Die Trennung von Staat und Religion ist ein wichtiger Bestandteil des Grundgesetzes. Deutschland besitzt keine Staatskirche, auch wenn das Christentum weitverbreitet ist und entgegen der Auffassung des Laizismus manche staatliche Aufgaben mit übernimmt. Wie zum Beispiel die Leitung von Kindergärten, Sozialstationen, etc.
Die Programmanträge zu diesem Thema unterscheiden sich in einigen Punkten, die hier herausgestellt werden sollen.
PA001 – Staat, Religion und Weltanschauung
“Die Piratenpartei bekennt sich zur Religionsfreiheit und Weltanschauungsfreiheit ebenso wie zur strikten Neutralität gegenüber allen Religionsgesellschaften und weltanschaulichen Vereinigungen. Sie betrachtet das religiöse und weltanschauliche Bekenntnis und dessen Ausübung als individuelles Freiheitsrecht in der Verantwortung des Individuums. Sie ist gegen jede Privilegierung und Diskriminierung von Religionsgesellschaften und weltanschaulichen Vereinigungen und fordert von diesen die Achtung und Befolgung aller im Grundgesetz und anderen Rechtsvorschriften vorgegebenen Regelungen. Die Piratenpartei steht für eine klare Trennung von Staat und Religion im Sinne des Laizismus. Es kann Regelungen zwischen Staat, Religionsgesellschaften und weltanschaulichen Vereinigungen geben, die dann für alle gleichermaßen gelten.”
Zusammenfassung PA001
Dieser Programmantrag verlangt Religions- und Weltanschauungsfreiheit und eine strikte Neutralität gegenüber allen Religionsgemeinschaften und weltanschaulichen Vereinigungen. Jeder Einzelne hat dabei das Recht, selbst über seine ausgeübte Religion zu bestimmen. Weiterhin sollen Religionsgemeinschaften und weltanschauliche Vereinigungen dazu gezwungen sein, sich an das Grundgesetz zu halten. Schließlich wird im Sinne des Laizismus eine komplette Trennung von Staat und Religion gefordert, mit der Einschränkung, dass Regelungen zwischen Staat und Religion möglich sind, sich aber auf jede Weltanschauungsgemeinschaft beziehen müssen.
PA004 – Verhältnis von Staat und Religion
“Piraten setzen sich für einen pluralen, modernen und weltanschaulich neutralen Staat ein. Unser freiheitlicher Staat kann aber nur bestehen, wenn die Freiheit, die den Bürgern garantiert ist, auch von den Bürgern getragen und allgemein gewollt wird. Dies darf der Staat nicht mit Rechtsmitteln erzwingen, da er sich dadurch gegen eine plurale Gesellschaft stellen würde. Rechtlich ist ein freiheitlicher Staat, in dem unterschiedliche weltanschauliche Strömungen friedlich zusammen leben, nicht erzwingbar. Deshalb hat auch der Staat Interesse an Wertevermittlung, denn er ruht auf Voraussetzungen, die er nicht selbst schaffen kann.
Dabei ist unser weltanschaulich neutraler Staat auf die Entwicklung und Vermittlung von Werten außerhalb staatlicher Strukturen angewiesen. Diese geschehen in Familien, in Glaubens-, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie in anderen informellen sozialen Gruppen. Hierzu bedarf es der Regelung von gemeinsamen Angelegenheiten der Wertegemeinschaften und des Staates, die auch die Interessen derjenigen Bürger einbeziehen, die sich keiner solchen Gemeinschaft zugehörig fühlen.
Unangemessen erscheint uns Piraten das Vorgehen des Staates, einzelne Glaubensgemeinschaften zu bevorzugen. Vielmehr darf die im Grundgesetz festgeschriebene weltanschauliche Neutralität und Religionsfreiheit nicht ausgrenzen. Sie muss kooperativ im Kontext des Wertevermittlungsinteresses des Staates mit allen an Wertevermittlung interessierten Gruppierungen gestaltet werden. Dabei muss der Staat darauf bestehen, dass die Menschen- und Gesellschaftsbilder der jeweiligen Gruppierungen die freiheitlich-demokratische Grundordnung des Grundgesetzes achten.”
Zusammenfassung PA004
Diese Formulierung fordert im ersten Satz einen pluralistischen, modernen und weltanschaulich neutralen Staat. Die Freiheit muss von den Bürgern gewollt und mitgetragen werden, nicht vom Staat “erzwungen”. Hier holt der Antrag etwas aus, um diese eigenartige Formulierung zu erklären. Im Grunde ist gemeint, dass friedliche Koexistenz vom Staat nicht erzwungen werden kann und dass daher bei den Wurzeln, also der Erziehung, mit einer Wertevermittlung begonnen werden muss. Diese Wertevermittlung kann der Staat nicht alleine übernehmen, sondern muss diese Aufgabe an Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsvereine abgeben. Dabei sollen auch die Interessen der religionslosen Bürger beachtet werden. Es soll weiterhin keine Glaubensgemeinschaft vom Staat bevorzugt werden. Der Staat arbeitet im Kontext mit den Religionsgemeinschaften zusammen, um die Wertevermittlung zu koordinieren. Die Glaubensvereinigungen müssen sich an das Grundgesetz halten und kontrolliert werden.
