Ein Gastartikel von Guido Körber TheBug0815
Es gibt das Sprichwort, dass wer nur einen Hammer kennt, die ganze Welt als Nagel betrachtet. Genau so einen Effekt gibt es momentan beim Thema Wasserstoff.
Egal ob grün, gelb, blau oder gestreift, Wasserstoff löst alle Probleme. Fehlt nur noch, dass er Tote wieder auferstehen lässt. Angeblich ist die Energiewende ohne Wasserstoff nicht möglich. Das ist teilweise sogar richtig, aber in der Realität ganz anders, als das momentan kommuniziert wird. Es wird regelrechter Blödsinn veranstaltet, der viel Steuergelder kosten wird, schlimmstenfalls unnütze Abhängigkeiten schafft und den wirklich wichtigen Anwendungen schadet.
Im Gegensatz zur weit verbreiteten Vorstellung ist Wasserstoff keine Energiequelle, ganz im Gegenteil, es ist sehr viel Energie notwendig, um Wasserstoff herzustellen und zu transportieren. Und transportieren will man ihn über weite Strecken, denn es gibt ja Gegenden, in denen mehr Sonne scheint, oder mehr Wind weht als hier und darum würde das alles ganz billig werden.
Nehmen wir das industriepolitische Wunschdenken mal auseinander
Es fängt an bei der Herstellung von Wasserstoff. Da gibt es diverse verschiedene Farben, die angeblich graduell immer umweltfreundlicher werden, bis zum grünen Wasserstoff. Alles bis auf den grünen Wasserstoff können wir aber direkt vergessen, denn bei den anderen dient immer Erdgas als Ausgangsstoff. Neben dem anfallenden Kohlenstoff, der bei einigen Farben direkt als CO₂ vorliegt, hat die Erdgasförderung nichts mit sauber zu tun. Es entweichen immer massive Mengen Methan und andere Gase bei der Förderung und dem Transport.
Bleibt also nur die Elektrolyse, um Wasserstoff aus Wasser zu machen. Der Strom dafür muss aus erneuerbaren Quellen kommen, sonst ist es hier sofort vorbei mit „sauber“. Die Idee Atomstrom dafür zu verwenden, ist völlig irre, alleine schon wegen der Kosten. Bei der Elektrolyse gibt es einige Effekte, die sich wegoptimieren lassen. Da bilden beispielsweise zwei frisch elektrolysierte H sofort ein H2 Molekül und geben dabei Wärme ab. Insgesamt wird es so sehr schwer in einer realen Anlage auf 70 % Effizienz zu kommen, 30 % der Energie sind also schon weg, wenn man den Wasserstoff hergestellt hat. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass dafür sauberes Wasser benötigt wird, also auch noch mal Energieaufwand für Aufbereitung, ggf. Entsalzung.
Transport und Lagerung
Wasserstoff als kleinstes Element hat ein paar ungünstige Eigenschaften für Transport und Lagerung. Das kleine Molekül passt bei vielen Materialien zwischen den Atomen des Feststoffes durch, ganz besonders bei hohem Druck. Der Aufwand, es da zu halten, wo es sein soll, ist nicht ganz klein.
Klein ist dafür aber die Dichte von Wasserstoff, so klein, dass er in der Atmosphäre aufsteigt und sogar in den Weltraum abhaut, wenn man ihn lässt. Knapp 90 Gramm pro Kubikmeter bei Normaldruck sind viel Platz für wenig Gas. Wenn man ihn verflüssigt sind es immer noch nur rund 70 Gramm pro Liter, dummerweise liegt aber der Siedepunkt bei -252 °C. Das bedeutet dann wieder ziemlich viel Energie zum Kühlen…
Unter Druck wird Wasserstoff erst bei enorm hohen Drücken flüssig, die technisch nicht praktikabel sind. Für PKW-Tanks hat man sich daher mit 700 Bar begnügt. Das kostet auch nur ca. 10 % des Energiegehalts, den Wasserstoff so weit zu komprimieren. Dummerweise muss man das aber mehrfach machen, bevor er in einem Auto ankommt und auch auf noch höhere Drücke muss man komprimieren, denn der Druck gleicht sich zwischen den Tanks nur aus, der Tank, aus dem der Wasserstoff raus soll, muss also einen deutlich höheren Druck haben als der, in den er rein soll.
Energieeffizienz bei Fahrzeugen
Elektrolyse -> Lagertank -> Transporttank -> Tankstellentank – > Auto, wenn alles gut läuft kommen ca. 45 % der in der Elektrolyse eingesetzten Energie im Auto an. Die Aufbereitung vom Wasser lassen wir mal außen vor…
Brennstoffzellen sind keine neue Technologie, damit flog die Apollo zum Mond. Die physikalischen Grenzen sind hier auch schon sehr weit ausgelotet. 60 % Effizienz ist etwa das, was im realen Einsatz in einem Fahrzeug erreicht wird. Wenn also 25 % der am Anfang eingesetzten Energie auf der Straße ankommen, dann haben wir richtig Glück gehabt, der Elektrolyseur stand nahe bei der Tankstelle und es musste nur ein mal in den Tanklastzug umgefüllt werden (der aber auch noch Energie brauchte, um zur Tankstelle zu kommen…).
Batterieelektrische Fahrzeuge haben eine Gesamteffizienz von >70 % bei Ladung aus dem Stromnetz, bei lokaler Ladung mit der PV vom eigenen Dach sind es sogar 80 % oder mehr. Angeblich haben wir doch viel zu wenig an erneuerbaren Energien und können die nicht so schnell produzieren, also warum sollten wir hier 2/3 der Energie wegwerfen und dafür auch noch eine neue Infrastruktur bauen?
Diese Probleme sind alle physikalisch bedingt und lassen sich nicht überwinden, da die jeweiligen Prozessschritte bis nahe an die Grenzen ausgereizt sind. Keine Technik kann 2H daran hindern sich zu H2 zu kombinieren und keine (alltagstaugliche) Technik kann Wasserstoff auf mehr als 70 g pro Liter verdichten, oder die notwendige Energiemenge dafür reduzieren. Es bleibt dabei, dass Wasserstoff als Energieträger ineffizient und unhandlich ist, das ist aus physikalischen Gründen so.
Hört also bitte auf mit dem Blödsinn, Wasserstoff als die Lösung für das Autos zu propagieren. Wir haben wichtigere Dinge zu tun!
- https://www.youtube.com/watch?v=AGTjKJHu99c
- https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoff
- https://energiewinde.orsted.de/trends-technik/wasserstoff-produktion-in-offshore-windparks-aqua-ventus
- https://www.smarterworld.de/smart-power/brennstoffzellen/dvgw-studie-wasserstoff-ist-ab-2030-genuegend-vorhanden.194228.html
- https://www.dvgw.de/medien/dvgw/forschung/berichte/g202116-1-dvgw-verfuegbarkeit-kostenvergleich-h2.pdf
- https://www.elektronikpraxis.vogel.de/rekord-wasserstoff-elektrolyseur-erreicht-95-prozent-wirkungsgrad-a-1103351
- https://www.nature.com/articles/s41467-022-28953-x