Die Affären rund um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) reißen nicht ab. Dabei spielt es zunächst einmal keine Rolle, ob dies, wie im Fall Schlesinger, “nur” den “Rundfunk Berlin-Brandenburg” (rbb) [1] betraf, oder wie im neuesten Fall auch den “Mitteldeutschen Rundfunk” (MDR) [2] oder auch die Berichte aus dem Zuständigkeitsbereich des “Norddeutschen Rundfunk” (NDR) [3].
Systemisches Versagen
Natürlich könnte man jetzt zu dem Schluss kommen, dass all diese Vorgänge auf “menschliches Versagen” zurückzuführen sind.
Ein Versagen, welches dann eben nicht nur auf den Vorstands- oder Intendanten ebenen zu suchen ist. Dies wäre aber zu kurz gesprungen, denn die Kritik am ÖRR, insbesondere an ARD und ZDF, ist nicht neu und umfasst eben nicht nur die Vorgänge auf den Vorstandsetagen, sondern auch an der Art und Weise der Berichterstattung, fehlende Transparenz, die ausufernden Kosten, die Wirtschaftlichkeit und die zuweilen fehlende Neutralität und Ausgewogenheit.
All diese Vorgänge offenbaren ein systemisches Versagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Vierte Gewalt
Grundsätzlich sind Medien, auch gern bezeichnet als “vierte Gewalt”, in einer demokratischen Gesellschaft ein notwendiges Korrektiv.
Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) schreibt dazu [4]:
„Sie informieren, geben kritische Kommentare und regen dazu an, sich mit dem staatlichen Handeln auseinanderzusetzen. Diese Kontrolle der Regierenden durch die freien Medien ist ein wesentlicher Grundzug von demokratischen Gesellschaften.“
Dies deckt sich übrigens auch mit den Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Medien aus dem Rundfunkstaatsvertrag. Die bpb formuliert dazu:
„Der öffentliche-rechtliche Rundfunk ist zur Ausgewogenheit verpflichtet, um Meinungspluralität zu erzeugen. Geboten ist insofern stets eine unabhängige, sachliche und überparteiliche Berichterstattung. Die vermittelten Informationen müssen aktuell, nachhaltig, abgesichert und glaubwürdig sein.“
Und führt dann weiter aus:
„Gerade weil sie so viel Einfluss haben, müssen sie aber auch verantwortungsvoll damit umgehen. Faire Berichterstattung und ehrliche Information, die sich der Wahrheit verpflichtet fühlt, sind Voraussetzungen dafür, dass die Medien ihrer Rolle als “Vierte Gewalt” auch gerecht werden können.“
Betrachtet man nun also die eingangs beschriebenen Vorgänge und auch die immer wieder geäußerten Kritikpunkte, lässt dies nur einen Schluss zu:
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kommt den eigentlichen Kernaufgaben und Zielen nicht, oder nur höchst unzureichend nach.
Abschaffung? Nein, Danke.
Und bevor an dieser Stelle vielleicht voreilige Schlüsse gezogen werden:
Nein, mit dieser Kritik sind nicht die vielen fleißigen Menschen oder Angestellten des ÖRR gemeint, die täglich versuchen den Aufgaben aus dem Rundfunkstaatsvertrag nachzukommen.
Und nein, es geht uns auch NICHT um die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Reform: Ja. Aber wie?
Im Kern muss eine Reformierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stehen.
Doch was kann oder sollte diese beinhalten? Ganz ehrlich? Bei all den offensichtlichen Baustellen fällt es mir schwer, alle notwendigen Maßnahmen zu identifizieren und zu benennen.
Aufgrund der Brisanz, aber auch der Wichtigkeit dieser Reform, ist es aus meiner Sicht zwingend notwendig, dass der ÖRR von außen durchleuchtet wird. Jeder noch so gut gemeinte, interne Reformansatz wird zum Scheitern verurteilt sein.
Von daher schlage ich vor, dass umgehend eine unabhängige Kommission eingesetzt wird, die einerseits Strukturen, Finanzen, Auftrag und Ausführung des ÖRR beleuchtet.
Und andererseits ein Reformpaket zur Optimierung des ÖRR vorliegt.
Dabei soll diese Kommission nicht nur aus Vertretenden des deutschen Bundestages und “Sachverständigen” bestehen. Zusätzlich sollen, oder gar müssen, hier auch Vertretende aus der Gesellschaft integriert werden.
Also genau den Menschen, die mittels der Rundfunkabgabe [5] den ÖRR zu wesentlichen Teilen (mit)finanzieren. Und wenn dies auch vielleicht zu kompliziert klingen mag, hier wäre die Gründung und dann auch Beteiligung eines „Bürgerrates“ [6] an der unabhängigen Kommission eine sinnvolle und auch notwendige Maßnahme.
Welche Punkte sollten dringend betrachtet werden?
Ich kann und will an dieser Stelle nicht vertieft einsteigen, sondern nur die aus meiner Sicht offensichtlichen Punkte benennen:
- Rolle, Besetzung und Aufgabe der Aufsichtsgremien
- Wirksamkeit der Aufsichtsgremien
- Rolle und Einfluss der Politik auf den ÖRR
- Verringerung des Einfluss der Politik auf Gremien, Aufsicht und Inhalte
- Demokratische und transparente Kontrolle des ÖRR
- Transparenz der Finanzen
- Wirksames Controlling
- Prüfung der Programm- und Sendestrukturen in Bezug auf den Auftrag aus dem Rundfunkstaatsvertrag
- Prüfung der Sender – und Programmstrukturen, und Mitbetrachtung möglicher thematischer Ausgliederungen oder Reduzierung der Anzahl der Sender (z. Bsp. Senderzusammenlegungen)
- Prüfung der Höhe des „Rundfunkbeitrags“ bzw. Prüfung alternativer Finanzierungsstrukturen
- Verschlankung des gesamten Verwaltungsapparates, dies schließt auch Prüfung der Notwendigkeit der GEZ mit ein
Ich bin sicher, dass es noch viele weitere Punkte und auch detailliertere Betrachtungen geben wird, um die notwendigen Reformen anzugehen und auch voranzubringen.
Doch dies wird nur in einem offenen, gemeinschaftlichen und transparenten Dialog möglich sein. Einem Dialog, der nicht hinter verschlossenen Türen geführt wird, der auch hinsichtlich der Zwischenergebnisse und vorgeschlagenen Maßnahmen gegenüber den Beitragszahlern transparent gemacht und mit diesen diskutiert wird.
Einen transparenter Dialog auf Augenhöhe aller Beteiligten.
Fazit
Auch wenn das Fazit sicherlich einigen Lesern und Leserinnen nicht gefallen wird.
Ein effizienter, neutraler, glaubwürdiger und transparenter öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist für die Demokratie in unserem Land unerlässlich. Auch im Sinne der Ausführungen der bpb als “Vierte Gewalt”, zur Sicherstellung des Meinungspluralismus und auch zur Kontrolle der “Regierenden”.
[2] https://www.dwdl.de/nachrichten/89406/hogelorenz_gibt_posten_als_landesfunkhausdirektorin_ab/
[3] https://www.presseportal.de/pm/6329/5305780
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Rundfunkabgabe