PA012 – Gleichstellung von Kirchen mit gemeinnützigen Vereinen
Die Piratenpartei setzt sich für eine klare Trennung von staatlichen und kirchlichen Angelegenheiten ein. Von daher fordern wir die gesetzliche Gleichstellung von Kirchen mit gemeinnützigen Vereinen inklusive aller dazugehörigen Konsequenzen (z.B. keine Erfassung der Religionszugehörigkeit durch den Staat, Abschaffung der Kirchensteuer und eine Demokratisierung der Kirchen gemäß des Vereinsrechtes).
Zusammenfassung PA012
Der offensichtlich kürzeste Antrag fordert eine Trennung von staatlichen und kirchlichen Angelegenheiten, definiert diese aber nicht näher. Kirchen sollen mit gemeinnützigen Vereinen gleichgestellt werden. Daraus folgt, dass es keine Erfassung der Religionszugehörigkeit, keine Kirchensteuer und eine Demokratisierung der Kirchen gemäß des Vereinsrechtes gibt.
PA041 – Für die Trennung von Staat und Religion – Grundsatzprogramm
Freiheit und Vielfalt der kulturellen, religiösen und weltanschaulichen Einstellungen kennzeichnen die modernen Gesellschaften. Diese Freiheiten zu garantieren, ist Verpflichtung für das Staatswesen. Dabei verstehen wir Piraten unter Religionsfreiheit nicht nur die Freiheit zur Ausübung einer Religion, sondern auch die Freiheit von religiöser Bevormundung. Wir erkennen und achten die Bedeutung, die individuell gelebte Religiosität für den einzelnen Menschen erlangen kann.
Trotz der von Verfassungs wegen garantierten Religionsfreiheit ist das Staatswesen der Bundesrepublik nicht frei von religiöser (und weltlicher) Privilegierung der traditionellen christlichen Kirchen. Hier gibt es einen Widerspruch, der durch Immigration und religiöse Differenzierung in der Gesellschaft zu größeren Verwerfungen führen kann.
Die weltanschauliche Neutralität des Staates herzustellen, ist daher eine für die gedeihliche Entwicklung des Gemeinwesens notwendige Voraussetzung. Ein säkularer Staat erfordert die strikte Trennung von religiösen und staatlichen Belangen; finanzielle und strukturelle Privilegien einzelner Glaubensgemeinschaften, etwa im Rahmen finanzieller Alimentierung, bei der Übertragung von Aufgaben in staatlichen Institutionen und beim Betrieb von sozialen Einrichtungen, sind höchst fragwürdig und daher abzubauen. Im Sinne der Datensparsamkeit ist die Erfassung der Religionszugehörigkeit durch staatliche Stellen aufzuheben, ein staatlicher Einzug von Kirchenbeiträgen kann nicht gerechtfertigt werden.
Zusammenfassung PA041
Der letzte Antrag zu Staat und Religion fordert die Freiheit der Religionsgemeinschaften, woraus auch eine Freiheit von religiöser Bevormundung folgt. Die Bedeutung der Religion für ein Individuum wird geachtet. Der Antrag wirft dem deutschen Staat die Bevorzugung traditionell christlicher Kirchen vor, womit der Staat gegen das Grundgesetz verstößt. Dieser Verstoß kann laut des Antrages zu größeren Verwerfungen zwischen den Religionsgemeinschaften führen. Um das Gemeinwesen nicht zu gefährden, muss die Neutralität des Staates wiederhergestellt werden. Es wird ein säkularer Staat gefordert, in dem religiöse und staatliche Belange strikt getrennt werden. Der Staat darf keine einzelne Religionsgemeinschaft finanziell oder strukturell fördern. Ebenfalls nicht zu rechtfertigen ist die Erhebung von Religionszugehörigkeit und Kirchensteuer.
Kurzvergleich der Anträge
PA001 | PA004 | PA012 | PA041 | |
Trennung v. Staat u. Kirche | J | J | J | J |
Laizismus | J | N | N | N |
Regelungen möglich | J | J | / | / |
Wertevermittlung | Staat | Kirche+Staat | / | Staat |
Gleichstellung Kirche m. Vereinen | N | N | J | N |
Abschaffen von Kirchensteuer+Religionserfassung | J | N | J | J |
Fazit
Zusammenfassend ist zu sagen, dass PA041 neben PA001 am weitesten geht, was die Trennung von Staat und Kirche angeht. Beide Anträge fordern im Grunde einen Laizismus. Der Antrag P004 sieht im Gegensatz dazu die Zusammenarbeit der Kirche mit dem Staat vor, um die Wertevermittlung zu garantieren. Der Antrag P012 ist im Grunde zu kurz, um alle wichtigen Punkte beinhalten zu können, fordert aber als einziger die Herabstellung von Kirchen zu Vereinen mit allen Konsequenzen.