Viele Vereine plagten Finanznöte. Die Migliederbeträge reichen oft nicht um größere Projekte zu stemmen. Kredite werden von Banken derzeit nur ungern vergeben. Ganz nebenbei haben Kredite den Nachteil, dass sie getilgt werden müssen. Wie gut, dass die Ing DiBa (sie nennt sich “Deutschlands Beliebteste Bank”) 1 Mio € zu verschenken hat.
Der Musikpiraten e.V., man kennt ihn von der Aktion Kinder wollen singen (die Flaschenpost stellte die Aktion letzten November vor), plagt die Finanznot, denn die Liederbücher mussten gedruckt und versendet werden. Da trifft es sich ganz gut, dass die Ing DiBa, eine Onlinebank, nun je 1.000 € an 1.000 Vereine verschenken will. Die Musikpiraten stehen auf der Liste der möglichen Gewinner. Wen die Gunst der Schenkung trifft, wird im Internet entschieden. Abstimmen kann jeder mit wenigen Klicks im Browser, wobei pro angegebener E-Mail-Adresse drei Stimmen abgegeben werden können.
Die Flaschenpost sprach mit den Mitgliedern der Band Bloodbank über die Geschenkaktion und den Verein der Musikpiraten. Alle Mitglieder der Bloodbank sind Angestellte der DAB bank (sie versteht sich als “Erster und Bester”), einem Online Broker.
Alexey-Antonin Wagner ist der Gitarrist der Gruppe. Er hat einen Sohn, der in den Kindergarten geht. Paul Schmitz, Bassist, hat drei Kinder: zwei von ihnen gehen bereits in die Schule. Stefan M. ist der Name des Sängers. Der Keyboarder Ulli Linzen ist der wohl bekannteste Musiker der Gruppe. Er spielt auch in anderen Bands, gibt Konzerte und tritt mit seiner Hammond-Orgel auch in Fernsehproduktionen auf. Karl Groß erinnert ein wenig an Phil Collins. Er ist der Schlagzeuger der Gruppe. Seine Töchter sind 5 und 7 Jahre alt.
Alexey Wagner
Es ist eine gute Sache wenn Kinder musizieren. Ich weiß von unserem Kindergarten, dass sie nicht alles verwenden können, weil sie sonst an die GEMA zahlen müssten. Das ist ein Unding. Den Kindern ist es egal ob sie einen GEMA-Titel singen oder nicht. Die GEMA-Gebühren sind ja OK wenn es um das Pressen von CDs geht. Die werden ja verkauft. Aber müssen Kinder schon in eine eiskalte Verwertungskette eingebunden werden? Die Kinder bekommen schon mit, dass sie mache Lieder nicht singen dürfen. Was soll das bringen, den Kindern auf diese Art die Lust am musizieren zu nehmen?
Paul Schmitz
Alles was für Kinder gemacht wird ist immer toll. Meine drei Kinder sollen mal musizieren, die Große spielt Gitarre – richtigen Rock! – die zwei im Kindergarten spielen Flöte.
Stefan M.
Eine Organisation wie die GEMA macht aus meiner Sicht schon Sinn, weil die Künstler für Ihre Arbeit und Kreativität auch entsprechend entlohnt werden sollen. Musikproduktionen machen keinen Spaß, wenn die Musik später ohne Einschränkung und kostenlos kopiert werden kann. Wenn du es schaffst, einen Hit zu landen, dann willst du auch was davon haben. Wenn ein Künstler selbst nicht mehr lebt, dann sind GEMA-Abgaben nicht mehr wirklich gerechtfertigt, vielleicht noch ein paar Jahre für die Erben, aber spätestens nach 30 Jahren sollte Schluss sein. Die Aktion “Kinder wollen singen” gefällt mir gut. So werden alte Lieder nicht vergessen und die Kinder lernen was sinnvolles. Sie werden ohnehin früh genug mit dem rein auf Kommerz ausgerichteten Müll überflutet, der von schwachsinnigen Texten – vorgetragen von kurzlebigen gecasteten Bands – geprägt ist.
Ulli Linzen
Die GEMA verfolgt ein starrers, unflexibles und nicht auf digitale Medien ausgerichtetes Geschäftsmodell. Kultur wird so in Flaschen gesperrt. Das Perfide ist, dass es ein Eigeninteresse des neuen GEMA-Präsidenten ist (Anmerkung der Redaktion: gemeint ist Dr. Axel Sikorski, Vorstand der VG Musikedition und die Sikorski Musikverlage). Der hat einen Musikverlag und verlegt hauptsächlich Kinderlieder. Für die Vermarktung hat sich die letzten 40 Jahre keiner interessiert, jetzt werden plötzlich Kindergärten als Einnahmequellen entdeckt.
Die GEMA-Vermutung im Gesetz schreibt ja vor, dass von jedem Musikstück erstmal angenommen wird, dass der Komponist Mitglied der GEMA ist – bis das Gegenteil bewiesen ist. Das ist verfassungswidrig. Aber so wird es eben unmöglich gemacht, dass sich neben der GEMA eine zweite, unabhängige Inkassogesellschaft bildet. Natürlich braucht es eine Inkassogesellschaft, denn ich mache ja Musik um Geld zu verdienen. Ich komponiere ja auch selbst, bin bei der GEMA Mitglied. Ich kann schließlich nicht mit jeder Radiostation auf dieser Welt eigene Verträge aushandeln.
Karl Groß
Mit Gesang habe ich ja nichts zu tun. Aber Kinder und damit auch Kindergärten sind ein Grundgut, das nicht vermarktet werden darf. Kommerz hat im Kindergarten nichts zu suchen. Klar ist das ein Riesenmarkt, man sieht es auch an den Spielen für Kinder. Gebühren sind ja verständlich, wenn beispielsweise eine Kneipe einen Fernseher aufstellt um Gäste anzuziehen. Aber im Kindergarten wird nicht gesungen um Kinder anzuziehen, oder?
Die Aktion endet am 15. November, noch ist also Zeit auf der Abstimmseite für die Musikpiraten zu stimmen. Für datenschutzbewusste Piraten ist beruhigendes in der FAQ zur Aktion zu lesen:
Wird meine E-Mail-Adresse weiterverwendet? Die Daten der Abstimmenden werden auf keinen Fall für Werbezwecke weiterverwendet oder weitergegeben.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.