Interviews sind ein wichtiger Bestandteil der journalistischen Arbeit. Der Interviewpartner wird zu diesem und jenem befragt um mit den Antworten sein „Innenleben“ oder Fachwissen an die Leserschaft zu bringen. Doch manchmal sind Textpassagen umstritten, Gesprächspartner fühlen sich gelegentlich falsch zitiert oder in der Aussage sogar verdreht. Ein vor allem im deutschsprachigen Raum genutztes Verfahren ist die „Interviewfreigabe“, bei der die Authentizität der abgedruckten Antworten vorab bestätigt wird.
Die Redakteure der Flaschenpost entwickelten im Lauf der Jahre eigene Verfahren für Interviews, vor allem die Antworten, um sie für den Leser wieder zu geben. Unsere Interviewpartner sind weder Gegner die man „ausquetschen muss“ noch sind wir deren Handlanger um wirres Zeug zu verbreiten.
Wir machen Interviews um beispielsweise Kandidaten für politische Ämter oder Parteiämter den Wählern bekannt zu machen, um die Einschätzung bekannter Experten zu erfahren oder einfach nur um Sichtweisen, Meinungen und Beobachtungen einzuholen und wiederzugeben. Es hängt vor der Technik des Interviews ab, wie der Interviewpartner in den Text des fertigen Artikels eingebunden wird.
Mündliche Interviews die in Textform erscheinen
Wir zeichnen mündliche Interviews grundsätzlich auf um das Gesagte anschließend zu Transkripieren. Bei der Gelegenheit werden Sätze wie „nein, ich fange nochmal an …“ weggelassen und auch sprachlich einiges gerade gezogen. Denn nur die wenigsten Interviewpartner formulieren druckreife Sätze. So wird aus einem „na wie heisst der nochmal gleich …. der äääähhhhhmmmm, der Müller“ ein schlichtes „Müller“ und das beliebte „äh, lassen sich mich nachdenken“ muss schon gar nicht in den fertigen Text, dagegen machen wir aus Bandwurmsätzen meherer kurze Sätze damit es lesbar bleibt.
Um sicher zu sein, dass die Textversion tatsächlich das ist, was der Interviewpartner sagte wollte, bitten wir abschließend den Interviewten darum nochmal drüber zu schauen. Wohlgemerkt: Hier geht es „nur“ um die Transkription, nicht darum Äußerungen zurück zu nehmen oder abzumildern. Aussagen im Nachhinein butterweich formulieren lassen wir nicht zu. Es geht aber auch darum, sicher zu gehen genau das abzudrucken worüber gesprochen wurde und Aussagen nicht zu verfälschen oder missverständlich zu verkürzen.
Was, wenn das finale „OK“ nicht kommt oder „Änderungenswünsche“ eher dem Versuch gleichen eine Aussage nachträglich „weich zu waschen“ für die Redaktion nicht in Frage kommt? Nun, es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder landet der ganze Text in /dev/null, oder es werden nur die Fragen abgedruckt, aber nicht die Antworten.
Schriftlich im Pad
So manches Interview entsteht im Pad. Für den Redakteur hat es den Vorteil, dass das Interview gleich schriftlich vorliegt, für den Interviewpartner hat das Pad den Vorteil, dass er über seine Antworten nachdenken kann. Ein Interview ist keine Prüfung, nichts wo der Befragte sofort die richtige Antwort aus dem Kopf abrufen muss sondern meist ein Frage und Antwortspiel, bei dem es darum geht, Aussagen zur einem Thema zu erhalten – da kann etwas Bedenkzeit nicht schaden. Dazu kommt ein weiterer Vorteil: Fragen und Antworten können zeitversetzt stattfinden, bei einem engen Terminplan ein nicht zu unterschätzdender Vorteil. Bei solchen Interviews übernehmen wir den Text aus dem Pad 1:1 in den Artikel – eine „Freigabe“ findet dann nicht mehr statt.
Interview als mp3
Manchmal machen wir Interviews und veröffentlichen das mp3 wenn die Qualität stimmt auch gleich als Audiodatei. Auch dabei findet eine vorsichtige Bearbeitung statt. Die Bitte „darf ich den Satz nochmal anfangen?“ wurde noch nie mit „nein“ beantwortet, auch störende Geräusche (vom klingelnden Telefon über den vorbeifahrenden LKW bis zum Niesen oder Räuspern) werden meist raus geschnitten. Ansonsten bleibt der Text „am Stück“, deswegen halten wir eine explizite Freigabe auch für nicht notwendig.
Wir sind mit diesen Kriterien immer gut gefahren. Deswegen werden wir diese Verfahren weiterhin so anwenden. Im Einzelfall lassen sich selbstverständlich andere Abmachungen treffen.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.