Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk
Da titelt eine deutsche Tageszeitung groß:
Endlich wird alles billiger! Lebensmittelpreise runter.
Nur um dann auf Seite 10 alles zu relativieren.
Der Höhepunkt der Inflation, also der allgemeinen Preissteigerung bei Waren und Dienstleistungen, ist überschritten. Das Grauen weiterer Preiserhöhungen lässt nach.
Keine Preissteigerungen bedeuten aber eben nicht, dass alles billiger wird. Angeblich sollen schon bald viele Preise im Lebensmittelbereich und Energiebereich, fallen. Und so sind z.B. die Gaspreise gesunken und liegen jetzt deutlich niedriger als noch im Januar. Bei den Endkunden ist davon aber nur wenig zu spüren. Das gilt auch für die Strompreise, die sowohl von den niedrigeren Gaspreisen profitieren, als auch von der gestiegenen Einspeisung der erneuerbaren Energien. Für mich als Endverbraucher hat sich schlicht nichts geändert. Ich kann auch nicht einfach meinen Vertrag kündigen und zu einem günstigeren Anbieter wechseln, da ich Kündigungsfristen einzuhalten habe. Also zahle ich fast das dreifach an Strom im Vergleich zu 2021/22 abzüglich der Strompreisbremse, was dann immer noch 36 € pro Monat mehr sind für mich. Aber jetzt gibt es ja das Bürgergeld, jubel. Also 50 € mehr pro Monat. Wenn, ja wenn da nicht die gestiegenen Lebensmittelpreise wären. Und die haben es in sich.
Sogenannte Armeleuteessen sind jetzt nämlich teuer!
Solch ein klassisches Essen ist z.B.: Schwarzbrot mit Griebenschmalz.
Brot allerdings ist teuer geworden. Normaler steigt der Brotpreis ca. 3 % pro Jahr. Im Zeitraum August 2021 – August 2022 stieg der Brotpreis durchschnittlich um 18 %.
Bei mir ist der Brotpreis von 1,19 € auf 1,69 € gestiegen.
Bei Schmalz ist die Sache noch deutlich komplizierter. Schmalz kann man nämlich nur noch in homöopathischen Dosen kaufen. 125 gr. Griebenschmalz kosten zwischen 1,49 – 1,69 €. Vegan sind es dann zwar 200 gr., aber der Preis ist 2,25 € nicht wesentlich billiger.
Eintöpfe sind so heftig gestiegen, wie wenige Lebensmittel. Eine Dose Erbseneintopf kostete 0,99 €. Jetzt 1,69 €. Bei Linseneintöpfen oder Hühnersuppen sind die Preissteigerungen ähnlich.
Ein weiteres preiswertes Essen waren Haferflocken mit Milch. Allerdings sind auch hier die Preissteigerungen heftig. Kosteten 500 gr. Haferflocken 0,49 Cent. So sind es jetzt 0,69 – 0,79 Cent. Dazu Milch, die ebenfalls heftig gestiegen ist. Da ich umgestiegen bin auf Hafermilch, habe ich die Preise hier nicht mehr wirklich verfolgt. Aber die Steigerungen waren heftig. Angeblich sollen die Milchpreise aber schon wieder sinken.
Beim Blick in das Quarkregal konnte ich das nicht bestätigen.
Auch die billige Tiefkühlpizza ist im Preis explodiert. Von 1,99 € für 3 Pizzas auf 2,99 €. Fleisch und Fisch hat Steigerungen, die einen Fleischverzehr zu Luxus werden lassen. Hab ich mir früher ab und zu mal Tiefkühlburger geleistet, so ist das heute einfach nicht mehr drin. Cevapcici sind beinah unbezahlbar. Fischstäbchen ebenfalls Luxus. Hühnerfleisch ist zwar auch teurer geworden, ist aber gerade noch so im Bereich des Bezahlbaren.
Erstaunlicherweise ist aber z.B. Schokolade nicht teurer geworden. Dabei ist da doch der Milchanteil hoch. Aber ich gebe zu, ich zerbreche mir über manche Dinge lieber nicht mehr den Kopf.
Ende der Inflation
Man könnte also annehmen, ok, bald ist alles wieder gut, und die Bürgergeldempfänger haben dann ja 50 € mehr im Monat. Das ist natürlich quatsch. Denn natürlich werden die Preise nicht mehr auf das Vorkriegsniveau zurückgehen. Das Ende der Inflation bedeutet ja nur, dass die Preise nicht mehr steigen! Es heißt nicht, dass die Preise sinken „müssen“. Aber die Politik wird solche Schlagzeilen natürlich ausnutzen und behaupten, dass man ja in Sachen Bürgergeld nichts machen muss, da die Preise ja sinken würden und das Bürgergeld ja im Vergleich eben um 50 € gestiegen sei. Glücklicherweise redet aber alle Welt über die Ukraine, Waffen, Putin und vieles andere. Aber nicht darüber, dass in Deutschland immer mehr Menschen bewusst in die Armut getrieben werden.
