Die Neugier der Bürger wächst. Und das ist auch gut so. Hat doch jeder Bürger Anspruch auf den Zugang zu allen Informationen, die bei Behörden vorhanden sind – unabhängig davon, ob er selbst betroffen ist oder nicht. Verbrieft und verankert ist dieses Recht im Informationsfreiheitsgesetz (IFG) aus dem Jahr 2006. Sogar vor dem Wissen über Ufos macht dieses Gesetz nicht halt.
Doch ausgerechnet der Umgang mit diesem extraterrestrischen Phänomen wirft ernsthafte Fragen im Hinblick auf die Informationsfreiheit auf. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat 2009 ein Gutachten verfasst. Titel: „Die Suche nach außerirdischem Leben und die Umsetzung der VN-Resolution zur Beobachtung unidentifizierter Flugobjekte und extraterrestrischer Lebensformen“. Nun gibt es Streit, ob dieses Papier herausgegeben werden muss. Der Bundestag verweigert das, wie auch bei anderen Gutachten. Begründung: Dies würde in die Wahrnehmung des freien Abgeordnetenmandats eingreifen. Die Berufung läuft.
Nicht alle Fälle sind so kurios. Und dennoch beklagt Peter Schaar, der Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in seinem 3. Tätigkeitsbericht, dass informationsbegierige Bürger immer wieder auf Widerstände stoßen. Oft springen Gerichte den Bürgern bei. Das Bundesverwaltungsgericht etwa entschied in einer grundlegenden Frage, dass auch Informationen über die Regierungstätigkeit nicht von der Informationsfreiheit ausgenommen sind. Dies bedeutet nach Ansicht des Bundesbeauftragten, dass auch Gesetzesentwürfe herausgegeben werden müssten. Zuletzt hatte das Bundesinnenministerium dies im Fall der Visa-Warndatei verweigert.
Korruptionsprävention – ein heißes Eisen?
Liegt nach Auffassung des Bundesbeauftragten ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen das Informationsfreiheitsgesetz vor, kann er dies formell beanstanden. Zweimal musste Schaar im Berichtszeitraum auf dieses Mittel zurückgreifen. So gab das Bundesinnenministerium (BMI) dem Antrag auf Zugang zu den Korruptionsberichten der Bundesregierung zwar statt, verweigerte aber zunächst die Einsicht in deren Tabellenteil. Dieser beinhaltet statistische Angaben zur Feststellung und Analyse korruptionsgefährdeter Arbeitsgebiete sowie zu den personellen und organisatorischen Maßnahmen zur Korruptionsprävention. Begründet wurde die Verweigerung damit, dass Korruptionsstraftaten mithilfe dieser Zahlen erleichtert werden könnten.
Dies sei schon deshalb sehr unwahrscheinlich, so der Bundesbeauftragte, weil die Zahlen innerhalb der obersten Bundesbehörden oder Geschäftsbereiche nicht weiter spezifiziert sind. Es lasse sich aus den Tabellen also nicht ablesen, wo konkret noch Handlungsbedarf besteht. Die Beanstandung hatte Erfolg – das BMI gab die Informationen frei.
Informationsfreiheit ins Grundgesetz
„Ich wünsche mir, dass der Prozess zur Verbesserung der Transparenz dynamischer wird und erheblich an Fahrt gewinnt“, sagt Schaar in seinem Bericht. Er kritisiert die bislang zersplitterte und teilweise uneinheitliche Gesetzgebung in Bund und Ländern. Reformbedarf bestehe auch bei den Verfahrensregelungen des IFG. Zu lange müssten Bürger oft auf die Bearbeitung ihrer Anträge warten. Schaar: „Vielfach kommt nicht einmal eine Zwischennachricht, dass sich die Bearbeitung verzögert, weil Dritte beteiligt sind oder der Sachverhalt ungewöhnlich komplex ist.“
Schaar empfiehlt deshalb die Einführung einer verbindlichen gesetzlichen Frist für die Bearbeitung der Anträge auf Informationszugang. Auch Sanktionen bei schleppender Bearbeitung der Anträge könnten helfen. Nicht zuletzt fordert der Bundesbeauftragte, die Informationsfreiheit im Grundgesetz zu verankern. Bei einer solchen Stärkung des Informationsanspruchs müssten die grundrechtlich geschützten Positionen Dritter künftig stets mit dem neuen Grundrecht auf Informationszugang und dem öffentlichen Transparenzinteresse abgewogen werden, also immer ein „Public Interest Test“ erfolgen.