Die GO-Schlacht ist geschlagen, die typische Piratengrippe bereits wieder am abklingen, die Schwerhörigkeit in Folge des durch die permanenten Gespräche verursachten Dauerlärmpegels legt sich wieder… oder um es mit Shakespeare zu sagen:
When shall we pirates meet again?
In #gate, convention, or in election campaign?When the hurlyburly’s done,
When the ballot’s lost and won.That will be ere the set of sun.
Where the place?
Upon the heath.
There to meet with visioneers underneath.
Doch was hat der Bundesparteitag in Offenbach nun wirklich gebracht?
Neben der Sozialisierung vieler Mitglieder, notwendiger Aussprachen durch verlustbehaftete Kommunikation auf Mailinglisten, Twitter, u.ä., dem Knüpfen neuer Kontakte, standen 579 Anträge zur Abstimmung durch das höchste Gremium der Piraten an. In den knapp 17 Stunden des BPT wurden davon 76 behandelt, nicht eingerechnet sind hierbei 9 zurückgezogene Anträge.
Die folgenden Anträge wurden angenommen (chronologische Reihenfolge):
PA013 – Klarstellungsantrag: Eröffnung des Bundestagswahlprogramms 2013
- Abschließung der alten Wahlprogramme zugunsten des Wahlprogrammes der Bundestagswahl 2013. Neue Anträge gelten nun explizit für die BTW.
- Ein Programmparteitag für das Bundestagswahlprogramm wird angesetzt.
- Das Parteiprogramm (Grundsatzprogramm) soll redaktionell überarbeitet werden. Beschlossenen Punkte werden sprachlich vereinheitlicht und neu strukturiert. Inhaltliche Änderungen werden nicht vorgenommen.
- Die Piratenpartei unterstützt Initiativen, Kampagnen und Aktionen gegen Rechtsextremismus. Sie begrüßt die Teilnahme der Parteimitglieder an öffentlichen, friedlichen Aktionen und Demonstrationen und die Zurschaustellung der Parteiinsignien zu diesem Zweck.
- Rassismus, Ausländerfeindlichkeit sowie jede andere Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit werden entschieden entgegengetreten. Die Piratenpartei unterstützt Kampagnen, die das Verständnis von verschiedenen Kulturen und Weltanschauungen verbessern und Menschen helfen, sich aus einschlägigen Kreisen zu lösen.
- Die Vielfalt, die durch das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft entsteht, ist eine Bereicherung. Die Entwicklung der Europäischen Union führt auch zur vollständigen Freizügigkeit ihrer Bürger. Arbeitsmigranten haben das Recht, hier heimisch zu werden, und sollen die Möglichkeit zur vollständigen Integration unter Teilhabe und Mitgestaltung des kulturellen und politisches Lebens erhalten. Europa braucht wirtschaftliche Migration. Zuflucht vor Verfolgung und Krieg sicherstellen; die Menschen, die in Europa Zuflucht suchen, haben das Recht auf Bewegungsfreiheit und die Teilhabe an der Arbeitswelt, Bildung und Kultur.
- Wir setzen uns für ein bedingungsloses Grundkommen ein, das die Existenz sichert und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Dazu wollen wir eine Enquete-Kommission im Bundestag einsetzen, die bestehende Modelle bewertet, neue erarbeitet und diese den Bürgern transparent macht. Parallel sollen auf Bundesebene die Voraussetzungen für Volksabstimmungen geschaffen werden, so dass auch direktdemokratisch über eine Einführung entschieden werden kann. Bis dahin setzen wir uns für einen Mindestlohn ein.
- Die derzeitige SGB-II-Gesetzgebung („Hartz IV“) sowie das Sozialhilferecht (SGB XII) verstoßen gegen die Menschenwürde.
- Kritik am Status Quo der Berechnung des Regelsatzes. Der Regelsatz sollte stattdessen zusammen mit den durchschnittlich erstattungsfähigen Kosten für Unterkunft und Heizung mindestens die Höhe der Armutsrisikogrenze erreichen. Ablehnung von Abschlägen bei der Regelsatzberechnung – keine staatliche Bevormundung der Betroffenen.
- Kürzungen von Sozialleistungen als Sanktionen abschaffen.
- Erwerbsarbeit soll finanziell belohnt werden. Mind. 30% des Zuverdienstes müssen beim Sozialleistungsbezieher bleiben (statt derzeit 80-90% Transferentzug).
- Statt rasch Bedarfsgemeinschaften zu unterstellen, ist davon auszugehen, dass beantragte Sozialleistungen tatsächlich benötigt werden, und eine Bedarfsgemeinschaft nur dann vorliegt, wenn dies auch erklärt wird. Keine häuslichen Kontrollen zur Überprüfung von Bedarfsgemeinschaften.
- Verbot von Zeitverträgen für Angestellte der Jobcenter.
