9. Dezember 2024

Die Grünen und wie sie Etikettenschwindel betreiben

Die Grünen verzeichnen einen rasanten Aufschwung, ausgelöst durch Fridays for Future, und versprechen eine "radikale" Klimapolitik. Unser Gastautor befürchtet aber, dass sie diesen Erwartungen nicht gerecht werden.

1 thought on “Die Grünen und wie sie Etikettenschwindel betreiben

  1. Ich finde wir Piraten sollten uns beim Klimaschutz nicht so sehr an den Grünen abarbeiten. Die sind an der Stelle immer noch besser als jede andere etablierte Partei. Robert Habeck beim Thema Fracking bloßstellen zu wollen, das hat uns in Schleswig-Holstein schon nicht geholfen, als wir noch im Landtag saßen. Zudem sieht es auf absehbare Zeit nicht so aus, als könnten wir Piraten auf Bundesebene mitmischen. Die Grünen sind bei der nächsten BTW also die einzige Hoffnung, dass sich in Sachen Klimaschutz zumindest ein bisschen was in die richtige Richtung bewegt. Wir sollten uns auch nicht allzu viel Hoffnung machen, den Grünen allein mit dem Versprechen „wir wollen aber noch mehr Klimaschutz“ Prozente abzujagen. Die Leute wählen am Ende doch lieber das Original, selbst wenn es gerade etwas am Verblassen ist. Dass die Grünen „anschlussfähig“ sein wollen ist bekannt und man muss (leider) neidlos anerkennen: Sie haben Erfolg damit.

    Das Original sind wir Piraten beim Thema Digitalisierung und auf dem Feld sind wir im Moment merkwürdig still. Und das, obwohl es zum Thema Digitale Souveränität so viel zu sagen gäbe in Zeiten, in denen die Übermacht der fünf Tech-Riesen aus den USA weithin bedauert wird und diese Fünf immer mehr Einfluss darauf nehmen, wie wir leben. Laufen wir Piraten also etwa auch nur den politischen Modetrends hinterher oder haben wir eine eigene Haltung, auch abseits der politischen Konjunktur?

    Versteht mich nicht falsch. Jede Partei sollte zu allem was sagen und in der Kieler Ratsversammlung treibt kein Ratsmitglied den Klimaschutz so vehement voran wie der studierte Naturschutzbiologe Andreas Halle (ich). Anstatt aber die Grünen zu verdächtigen nicht Wort zu halten finde ich es überzeugender, wenn wir einfach inhaltlich klarstellen, wo die Möglichkeiten zu finden sind, die die Grünen liegen lassen. Mit konkreten Vorschlägen treibt man die Grünen viel gründlicher vor sich her, als mit der reinen Verdächtigung, dass sie‘s versemmeln werden, wenn sie erst mal dran sind.

    Hier in Kiel fordere ich u. a., dass Kreuzfahrtschiffe eine Kurtaxe von 3-5 Euro pro Passagier bezahlen müssen um Geld für den Bau von Landstromanlagen einzunehmen. Ich fordere (als Übergangslösung bis zur gemeinsam beschlossenen Stadtbahn die 2032 kommen soll) eine Schnellbuslinie auf eigener Spur. Zweispurige Fahrradwege habe ich mit lautem Gepolter im Bauausschuss und mit Unterstützung der Linken durchgeboxt. Und weil sich die Autofahrer aktuell über zu wenig Parkplätze aufregen und noch mehr Platz in der bereits völlig mit Autos zugemüllten Innenstadt fordern, habe ich gerade gestern die Prüfung von P&R-Parkplätzen am Rande der Stadt mit Schwerpunkt „bequemer Umstieg zum ÖPNV“ beantragt [1]. Daran haben die mitregierenden Grünen zu knabbern, weil wenn sie dem nicht zustimmen, sie irgendwie erklären müssen, wie sie die Probleme denn dann lösen wollen. Wer die Grünen also auf Trab bringen will, der muss ihnen einfach immer eine „grünen“ Schritt voraus sein.

    Kurzum: Dass jede Partei Kompromisse machen muss, sobald sie sich an einer Regierung beteiligt, das wissen die Wähler*innen selbst. Wenn wir also wollen, dass die Grünen besser werden, dann müssen wir sie ganz konkret da angreifen, wo wir mit ihnen in der gleichen Versammlung sitzen.

    [1] Zugegeben, als Naturschützer fällt es mir nicht leicht, noch mehr Versiegelung zu fordern, aber man muss die Realitäten seiner Mitmenschen leider ein Stück weit anerkennen. Wenn Pendler nicht mehr in die Stadt rein sollen und wir sie an den ÖPNV gewöhnen wollen, dann kommen wir an P&R-Plätzen -zumindest als Übergangslösung- leider nicht vorbei.

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