Westens, die ueberwiegend christlich sind, die islamisch gepraegte Welt in grossen Teilen als rueckstaendig erscheinen laesen, zumal dies vor ca. 7-800 Jahren genau andersherum war.
Obigem Artikel ist zu 100 Prozent zuzustimmen. Das erklärt natürlich nicht den Religionswahn im mittleren Osten, wie uns das Gerhard L. Müller-Debus zu Recht dargelegt hat. Ich denke nur, dass er in seiner Argumentation dem falschen Motiv folgt. Der Krieg gegen den islamistischen Terror begann seitens mit 9/11. Seit dem sind hunderttausende Moslems gestorben. Die wenigsten davon waren wirklich Terroristen und Extremisten. Wenn sich daraus nicht der wachsende Fanatismus innerhalb des Islam gegen den Westen erklären lässt, dann weiß ich auch nicht … das hat meines Erachtens nichts damit zu tun, das der Islam „gefühlt“ im Mittelalter stehen geblieben ist und das Christentum sich weiterentwickelt hat. Es hat wohl eher damit zu tun, dass die westlichen Länder genau so selbstgefällig Weltpolitik machen, wie sie es auch schon im ausgehenden Mittelalter getan haben (Kolonialisierung etc.). Und jetzt stelle ich nur mal eine Frage, die sich jeder einmal selber beantworten mag. Was, wenn der Krieg gegen den islamistischen Terror nur ein Ablenkungsmanöver ist … ein sehr willkommenes (um nicht zu sagen ein gewolltes) Ablenkungsmanöver, zu den im obigen Artikel beschriebenen Zuständen und ihren Folgen. Jetzt darf man wenigstens zwischen den „bösen“ Wirtschaftsflüchtlingen und den „guten“ politischen Flüchtlingen unterscheiden und fühlt sich dabei sogar moralisch noch im Recht, obwohl wir im Westen sowohl für die einen, wie die anderen Flüchtlinge größtenteils ursächlich mitverantwortlich sind. Für mich jedenfalls gehören Wirtschaftsflüchtlinge auch zu den politischen Flüchtlingen. Für mich haben jene das gleiche Recht auf Flucht, auch wenn sie laut unseren Gesetzen kein Recht auf Asyl haben. Es ist darum an der Zeit den Asylbegriff zu aktualisieren und die Grundlage eines fairen Wirtschaftens zu entwickeln, das zur Folge hat, das nicht ganze Bevölkerungsgruppen verarmen weil angeblich keine Arbeit da ist während andere mehrere Jobs annehmen müssen, damit sie davon leben können, dass ganze Landstriche und Länder verarmen, obwohl sie über fruchtbare Böden und Bodenschätze verfügen, die sie aber nicht mehr selbst nutzen können oder weil ihre Märkte vor Ort durch billige EU- oder China-Ware zerstört werden. Der islamistische Terror ist eine für mich vom Westen in erster Linie selbst befeuerter Terror. Genauso wie der Strom der Wirtschaftsflüchtlinge selbst gemacht ist, seien sie nun vom Balkan oder aus Schwarzafrika. Schwache Märkte muss die Möglichkeit gelassen werden, sich selbst zu schützen. Sei es durch Handelsbeschränkungen oder Zölle. Statt dessen wird mantra-artig das Gegenteil propagiert und Liberalisierung und Wachstumspolitik immer als einzige Gegenmittel angeführt. Und all das in Anbetracht eines sich verändernden Weltklimas. Eine solche Politik ist nicht nur nicht schlüssig, sie muss unweigerlich so was von in die Hose gehen, wie das augenscheinlich schon jetzt der Fall ist. Aber machen wir ruhig so weiter. Vielleicht braucht es ja wirklich mal wieder einen Krieg … (damit wir mit dem ganzen Käse wieder von vorne anfangen können, ohne jedoch aus den Fehlern gelernt zu haben).
(aus: Teufel, von Johnny Liebling, CD: Nur nicht nach Haus)
Ich war König, herrlich war mein Land
von den Bergen bis zum Küstensand.
Es war Frieden und es schlief die Stadt
doch wir Menschen hatten Frieden satt.
Schrie im Schlaf des Nachts ein Kind
dass Teufel vor der Türe sind.
jetzt sind sie wieder … jetzt sind die Teufel wieder da.
Schönen Tach noch.
Wer ist WIR und wer ist MAN? Ich wurde nie gefragt und hätte auch nie einem Krieg und schon gar nicht einem Krieg wegen z.B. Resourcen zugestimmt. Am Tag des Anschlags in Paris, soll am gleichen Tag, genau wie bei einigen anderen Anschlägen eine Übung durchgeführt worden sein. Ebenso werden fasst immer die Ausweise der sogenannten Terroristen gefunden… Somit ist es naheliegend, dass hier wieder einmal ein ganz anderer Film läuft, wie der, der in den Medien publiziert wird. Und wer ist ein Flüchtling? …..?
Deine letzten zwei Absätze sind natürlich durchaus trefflich formuliert! Ich habe ebenfalls die Hoffnung, dass ich durch richtiges und konsequentes Handeln die Welt verbessern kann. Leider bin ich aus menschlichen Gründen, nicht immer Konsequent genug. Was aber nicht sein kann, dass die armen, armen Kaufläute dieser Welt keine Verantwortung zu übernehmen bräuchten, weil sie ja genug „dumme oder unkosequente“ Kundschaft hätten!
Seit 9/11 wurde ganz offen von dem Ziel NWO gesprochen. Es soll sogar eine NWO-Organisation geben (siehe Denver -Airport) Ich finde eine Weltregierung nicht so prickelnd, weil es dann stark nach Diktatur riecht. Außerdem fehlt dann die Orientierung komplett, weil dann kein Vergleich zu anderen Kulturen fast nicht mehr möglich ist. Die bisherige Strtegie zur Erziehlung der NWO hat bereits viele Kriege hinter sich! …
Oops – hier hat mal einer die (schmerzliche) Wahrheit gesagt und Gerhard hat den fehlendes Aspekt des religiösen Fanatismus ergänzt.
In der Summe kann ich diesem Bild nur zustimmen. Auch wenn es uns nicht gefällt, sollten wir es vor Augen haben, um endlich die richtigen Konsequenzen zu ziehen.