Das Saarland ist pleite. Es muss gespart werden. Jeder vernünftige Mensch sieht das ein.
Dass dennoch weiterhin sinnvolle Investitionen getätigt werden müssen, um ein Land oder eine Stadt nicht kaputt zu sparen, ist ebenso logisch. Notwendig ist die Renovierung und Sanierung von Schulen, öffentlichen Gebäuden und Straßen. Mit Sicherheit gut angelegt sind Investitionen im kulturellen Bereich sowie im Bildungssektor.
Darüber, dass in einer zivilisierten und menschlichen Gesellschaft Geld in soziale und gesundheitspolitische Projekte fließen muss, braucht man nicht zu diskutieren. Dass das wenige, vorhandene Geld allerdings zu einem großen Teil Bauprojekte finanziert, stößt nicht auf Gegenliebe. So auch beim Projekt “Stadtmitte am Fluss”. An den Bedürfnissen der Bürger vorbei geplant und eifrig angegangen, erweckt es schon rein optisch den Anschein von vernunftsblinder Protzsucht.”Was – wir sind pleite?! Na, was soll`s!? Wenn, dann gehen wir doch gleich auf gehobenem Niveau unter. Das hat Stil.”
So denken zumindest Politiker, die sich mit Hilfe solch sinnentleerter, aber effektvoll-pompöser Bauprojekte ein Denkmal setzen möchten. Und super: Der Irrsinn wird auch noch bezuschusst! Von der EU mit 50 Mio. Euro, vom Bund mit 64 Mio. Euro. Für Stadt und Land bleibt dann noch ein Investitionsvolumen von mindestens 372 Mio. Euro übrig. Das ist ungefähr so, als wenn ich von Karstadt, Kaufhof, P&C oder einem anderen Konsumtempel einen Gutschein von 500 € erhalte, dort dann im Kaufrausch 5.000 € ausgebe und dadurch meinen Dispo sprenge. In diesem Beispiel wäre mir das schnurzegal, denn ich habe ja schließlich Geld geschenkt bekommen. Da ich aber eine normale Bürgerin bin, würde mich bei einem solchen Verhalten ganz schnell die Realität einholen. Die Bank würde mein Konto sperren, ich wäre höchstwahrscheinlich gezwungen, die Waren zurückzugeben und ich hätte mit Sicherheit die eine oder andere unangenehme Unterredung zu führen, bis ich die Idiotie wieder aus der Welt geschafft hätte.
Warum aber lässt man zu, dass sich Politiker benehmen können, wie unartige Kinder in einem Süßwarenladen? Die Kontrollmechanismen, welche angeblich Machtgehabe, Geschachere, Selbstbedienung und Verschwendung verhindern sollen, sind offensichtlich zumindest teilweise nur Papiertiger. Auch wenn ich hier in laxem Alltagston darüber schreibe, möchte ich betonen, dass ich es für gefährlich halte, dass solche Vorgänge überhaupt möglich sind. Wo sind die Grenzen gesetzt? An welcher brüchigen Stelle kann Planungs- und Finanzkontrolle ausgehebelt werden?
Hier sehe ich sehr viel Handlungsbedarf im Hinblick auf eine stärkere Bürgerbeteiligung bei den Entscheidungen, wenn solche Vorhaben vorgeschlagen werden. Die drei sogenannten “Bürgerwerkstätten” mit jeweils etwa 160 Teilnehmern, welche von August bis November 2008 ihre Ideen einbringen durften, um das Vorhaben, wie es hieß, realistischer und realisierbarer zu machen, sind in meinen Augen keine echte Bürgerbeteiligung, sondern Heuchelei. Den Bürgern wurde die Illusion vorgespielt, dass man in dieser Sache auf ihre Bedürfnisse und Bedenken eingehen würde.
Nein, es müsste ganz anders laufen, um Verschwendung von Geldern möglichst weitgehend, am besten ganz, zu verhindern: Unabhängige Gremien sollten Bauvorhaben an sich sowie deren Finanzierung in nachvollziehbarer Weise untersuchen und prüfen.
Die Bürger des betroffenen Ortes müssen umfassend über das Vorhaben informiert werden und sollten im Rahmen einer Befragung eine reale Chance haben, mitzubestimmen. Ich hoffe, dass es im aktuellen Fall nachher nicht “Stadtmitte geht baden” heisst.
Jasmin Karrenbauer