- Auch Arbeitssuchende selbst sollten gegen die Entscheidung der Agentur für Arbeit über ihre Erwerbsfähigkeit Widerspruch einlegen können (derzeit können dies nur Sozialleistungsträger und Krankenkassen).
- Abschaffung und sofortige Nichtanwendung der Sanktionen bei Hartz IV
- Datensparsamkeit statt Generalverdacht und Überwachung im Umgang mit Sozialleistungsempfängern.
- Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in Kammern und Verbänden (wie IHK) sowie der Landwirtschafts- oder Handwerkskammer. Rechtsanwalts-, Notar- und Ärztekammern sind davon ausgenommen.
- Maximale Überlassungsdauer von 6 Monaten für Leiharbeiter; Lohnzuschlag für abverlangte Flexibilität; Höchstquote an Leiharbeitern für Unternehmen (10% der Stammbelegung).
- Neue Finanzordnung für die Piratenpartei Deutschland.
- Regularien zu Tagungen und Beschlussfähigkeit des Finanzrates.
- Alle Einzelspenden über 1000 € werden unverzüglich unter Angabe von Spendernamen, Summe und ggf. Verwendungszweck veröffentlicht.
- Erbschaften und Vermächtnisse werden ohne Begrenzung angenommen.
- Regelung, um Beschlussfähigkeit des Finanzrates auch bei Abwesenheit von Mitgliedern zu sichern.
- Finanzordnung zu Mitgliedsbeitrag, Rechenschaftsbericht, Spenden, Etat, Finanzrat etc.
- Detailregelung zu passivem Wahlrecht.
- Satzungsänderungsantrag – Satzungsabschnitt A – §4.
- Stimmrecht bei Mitgliedschaft des Gebietsverbandes.
- Weltanschauliche Neutralität des Staates statt Privilegierung der traditionellen christlichen Kirchen: Trennung von religiösen und staatlichen Belangen; keine finanzielle und strukturelle Privilegierung einzelner Glaubensgemeinschaften; keine Erfassung der Religionszugehörigkeit durch staatliche Stellen; kein staatlicher Einzug von Kirchenbeiträgen.
- Repressionsfreie Drogenpoliik statt gescheiterter Prohibition und Bevormundung, kontrollierte Erwerbsstrukturen statt Kriminialisierung von Konsumenten und Schwarzmarkt. Ehrliche und sachliche Prävention. Piraten sprechen sich für sinnvolle, notwendige Gesetze zum Schutz von Kindern und Jugendlichen aus. Befürwortung der Erforschung derzeit illegaler Stoffe zu therapeutischen Zwecken.
- Auf wissenschaftlichen Fakten basierende Suchtpolitik statt gescheiterter Prohibition und Bevormundung, Prävention und Aufklärung, Respekt vor der Entscheidung des Invididuums für Konsum, Legalisierung ermöglicht Qualitätskontrolle und “Beipackzettel”. Flächendeckender Ausbau von Beratungs- und Hilfseinrichtungen für Süchtige und Angehörige.
- Die Piratenpartei bekennt sich zu Europa, begrüßt die europäische Idee, die sie weiterzuentwickeln mithelfen möchte, und sieht die derzeitige Krise mit großer Sorge. Den Verlust von Demokratie im Zuge der europäischen Union sieht sie kritisch. Die Piratenpartei will zu einer Debatte über die Möglichkeit eines durch eine gemeinsame Verfassung konstituierten, demokratischen europäischen Rechtsstaates beitragen. Piratenparteien Europas sind aufgerufen, gemeinsam mit der Piratenpartei Deutschland Positionen zu grenzübergreifenden politischen Themen zu erarbeiten.
- Die Piratenpartei kritisiert die demokratischen Defizite bei der Entstehung des ESM-Vertrags.
- Die Piratenpartei will die Machbarkeit eines fahrscheinlosen öffentlichen Nahverkehrs analysieren. Dafür soll es Pilotprojekte geben und der Versuch im Erfolgsfall bundesweit ausgedehnt werden.
- Verträge mit öffentlichen Einrichtungen sowie Informationen über diese müssen öffentlich sein, ggf. mittels Nachveröffentlichung. Ausschreibungen müssen transparent und tatsächlich offen sein.
- Informationen von öffentlichen und öffentlich finanzierten Stellen müssen frei verfügbar gemacht werden.
- Die Rechte von Nutzern sollen gestärkt und vermehrt auch Bildungsaspekte berücksichtigt werden. Nichtgewerbliches Kopieren soll unbegrenzt erlaubt sein. Die Urheberpersönlichkeitsrechte sollen mindestens bis zum Tod des Urhebers, maximal aber bis 10 Jahre nach seinem Tod, gelten.
Abgelehnte Anträge
Zurückgezogene Anträge
Somit wurden von 570 gestellten Anträgen insgesamt 76 behandelt. Die wichtigsten der 33 angenommen Anträge wird die Flaschenpost in den nächsten Tagen vorstellen.