Übersetzung eines Artikels von Bailey Lamon (Chairperson PPI) vom 20.02.2016
Ich werde immer an „Die Revolution“ glauben. Aber ich werde zunehmend frustriert mit der modernen „Aktivisten“-Kultur.
Erstens bin ich es müde, Leuten zuzusehen, wie sie sich in anmaßende Arschlöcher verwandeln, die glauben, ihr Aktivismus macht sie besser als alle anderen, sogar die unterdrückten und marginalisierten Gruppen, deren Verbündete zu sein sie beanspruchen.
Falls du jemals im Schutzsystem gearbeitet hast, oder irgendeinem Bereich, der denen dient, die in irgendeiner Weise als unterdrückt oder marginalisiert gelten, wie etwa Opfer von Misshandlungen, Obdachlose, oder Menschen, die mit Sucht und/oder psychischen Erkrankungen kämpfen (nur ein paar Beispiele) … eines der ersten Dinge, die du lernst, ist, dass sie gewöhnlich ihre Weltsicht nicht in den Begriffen der akademischen Theorien, die du in Gender Studies an der Universität gelernt hast, erleben. Sie neigen meist nicht dazu, ihre Erfahrungen in Begriffen von systemimmanenter Macht und Privileg, mit Konzepten wie „das Patriarchat“, „weißes Privileg“ oder „Heteronormativität“ zu analysieren. Während viele dieser Leute direkt durch Klassenunterschiede betroffen sind und das auch begreifen, verbringen sie ihre Tage und Nächte gewöhnlich nicht damit, Karl Marx zu lesen und sich über die Feinheiten des Kapitalismus zu bilden. Sie sitzen nicht herum und erwägen die Effekte „problematischer Verhaltensweisen“ in radikalen Gemeinschaften. Sie sind nicht damit beschäftigt, ihre Privilegien zu überprüfen.
Nein. Sie sind damit beschäftigt, zu überleben. Durch den nächsten Tag zu kommen. Ihre Grundbedürfnisse wie Essen, Unterkunft und Hygiene abzudecken. Sie kümmern sich nicht darum, ihre Sprache zu überprüfen und sich darum zu sorgen, wie ihre Worte möglicherweise unbeabsichtigt gewisse Stereotype aufrechterhalten. Sie sind mehr darum besorgt, dass ihre Stimmen überhaupt gehört werden.
Und dennoch erlebe ich wie so viele „Aktivisten“, die behaupten, sich um jene am Boden der Gesellschaft zu kümmern, dass sie die Realität der Unterdrückung ignorieren, als ob von der Rede oder Weltansicht einer Person beleidigt zu sein dasselbe wäre wie eine Gefängnisstrafe oder auf der Straße zu leben. Sie reden davon, zuzuhören, demütig zu sein, die eigenen Vorurteile über andere Menschen zu hinterfragen und ihre gelebten Erfahrungen zu hören … und dennoch ignorieren sie die gelebten Erfahrungen derer, die nach der Meinung der Universitätsgelehrten social justice warrior nicht richtig sprechen oder denken, unabhängig davon, wie viel schlechter es ihnen wirklich geht. Das bedeutet nicht, dass wir Bigotterie in jedweder Form akzeptieren sollten – weit davon entfernt. Aber ich würde so weit gehen zu sagen, dass die politisch korrekte Mafia auf der Linken eine eigene Form der Bigotterie verewigt, weil sie diejenigen entfremdet und „anders“ macht, die ihre Art zu denken und über die Welt zu sprechen nicht teilen.
Ich bin der Cliquen müde, der Hierarchien, der Überwachung anderer, und der Machtungleichheit zwischen Menschen, die behaupten, Freunde und Kameraden zu sein. Ich bin erschöpft und betrübt über die Tatsache, dass jede Art von Uneinigkeit oder Meinungsverschiedenheit innerhalb einer Aktivistengruppe zum Kampf führt, der manchmal dazu führt, gewisse Menschen aufzugeben, sie als „nicht sicher“ einzustufen, sowie öffentliche Schande und Verleumdung. Es ist widerlich, dass wir behaupten, eine neue Welt aufzubauen, eine neue Gesellschaft, eine bessere Art, mit sozialen Problemen umzugehen – aber sobald eine Person einen Fehler macht, etwas Falsches sagt und/oder tut, wird ihr nicht mal die Gelegenheit gegeben, ihre Seite des Geschehens zu erklären, denn der Prozess der Konfliktlösung selbst wird von Ideologie bestimmt im Gegensatz zu einer Bereitschaft, Fakten zu verstehen. Tatsächlich kann man von Glück reden, in heutigen Aktivistenkreisen überhaupt ein ordnungsgemäßes Verfahren zu erhalten, während jeder sozialen Druck erfährt, alles zu glauben, was ihnen gesagt wird, unabhängig davon, was in einer Situation tatsächlich passiert ist. Das ist nicht Freiheit. Das ist nicht soziale Gerechtigkeit. Das hat nichts zu tun mit „progressiv“ oder „radikal“, es sei denn, du beziehst dich auf Faschismus.
