Es ist noch gar nicht so lange her, da mussten Kunden ihren Internetanschluss mit dem Router betreiben, den ihnen ihr Dienstanbieter zur Verfügung stellte.
Nach langem Kampf wurde 2016 das Telekommunikationsgesetz dahingehend geändert, dass dieser „Zwang“ entfällt und die Nutzer frei entscheiden können, ob sie den Router des Dienstanbieters dennoch nutzen möchten oder sich einen Router ihrer Wahl zulegen möchten. Damit sind die Anbieter auch verpflichtet, die Zugangsdaten den Kunden entsprechend mitzuteilen.
Nun gibt es Bestrebungen seitens der Netzbetreiber und einiger nahestehender Verbände, diese Wahlfreiheit wieder rückgängig zu machen.
Neben der Wahlfreiheit gab es aber auch noch andere Aspekte, die eine Aufhebung des Routerzwangs so wichtig machten.
Netzneutralität
In einer Stellungnahme stellte seinerzeit der „Chaos-Computer-Club“ (CCC) fest:
„Die Kontrolle der Endgeräte durch den Zugangsanbieter kann auch genutzt werden, um Verletzungen der Netzneutralität gleich in die Endgeräte einzubauen. So könnten beispielsweise Peer-To-Peer-Dienste oder Telefonieangebote direkt am Router gesperrt werden oder Inhaltsangebote von Mitbewerbern gegenüber den Angeboten des Zugangsanbieters verlangsamt werden. Besonders im Zusammenspiel mit der geplanten „Geschwindigkeitsdrossel“, wie nicht nur der Telekom-Konzern sie noch immer plant, sind sehr feinkörnige Einflussnahmen auf das Benutzerverhalten möglich.“
Sicherheit
Zwangsrouter stellen – wie Monokulturen in Wäldern – ein deutlich größeres Sicherheitsrisiko dar. Im Moment gibt es eine große Vielfalt unterschiedlicher Geräte, die unterschiedliche Soft- und Firmwarezustände haben. Dies erschwert möglichen Angreifern den Zugang, da Sicherheitslücken – insofern vorhanden – nicht identisch sind.
Bei einer Aufhebung der Routerfreiheit ist zu befürchten, dass durch „Standardisierung“ Angriffe auf Netzinfrastrukturen im großen Stil möglich sind. Damit schafft man ein nicht akzeptables Einfallstor, sodass ein einzelner Angriff gleichzeitig gegen Millionen Router angewendet werden kann.
Des Weiteren sollte das private Heimnetzwerk des Kunden für den Provider tabu sein, außer dieser wünscht sich ausdrücklich eine Hilfe bei der Administrierung. Da sich die Funktionalität hierfür, wie der WLAN-Accesspoint oder der Ethernet-Switch, im Router befindet, muss es möglich sein, den Provider an dieser Stelle effektiv technisch auszusperren.
Insbesondere im Hinblick auf die Aktivitäten von Geheimdiensten und sonstigen Sicherheitsbehörden wäre es ansonsten denkbar, dass der Provider dazu gezwungen wird, etwa über die Bestandsdatenauskunft, die Zugänge für den Router herauszugeben und so einen direkten Einstiegspunkt ins Heimnetzwerk z.B. für die Installation von Staatstrojanern auf Geräten zu liefern, die ansonsten über die Firewall des Routers von Angriffen aus dem Internet geschützt wären.
Den erneuten Versuch der Hersteller, an dem auch die Telekom maßgeblich beteiligt ist, diese Freiheit wieder abzuschaffen lehnen wird aus den genannten Gründen kategorisch ab.
Anja Hirschel, Themenbeauftragte „Digitaler Wandel“ der Piratenpartei , dazu:
„Wir betrachten den freien Zugang zum Internet als Bürgerrecht. Dazu gehört auch vollständig darüber zu entscheiden, wie der Zugang geschieht. Es kann nicht sein, dass andere über die Sicherheit meiner Privatsphäre entscheiden und darüber hinaus das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beschnitten wird.“
Vor allem wenn auf den Routern proprietäre Software zum Einsatz kommt wäre das Implementieren von Backdoors und gewollten Sicherheitslücken relativ einfach zu realisieren. Eine nicht zu unterschätzende Gefahr für unser aller Freiheit.