
PEGIDA Frankfurt April | CC BY 2.0 opposition24.de via <a href="https://www.flickr.com/photos/128406688@N07/17227025612">flickr</a>

Traditionsreich ist es mittlerweile, das Unwort des Jahres. Seit 1991 setzt sich jedes Jahr eine aus Fachleuten bestehende Jury zusammen, um das Unwort des Jahres zu küren. Mit dieser Aktion möchten sie auf den oftmals sehr nachlässigen Umgang mit der Sprache in der Öffentlichkeit aufmerksam machen und mehr Sprachbewusstsein und Sprachsensibilität fördern. Denn selbst einzelne Worte tragen oftmals eine Botschaft mit sich, sind negativ belastet, bewerten oder verurteilen gar die Sache, die sie eigentlich nur beschreiben sollen.
Im Fokus der Kritik liegen dabei Worte, die „gegen sachliche Angemessenheit oder Humanität verstoßen“, zum Beispiel gegen die Prinzipien der Demokratie und Menschenwürde verstoßen, einzelne Gruppen oder Gesellschaftsschichten diskriminieren oder allgemein verschleiernd und irreführend sind.
Meist treffen die Wahlen dabei den Nagel auf den Kopf: Sobald das Unwort des Jahres gekürt ist, wird einem bewusst, wie oft es im betreffenden Jahr durch Medien und Presse ging und wie viel es einem im Alltag begleitete – wie zum Beispiel 2008 die „notleidenden Banken“, 2010 das in der Politik beliebte „Alternativlos“ oder der „Sozialtourismus“ aus dem Jahr 2013.
Doch ganz hinter verschlossenen Türen trifft die Jury bestehend aus Journalisten, Autoren, Sprachwissenschaftlern und – in diesem Jahr – eines Kabarettisten ihre Entscheidung nicht. Noch bis zum 31. Dezember 2015 ist es möglich, Vorschläge für das Unwort des Jahres 2015 per Mail an vorschlaege@unwortdesjahres.net einzusenden. Diese werden bei der Auswahl berücksichtigt. In den letzten Jahren „gewannen“ oftmals auch die Wörter, die die meisten Einsendungen hatten.
Kandidaten für das Unwort 2015 gibt es sicherlich viele – besonders um die Flüchtlingsdebatte gab und gibt es viele sprachliche Entgleisungen. Geht es nach uns, würden wir jedoch gerne den Fokus dieses Jahr wieder auf digitale Grundrechte legen. Denn diese haben in 2015 wieder viele Dellen bekommen.
Zum einen ist da das Unwort der „Störerhaftung“. Freifunk, kostenloses WLAN, Hotspots – der Zugang zum Internet wird für viele immer unabkömmlicher und eine flächendeckende Grundversorgung mit Freifunk ist das Projekt vieler Piraten. Die Regierung sollte diesen Projekten, die zur Vernetzung der Menschen in Deutschland erheblich beisteuern, mit einem entsprechenden Gesetz unterstützen. Doch der Schuss ging nach hinten los – WLAN-Betreiber müssen ihre Netze „angemessen“ absichern und sich von den Nutzern die Zusicherung einholen, dass diese keinen Schabernack in ihrem Netz anstellen. Nur dann sind sie sicher vor der sogenannten „Störerhaftung“. Ansonsten können sie für den Missbrauch durch die Nutzer zur Verantwortung gezogen werden. Rechtsunsicherheit, ahoi!
Ein zweiter Kandidat zum Thema digitale Rechte ist 2015 wieder aufgetaucht. Die Rede ist natürlich von der allseits beliebten „Vorratsdatenspeicherung“. Jahrelang war sie immer wieder auf der Agenda. Zuerst erklärte der Europäische Gerichtshof die Richtlinien der EU zur Vorratsdatenspeicherung für nicht ausreichend. In 2010 kippte das deutsche Verfassungsgericht einen entsprechenden Gesetzesentwurf. Anfang des Jahres wurde sie, nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo, wieder als Lösung für das Terrorismus-Problem angepriesen. Im Oktober schaffte sie es nun doch noch durch den Bundestag, ab dem 18. Dezember 2015 wird sie Kraft treten. Wer so viel Durchhaltevermögen beweist, hat das Unwort des Jahres auf jeden Fall verdient.
„Störerhaftung“ und „Vorratsdatenspeicherung“ – das sind unsere Vorschläge, die ihr gerne auch an die Jury senden dürft. Sollte ihr der Flaschenpost als Teil der „Lügenpresse“ (Unwort des Jahres 2014) nicht trauen, sendet doch eure eigenen Vorschläge ein! Was ist für euch das Unwort des Jahres 2015?
Mein Vorschlag ist: Luftschläge, weil dieser Begriff eine desinformierende Verharmlosung von tödlicher militärischer Gewalt ist, meistens auch Zivilisten getroffen werden und dieser Begriff leider gar nicht so selten eingesetzt wird.
Das Wort: Lügenpresse pauschalisiert auf der einen Seite, auf der anderen Seite fördert der Begriff die Achtsamkeit und die eigene kritische Recherche gegenüber allen Medien. Auch wenn in erster Linie wohl meistens die normalen Massenmedien gemeint waren. Außerdem wurden oft genug die Lügen und Manipulationen, auch bei ARD oder ZDF erkannt und nachgewiesen. Manche sprechen sogar von gelegentlicher Kriegspropaganda in den Medien. Von daher kann dieser Begriff kein Unwort sein!