Apropos Faschismus, es gibt heutzutage auch einen beunruhigenden Trend in der Linken, der die Ablehnung der freien Rede/der freien Meinungsäußerung als Grundwert beinhaltet, weil diese Rede möglicherweise für jemanden, irgendwo, verletzend sein könnte. Das ist nicht nur gefährlich, sondern arbeitet auch gegen uns, denn als Linke werden wir vom Staat oft als Bedrohung abgestempelt und sind zumindest in der Gesellschaft unbeliebt. Bedeutet das nicht, dass Gedanken- und Meinungsfreiheit entscheidend für unsere Kämpfe sind? Dass wir immer unser Recht verteidigen sollten, infrage zu stellen, was uns gelehrt wird, unser Recht, anders zu sein? Wie Noam Chomsky es ausdrückte: „Wenn wir nicht an das Recht auf freie Meinungsäußerung für Menschen glauben, die wir verachten, glauben wir überhaupt nicht daran.“
Meinungsfreiheit und dergleichen bedeutet nicht, dass wir mit dem, was eine andere Person sagt, einverstanden sein müssen … in der Tat bedeutet es, dass wir, wenn wir es nicht tun, durchaus das Recht haben, es infrage zu stellen. Aber was ich und viele andere sehen, ist die völlige Abschottung des Dialogs zum Zwecke der „Sicherheit“. Was könnte denn an Zensur sicher sein? Was könnte an einer Gruppe von Menschen, die behaupten, Freiheitskämpfer zu sein, sicher sein, die diktiert, wer sprechen darf und was gesagt werden darf, je nachdem, ob wir mit ihnen übereinstimmen oder nicht? Studieren Sie irgendeine Art von Weltgeschichte und Sie werden feststellen, dass Zensur noch nie auf der richtigen Seite war.
Mehr noch, die Welt ist kein sicherer Ort. Sie ist extrem gefährlich, fehlerhaft, voll von Blutvergießen und Korruption. Indem wir uns vor ihrer Härte schützen, tun wir nichts Sinnvolles, um sie zu verändern. Wenn wir es mit der Konfrontation mit der Macht ernst meinen, müssen wir uns in die Gefahr und den Schmerz stürzen, mit denen so viele Menschen keine andere Wahl haben, als zu leben. Während Selbstfürsorge notwendig ist, um uns auf lange Sicht zu unterstützen, ist das komplette Vermeiden der Dunkelheit nichts anderes als eine Ausrede.
Leute, tut der Welt einen Gefallen … hört auf mit den sicheren Räumen und den Trigger-Warnungen und macht Ernst damit, die Welt zu verändern. Es wird nicht immer lustig und angenehm sein. Wir werden uns nicht immer befreit fühlen. Es wird weh tun. Es wird uns manchmal zu Tode erschrecken. Aber wenn der Kampf es für dich wert ist, wenn Aktivismus nicht nur eine trendige Sache ist, mit der du dich beschäftigst, damit du dich selbst davon überzeugen kannst, dass du nicht selbstzufrieden mit Ungerechtigkeiten bist, dann wirst du aus deiner Komfortzone heraustreten und endlich verstehen, dass Komfort an sich ein Zeichen von Macht und Privilegien ist, die du herausfordern willst.
Übersetzung: Manuela Langer, Schoresch Davoodi u.a.
Der Artikel wurde auch von den niederländischen Piraten übersetzt
Interessant, wie Kritikwürdigem durch Ungenauigkeit und Pauschalisierung, dürftige Analyse und verbales Schattenboxen der Boden entzogen wird. Sollte es Adressaten geben, die ihre Handlungen überdenken müßten, dann erreicht sie der Artikel wohl nicht. Motivation zur gewünschten Denk- und Verhaltensänderung geht anders.
Guter Artikel, man darf dabei eben nicht vergessen das die Political Correctness eben selbst von einer herrschenden Klasse ausgeht. Also dem Bildungsbürgertum den Akademikern welche sich selbst eben als Klasse gerne in einer Machtposition sehen würden und nicht unbedingt in einer Gleichberechtigten Position mit Obdachlosen zum Beispiel.
Jo, jetzt zerlegen sich auch SPD und Linke wegen dem Streit um diese Politische Korecktness am Ende profitiert dann davon total das konservative Lager !
Nein, wenn Sie den Artikel gelesen hätten, hätten Sie verstanden, dass es hier um faschistische Einstellungen geht und dem Gegenteil. Diese 2 Gruppen zu trennen finde ich schon sinnvoll.
Außerdem ordnen Sie die SPD ja wohl hoffentlich nicht dem linken Spektrum zu.