Ein Gastartikel von Horst Wilms. Dieser Artikel ist Teil der Gesprächsreihe „Europagespräche“ der Piratenpartei Berlin und spiegelt nicht das Parteiprogramm wieder.
In der politischen Diskussion werden die Begriffe Europa und Europäische Union oft synonym verwendet. Politisch korrekt muss man die Begriffe klar unterscheiden. Geographisch gesehen ist Europa ein kleiner Teil der großen eurasischen Landmasse. Politisch gesehen ist Europa das Dach, unter dem viele Nationen mit großen Problemen wohnen. Die Europäische Union ist ein völkerrechtlicher Verbund von derzeit 28 Nationen innerhalb Europas.
Verhältnis der Europäischen Union zu Russland
Russland ist das flächenmäßig größte Land der Erde und verfügt über Mengen an Rohstoffen. Die Wirtschaften der Länder der Europäischen Union sind auf Rohstoffe angewiesen.
Mit Putin kam die Geopolitik zurück. Seit der neuen Geopolitik Putins hat sich das Verhältnis des Westens zu Russland stark verschlechtert. Das weltpolitische Wiedererstarken Russlands zeigt sich im Konflikt im Donezbecken, in der Eingliederung der Krim, im Asowschen Meer und im Eingreifen in Syrien. Die Eingliederung der Krim in das Staatsgebiet Russlands wird von den USA und der EU als schwere Verletzung des Völkerrechts gesehen.
Deshalb verhängten die USA und EU Sanktionen gegenüber Russland. Für den Kampf im Donezbecken liefern die USA Waffen an die Ukraine. Waffenlieferungen fördern nicht den Friedensprozess in der Ukraine, Sanktionen stören die wirtschaftliche Entwicklung Europas. Grundsätzlich kann man sagen, nichts wird besser, wenn die Europäische Union die Beziehungen zu Russland verschärft.
Verhältnis Europäischer Union, USA und China
Die USA streben Dominanz in der Welt an, aus Sicht einiger Amerikaner haben sie den kalten Krieg gewonnen. Den Zusammenbruch der UDSSR betrachteten einige Politiker in den USA als so etwas wie das Ende der Geschichte. Der Rivale im Kampf um die „Weltherrschaft“ ist China. Die Frage der Zukunft wird sein, wie die USA mit dem Verlust ihrer Führungsrolle in der Welt umgehen werden. Einige Falken in den USA schließen Krieg als politische Waffe nicht aus.
Der Streit der USA mit China spielt sich im Augenblick hauptsächlich im Pazifischen Ozean ab. China nutzt seine hohen Devisenbestände, um sich in der EU bei technologisch fortgeschrittenen Firmen als Teilhaber einzukaufen. Im Rahmen des Projekts neue Seidenstraße plant China eine durchgehende Schnellverbindung von Güterzügen von Peking über Duisburg bis Lissabon, was den Einfluss und die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und China erhöhen werden.
Die USA stellen sich gegen das Nordstream-Projekt, mit dem Erdgas aus Russland durch die Ostsee direkt nach Deutschland geliefert werden kann, Amerikanische Sanktionen sind daher nicht ausgeschlossen.
Der Dollar hat noch eine starke Stellung in der Weltwirtschaft, die USA kontrollieren weitgehend die Zahlungssysteme. Nichtbeachtung der Sanktionen kann mit Strafgeldern, Einzug von Vermögen in den USA, Gefängnisstrafen und Unterbrechung der Zahlungsströme einhergehen. Der Einsatz der Blockchaintechnologie in der Zahlungsweise kann diese Einflussmöglichkeiten der USA umgehen.
Die EU ist keine militärische Macht, das muss man nicht bedauern. Die EU hat wirtschaftliche Macht, deshalb muss sie sich als Soft-Power verstehen. Probleme, die für die EU anstehen, müssen auf diplomatischem Wege angegangen werden. Die globalen Institutionen müssen gestärkt werden, UNO, Welthandelsorganisation, Internationaler Strafgerichtshof. Die USA haben den Atomkontrollvertrag mit dem Iran gekündigt, die USA wollen den INF-Vertrag mit Russland kündigen und haben sich aus dem Klimaschutzabkommen zurückgezogen. Dass die US-Regierung die diplomatische Vertretung der EU in Washington herabgestuft hat, ist eine starke Beeinträchtigung der Beziehungen zwischen der EU und den USA.
Europa braucht eine bessere Mittelmeerpolitik.
Es brennt vor allem an der östlichen Küste des Mittelmeers. Der Mittelmeerraum war der Ort, an dem die Religionen im Mittelalter zusammenstießen und heute wieder in fast unauflöslicher Spannung zueinander stehen. Das aktuellste Problem für die EU ist die Migrationspolitik.
Mit der abrupten Ankündigung, dass er rund 2.000 US-Soldaten in Syrien zurückziehen würde, hat Präsident Trump den Konflikt in Syrien verstärkt. Verlierer sind Israel, die von den USA unterstützten kurdischen YPG-Kämpfer und Saudi-Arabien. Trump hat mit seiner Ankündigung den Weg für einen stärkeren russischen und iranischen Einfluss freigemacht und die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten gefährdet, indem er dem IS den Wiederaufbau ermöglicht.
Weitere Probleme, die im Hinblick auf den Mittelmeerraum anstehen, sind die Stellung der EU zu Israel und die Stellung der EU zur Türkei. Die EU muss sich dringend für eine Friedenslösung in Jemen einsetzen. Globale Probleme können nur durch globales Denken überwunden werden.
Wenn Russland Teile von Nachbarländern annektiert und Bürgerkrieg anzettelt, ist das also nicht so schlimm, dass man das mit Sanktionen beantworten sollte – Hauptsache, die Geschäfte gehen weiter.