Eine Reportage über einen Stapellauf, viel Müll, seichte und tiefe Gewässer.
Samstag, der 26.03.2011, es ist Picobello-Tag in Wuppertal. Etwa 10.000 Menschen beteiligen sich an der städtischen Aktion, die Wupper vom Müll befreien und das Bewusstsein für die Umwelt schärfen soll.
Die Piratenpartei steht für Bürgerbeteiligung und das Thema Umwelt ist für die Gründungsmitglieder so selbstverständlich gewesen, dass die Partei lange Zeit nicht merkte, dass es gar nicht im Programm stand. Dies wurde inzwischen korrigiert und aus dem Selbstverständnis heraus bedurfte es für die Teilnahme am vom Umweltamt der Stadt ausgerichteten Picobello-Tag keiner Diskussion. Michael Lutz vom Ressort Umweltschutz und Umweltberatung war sehr zufrieden mit dem zum vierten Mal stattfindenden Müllsammeltag im Tal. Neben der Reinigung der Stadt war es ihm wichtig, dass durch diese Aktion die Bürger der Stadt in puncto „spontaner“ Müllentsorgung sensibilisiert werden.
Mit dieser „spontanen Müllentsorgung“ hatten auch etwa 15 Aktivisten der Bergischen Piratenpartei zu kämpfen. Die zum ersten Mal angetretenen Piraten bauten in etwa 30 Arbeitsstunden ein Floß mit großem Segel und einem Mast, den man vor Brücken einklappen kann. Am Samstag wurden dann um 9 Uhr die Wathosen aus NVA-Bestand angezogen und erste Gehversuche in der Wupper unternommen. Eine Stunde später war es dann soweit: der Stapellauf nahte. Angelockt vom Boot kamen etliche Bürgerinnen und Bürger, um diesem Ereignis beizuwohnen. Hält es, schwimmt es oder sinkt es gar?
10:15 Uhr: Jubel brandete auf, die Bergischen Piraten haben endlich ihr eigenes Schiff – und es schwimmt!
Danach ging es an die Arbeit, und die hatte es in sich. Meter für Meter arbeiteten sich die Aktivisten vor. Der leichte Müll, bestehend aus Dosen Flaschen und Tüten, ging noch. Schwieriger wurde es, als „Schätze“ bestehend aus Bauzäunen, Schildern, Rohren und Kanaldeckeln gehoben wurden. Es ist wirklich erschreckend, was unsere Mitmenschen so alles mal eben spontan entsorgen, ohne sich über die ökologischen Folgen Gedanken zu machen. Bereits nach einer Stunde musste das Boot entladen werden, da die Fahrrinne der Wupper den Tiefgang mit dem ganzen Metall auf dem Boot nicht mitmachte. Also wurden alle Schätze über ein Baugerüst auf die 4 Meter über der Wupper liegende Straße gehievt.
11:30 Uhr: Das Boot war nun wieder leer, nur machten sich erste Ermüdungserscheinungen bei den Aktivisten breit. Aber Piraten halten durch!
Nach 2 Stunden Flussabwärts kam ein Anruf des WDR. Mit der Aussicht mal ins Fernsehen zu kommen, wurden weitere Energiereserven freigesetzt, allerdings stand das größte Problem den Piraten noch bevor: Die Schwebebahnbaustelle am Landgericht. Eine absolute Herausforderung für das Navigationsteam.
Zunächst musste das ganze Boot wieder von diversen Funkstücken befreit werden, denn irgendwer hatte doch tatsächlich mit schweren Säcken eine Staustufe gebaut, über die das ganze Boot gehoben werden musste. Weiter ging es so flach, dass das Floß gezogen und geschoben werden musste. Dann ein Schrei von vorne, dass es ein wenig tiefer wird – ein wenig tiefer für den Rufer auf der rechten Seite vielleicht. Für die drei Piraten hinten und links war „ein wenig“ dann so, dass man plötzlich bis zum Bauch im Wasser stand und sich nun in den Watthosen ein Biotop bilden konnte, da sie komplett voll gelaufen waren…
Nach weiteren 30 Minuten kamen die Aktivisten nun endlich zum Treffpunkt, um ihr Floß einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Doch in den Gesichtern war Entsetzen zu sehen. Was war passiert? Ausgerechnet nach der letzten Brücke ist das passiert, was Piraten nun gar nicht ab-können – der Mast war beim Hochklappen gebrochen… Super Timing, dieses Bild mit frustrierten Aktivisten und einem Floß mit gebrochenem Mast sollte nun in die Welt gesendet werden? Dem Mitstreiter MacGyver war es zu verdanken, dass der Mast mit zwei Stöcken und vielen Kabelbindern wieder so hergerichtet werden konnte, dass er wie eine Eins stand. Nach dem dann erfolgreichen Pressetermin konnten sich die Aktivisten wieder ihrer eigentlichen Aufgabe widmen: dem Müll sammeln.
Nach mittlerweile 4,5 Stunden in und auf dem Wasser kam der Hafen Kluse in Sicht. Ein engagiertes Backgroundteam erwartete die nun doch etwas müden Freibeuter mit Gegrilltem und Flüssigem, um sie wieder zu stärkten und zu motivierten, den letzten Kilometer bis Ohligsmühle auch noch zu schaffen. Die Motivation war auch sehr wichtig, denn an der Kluse konnte man das Floß nicht aus dem Wasser heben. Selbst der ganze Müll musste weiter auf dem Floß verbleiben. Unter Winken und aufmunternden Gesten vieler staunender Passanten stach man wieder zur letzten Etappe in See.
17:00 Uhr – 7 Stunden nach dem Stapellauf war das Ziel der Piraten, die Ohligsmühle, erreicht.
Was bleibt? Eine schöne Aktion, die allen Beteiligten und sehr vielen Passanten einen riesigen Spaß gemacht hat. Die Wupper ist nun auf einem Stück etwas sauberer. Politisch hat die Piratenpartei auch Flagge gezeigt: Dafür, dass Bürgerbeteiligung und -engagement besonders in Zeiten knapper Kassen wichtige Güter sind. Genau dafür steht die Piratenpartei und an diesem Tag auch tausende Wuppertaler.
Autor: Alexander Reinshagen