Was müssen wir tun?
Zu meinem Bedauern lässt auch die Piratenpartei zu diesem Thema jedes Engagement vermissen. Keine Berechnungen, wie hoch das Bürgergeld den tatsächlich sein müsste, keine Verlautbarungen oder Ähnliches. Wir versagen hier kläglich. Rund 14 Millionen Menschen sind in Deutschland von Armut betroffen. Das sind 16,9 % der Bevölkerung. Eine ziemlich große Wählergruppe. Die Pandemie hat dies alles noch verstärkt.
Nachlesen kann man das hier:
https://www.blaetter.de/ausgabe/2023/april/armut-auf-rekordhoch-helft-denen-die-es-wirklich-brauchen
Es wird Zeit, dass wir hierzu etwas Brauchbares erarbeiten und das dann auch medial verarbeiten. Denn es kann nicht sein, dass wir so wichtige Themen links liegen lassen. Es reicht nicht, ein wenig was vom BGE zu reden, am besten hinter vorgehaltener Hand, damit man sich nicht zu sehr festlegt. Darum wird es Zeit für klare Aussagen. Aber vor allem wird es Zeit, einen Plan zu haben. Und leider sehe ich da nichts. Nicht einmal Anstalten, etwas zu entwickeln. Dabei ist klar, die Gruppe derer, die von Armut betroffen sind, wird größer werden. Sei es durch die Nachwirkungen der Pandemie, also z.B. Long Covid, aber auch durch den Wegfall von Arbeitsplätzen. So z.B. im Einzelhandel, der dem Onlinehandel wohl letztendlich weichen muss.
Und wenn die Politik nicht bald in Sachen Klima reagiert, vielleicht ja auch durch die Klimakatastrophe. Starkregen, Hochwasser, sterbende Wälder und Wassermangel bis hin zu fehlendem Trinkwasser. All das ist schon längst im Bereich des Möglichen angelangt und keine Fiktion mehr.
Ullrich Slusarczyk
Redaktionsmitglied Ullrich Slusarczyk
1963 in West-Berlin geboren. Jetzt in Hannover. Sehr viel gemacht im Leben und sehr viel gesehen. Schreibe gerne. Bin für direkte Sprache bekannt, manchmal berüchtigt. Halte nichts davon, Fakten auf einem DIN A4 Blatt breitzutreten, wenn das Wort „Idiot“ ausreicht. Schreibe jetzt hier die Kolumne hauptsächlich. Meine Themen sind: Gesundheit, Digitalisierung, Urheberrecht und Energie. Ich bin kein Wissenschaftler, logisches Arbeiten und Denken ist mir aber nicht fremd. Bin ein Wissenschaftsfan. Lese Science Fiction. Habe Karl May gelesen, aber auch Antoine de Saint-Exupéry oder Stanislav Lem.
Das sieht dann wohl so aus, als ob arme Leute auch mal alles selbst zubereiten müssten. Also das Brot selber backen, den Eintopf nicht mehr küchenfertig aus Dosen, keine TK-Pizza mehr und nebenbei auch darauf achten möglichst sparsam mit Energie umzugehen. (z.B. Wenn Brot gebacken wird, zeitgleich Auflauf und / oder Kuchen im Ofen)
Das kann sich aufgrund drohender Krisen und Lieferengpässe am Ende sogar noch bezahlt machen, wenn man früh genug umstellt auf komplett selbst zubereiten.
BTW: Die 125 Gramm Griebenschmalz für 1,49 ist im Kilopreis von 11,92 Euro im Vergleich zur 200 Gramm veganen Version für 2,25 im Kilopreis von 11,25 Euro tatsächlich nicht viel billiger, kann sich aber trotzdem im Laufe der Zeit zu einem größeren Betrag summieren. Auch Kleinvieh macht Mist. Würdest du die Griebenschmalz für 1,69 nehmen, reden wir schon von einem Kilopreis zu 13,52 Euro. Es ist immer besser, den Kilopreis zu kennen.
Brot selber backen? Bei den Strompreisen? Für Schmalz den Kilopreis kennen? Ich habe den Eindruck, Du hast meinen Artikel nicht wirklich verstanden. Aber danke für Deinen Hinweis. Ich werde ab jetzt den Kilopreis errechnen für mein Schmalz und meine Eintöpfe alle selber machen. Das wird zwar die Zubereitungszeit und den Stromverbrauch deutlich erhöhen, aber man will ja nicht als faul gelten. Und btw. ich kaufe das vegane Schmalz.
Das ist aber auch nur für Leute eine Option die die Zeit dafür haben…. Immerhin bekomme ich meinen Strom vom Balkon. Das mindert die Kosten beim selber Backen enorm. Zumindest in dem portablen mini ofen der nicht viel Strom braucht.