Am 16.12.15 beriet der Ausschuss für Wirtschaft und Energie über die neuste Änderung des
Telemediengesetzes, in dem auch die Störerhaftung festgelegt ist.
Laut dem Gesetzentwurf muss ein WLAN seitens seines Betreiber verschlüsselt werden und jeder Nutzer soll dem Betreiber gegenüber zusätzlich versichern, dass er keine Rechtsverletzungen begehen wird. Alternativ muss der Anbieter die Namen der Nutzer kennen, was Anonymität im Internet durch totale Kontrolle ersetzt.
Obwohl die Bundesregierung behauptet, dies seien “zumutbare Pflichten des Dienstanbieters”, ist jeder Betreiber von öffentlich zugänglichen WLAN-Hotspots – nach wie vor- haftbar und die Nutzer müssen sich mit den Nutzungsbedingungen abfinden.
Betroffene Anbieter sind vor allem Gastwirte, Hotels, aber auch Freifunker, die solche gesetzlichen Vorgaben keinesfalls erfüllen können beziehungsweise wollen. Mittlerweile fördern Länder wie Schleswig-Holstein und NRW Freifunkprojekte. Dies hilft nicht nur geflüchteten Menschen Kontakt mit ihrer Familie zu halten, sondern ermöglicht eine sehr wichtige Dienstleistung für Jedermann.
In Deutschland gibt es nämlich neben der teilweise katastrophal schlechten Versorgung mit Mobilfunk nur wenige frei verfügbare WLAN-Hotspots und dies wird auch so bleiben, denn das geplante Gesetz ist nach wie vor realitätsfern, behindert den Ausbau der freien Netzwerke und schafft keine Rechtssicherheit. Daher hatte auch der Bundesrat Anfang November 2015 mehrheitlich für eine Abschaffung der Störerhaftung gestimmt.
Eigentlich sichert § 8 TMG Providern das Privileg zu, dass sie als Dienstleister von Haftungen aller Art befreit sind (Az. 7 O 14719/12). Verantwortlich für Urheberrechtsverletzungen sind allein die Benutzer selbst. WLAN-Betreiber werden zukünftig dieser Regelung unterstehen, dies könnte man als Fortschritt bezeichnen, aber die Bundesregierung plant trotzdem, die WLAN-Betreiber schlechter zu stellen, denn die bereits erwähnten “zumutbaren Pflichten” sollen nach wie vor im geplanten neuen Gesetz festgeschrieben werden.
Dies ist zudem eine deutsche Gesetzgebung, die in anderen EU-Ländern in der Form nicht existiert. Wahrscheinlich widerspricht sie sogar dem EU-Recht.
Die EU-Charta der Grundrechte spricht nämlich in Artikel 16 und 11 den Bürgerinnen und Bürgern unternehmerische Freiheit und Meinungsäußerung zu. Aber die “Störerhaftung” behindert offensichtlich WLAN-Dienstanbieter. Sie sind gesetzlich gezwungen, Nutzer ihres freien WLANs zu bespitzeln, zu kontrollieren und andere übertriebene Maßnahmen anzuwenden, um nicht haftbar gemacht werden zu können.
Der Artikel 52 Absatz 1 der EU Charta Einschränkungen für Unternehmer vor, aber nur dann, wenn sie dem Allgemeinwohl dienen. Ob dies der Fall ist, hat die EU-Kommission bereits in Zweifel gezogen.
Experten, die am 16.12.2015 im Ausschuss für Wirtschaft und Energie zur Beratung hingezogen wurden, bescheinigten der Bundesregierung, dass auch die neue Gesetzesvorlage dringend verbessert werden sollte.
Professor Gerald Spindler von der Universität Göttingen bezeichnete das geplante Gesetz als europarechtswidrig und kritisierte die schwammigen Formulierungen bezüglich der Sicherungsmaßnahmen der Netzwerke. Ähnlich äußerten sich Rechtsanwalt Niko Härting und Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin. Volker Tripp, Digitale Gesellschaft, kritisierte die Behinderung offener Funknetze durch den Gesetzesentwurf, welche – laut der Politiker- eigentlich gefördert werden sollten. Er erklärte: “Die derzeit vorgesehene Regelung ist der Erreichung dieses Ziels jedoch nicht förderlich, sondern im Gegenteil sogar abträglich.”
Somit kann man nur hoffen, dass die Bundesregierung diesen unpraktikablen Gesetzesentwurf weiter überarbeitet. Allerdings bleibt der Verdacht, dass vor allem Inkompetenz und Hilflosigkeit seitens der etablierten Parteien zu solchen Entwürfen führt und auch der nächste “verbesserte Gesetzentwurf” kaum Abhilfe schafft.