Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk
2024 sind Europawahlen. Das ist eine der Wahlen, die für die Piratenpartei sehr wichtig sind, weil wir es geschafft haben, in das Europaparlament gewählt zu werden. Nach dem Bundeswahlleiter sind ab dem 01. April 2023 Aufstellungsversammlungen möglich.
Nun komme ich aus einem Bundesland, wo bisher versucht wurde, so früh wie möglich die Aufstellungsversammlungen durchzuführen. Das ist aus mehreren Gründen bemerkenswert. Zum einen, weil der damalige Vorsitzende einer derer ist, die hauptsächlich politische Arbeit leisten, und das ohne das verwaltende, organisatorische zu vernachlässigen. Zum anderen, weil im jetzigen Bundesvorstand ja mindestens ein Vertreter der „Buvo as a Service“ Gruppe ist. Also denen, die der Meinung sind, dass ein Bundesvorstand nur verwaltend tätig sein sollte und nicht politisch. Leider haben wir aber ausgerechnet im Bereich Organisation und Verwaltung heftige Defizite. Dies hat sich erst bei den letzten Wahlen gezeigt, wo sehr viele Dinge rein kaufmännisch und organisatorisch schiefgelaufen sind. Da macht es natürlich Sinn, so früh wie möglich tätig zu werden, um z.B. eventuelle Fehler ausgleichen oder korrigieren zu können. Wenn ich mich aber so umsehe, dann sehe ich nicht die geringsten Anstalten, Kandidaten zu suchen bzw. Bewerbungen zu ermöglichen. Einen eventuellen Termin und oder Ort gibt es bisher auch nicht. Nach 16 Jahren sollten wir das doch nun endlich können.
Wahlkampfthemen
Im Wahlkampf braucht es Themen. Aber auch da ist bisher Schweigen im Walde. Jedoch, es ist immer leicht, etwas zu kritisieren. Meist wird einem dann vorgeworfen, man könne ja selber was dazu beitragen. Lassen wir die Spiele beginnen.
- Freiheit: Schutz der elektronischen Kommunikation (Brief/Postgeheimnis analog vs. Chatkontrolle digital)
- Würde und Teilhabe: Massengrab Mittelmeer (Hier gibt es gleich mehrere Möglichkeiten: Asyl, Entwicklungshilfe & Wirtschaftshilfe)
- Leben: Klimaschutz auf europäischer Basis
Das sind vier Grundthemen. Freiheit, Würde und Teilhabe, die Themen der Piratenpartei. Ergänzend dazu das Thema Leben.
Hierzu Umfragen zu starten, wäre etwas, das jetzt sofort passieren müsste. Denn, sowas muss organisiert werden, ausgearbeitet und später auch ausgewertet werden.
Wahlkampf
Wahlkampf, das bedeutet politisch zu arbeiten. Und es ist meines Erachtens der einzig wirklich gute und gangbare Weg, Mitglieder zu gewinnen. Ich kenne niemanden, der wegen eines Buttons, Sticker oder Flyer Mitglied geworden ist. Aber Aktionen wie #SaveYourInternet haben uns ziemlich viele Mitglieder gebracht. Einige davon sitzen heute in den verschiedenen Vorständen aller Ebenen. Politik ist es, die uns Mitglieder bringt. Und tatsächlich sind wir ja auch eine „politische Partei“. Also lasst uns Politik machen. Und am besten geht das in einem Wahlkampf.
Digitaler Wahlkampf
Wir sind die Digitalpartei. Aber unser digitaler Wahlkampf lässt schwer zu wünschen übrig. Dabei waren wir darin, glaubt man älteren externen Auswertungen, mal ganz gut. Mit Keywordkampagnen zum Beispiel. Aber Webseiten brauchen Content, der muss geschaffen werden, und das kostet Zeit. Je früher man also anfängt, umso mehr kann man schaffen. Alles muss responsiv sein, also für mehr als eine Plattform funktionieren. Es muss Suchmaschinenoptimiert sein und dabei auch noch leicht verständlich. Newsletter sollten geplant werden. Verantwortliche für Wahl-O-Maten benannt werden. Umfragen an den Wähler entworfen und online gestellt werden. Und dann ist da noch das leidige Thema Grafiken. Unsere Leistungsfähigkeit in diesem Bereich ist sehr gering, auch hier ist also Zeit der Faktor überhaupt.
Analoger Wahlkampf
Ich bin ein gebranntes Kind, was das Kaufmännische in dieser Partei anbetrifft. Ich hoffe, dass wir diesmal das kaufmännisch/organisatorische vom politischen trennen. Plakate zu bestellen, Angebote einzuholen, Zäune aufzustellen, die notwendigen Arbeitskräfte zu organisieren, das alles setzt Organisationstalent und kaufmännische Fähigkeiten voraus und keine politischen. Und noch wird der analoge Wahlkampf gebraucht. Und auch hier ist die Zeit ein wesentlicher Faktor. Flyer brauchen Texte, auf die muss sich erstmal geeinigt werden. Sie müssen geschrieben und abgenommen werden. Dann bestellt, gedruckt und verteilt werden. Und Geld kostet das auch noch. Dasselbe gilt für die Plakate.
Politischer Wahlkampf
Die Kampagne #SaveYourInternet war ein Glücksfall. Ob man sowas nochmal in der Größenordnung hinbekommt, ich weiß es nicht. #Chatkontrolle hätte das Zeug dazu. Hierzu müsste man Patrick Breyer ins Fernsehen bekommen. Aber auch die vielen Toten im Mittelmeer könnten ein Thema sein. Oder länderübergreifend der Wassermangel und die Probleme, die dadurch zum Beispiel in Frankreich entstehen und letztendlich dann auch in Deutschland, ja ganz Europa. Es wird Zeit, dass wir aus unserer Komfortzone rauskommen, die Ärmel hochkrempeln und was tun. Von nichts kommt nichts oder ohne Fleiß kein Preis.
Fazit:
16 Jahre, und noch immer werden wir von einem Wahltermin überrascht. Das Schlimme daran ist, ich bin nicht überrascht. Was ist so schwer daran? Ich muss zugeben, ich verstehe es nicht. Diese Termine stehen seit Jahren fest und man kann sie jederzeit mühelos im Internet nachlesen. Bitte straft mich Lügen und überrascht mich wenigstens einmal positiv, indem ihr einen Termin für die Aufstellungsversammlung bekannt gebt.
Ullrich Slusarczyk
Redaktionsmitglied Ullrich Slusarczyk
1963 in West-Berlin geboren. Jetzt in Hannover. Sehr viel gemacht im Leben und sehr viel gesehen. Schreibe gerne. Bin für direkte Sprache bekannt, manchmal berüchtigt. Halte nichts davon, Fakten auf einem DIN A4 Blatt breitzutreten, wenn das Wort „Idiot“ ausreicht. Schreibe jetzt hier die Kolumne hauptsächlich. Meine Themen sind: Gesundheit, Digitalisierung, Urheberrecht und Energie. Ich bin kein Wissenschaftler, logisches Arbeiten und Denken ist mir aber nicht fremd. Bin ein Wissenschaftsfan. Lese Science Fiction. Habe Karl May gelesen, aber auch Antoine de Saint-Exupéry oder Stanislav Lem.