Ein Gastartikel von Johannes Thon (@Duesenberg).
Sobald eine Diskussion über die GebührenEinzugsZentrale (GEZ) beginnt, gleitet diese sogleich ab in eine Qualtitätsdebatte über das öffentlich rechtliche Fernsehen. Viele Menschen sehen es nun mal nicht ein, Formate allimentieren zu müssen, welche sie schlichtweg als medialen Schrott ansehen. Abgesehen davon gibt es viele sehr gute Sendungen in den öffentliche rechtlichen Programmen.
Leider lenkt die Debatte über die Inhalte der Programme allzu oft von der Institution GEZ als solches ab, und man könnte fast meinen, dass dies der GEZ allzu recht ist. Dabei sind einige Aspekte dieser nicht rechtsfähigen Verwaltungsgemeinschaft mehr als bemerkenswert. Die GEZ ist keine juristische Person, sondern eine von den Landesrundfunkanstalten konstituierte Verwaltungsgemeinschaft. Sie nimmt damit die Stellung einer Behörde ein, welche allerdings unter keiner zusammenhängenden Aufsicht steht, sondern die jeweiligen Intendanten der Landesrundfunkanstalten nehmen diese Aufgabe – wenn überhaupt – wahr. Dazu kommt, dass die GEZ nicht rechtsfähig ist.
Wenn man nun bedenkt, dass die GEZ neben dem Staat über die größte und detaillierteste Datensammlung über uns Bundesbürger verfügt, nämlich 42 Millionen Datensätze, und berechtigt ist, diese Datensätze mit den Daten der Einwohnermeldeämter und privaten Adresshändlern abzugleichen, kann es einem durchaus schon schummerig werden, wenn man die eher undurchsichtige Aufsichtsstruktur dieser Institution betrachtet. Dazu liegt es in der Natur der Sache, dass wohl kaum ein öffentlich-rechtlicher Sender kritisch über die GEZ berichten würde.
Jetzt ist es aber nicht so, dass diese Behörde frei jeglicher Organisation vor sich hin arbeitet, sondern es gibt einen Verwaltungsrat, welcher durchweg mit Personen aus den Landesmedienanstalten und Vertretern des ZDF bestückt ist. Es gibt keinen Datenschutzbeauftragten in diesem Gremium oder gar eine externe Interessenvertretung z. B. für den Bürgerauftrag an die öffentlich rechtlichen Medien. Das ist in etwa so, wie wenn ich Klein-Erna und Fritzchen die Aufsicht über den Bonbonladen der Oma überlasse.
Dazu gibt es einen Fachbeirat, welcher den Verwaltungsrat berät. Dort findet sich dann auch ein Rundfunkbeauftragter für Datenschutz und so etwas wie Controlling, aber Berichte über deren Tätigkeit sind öffentlich nicht zu finden.
Das heißt nun also, die GEZ ist eine nicht rechtsfähige Behörde, mit doch recht umfangreichen Kompetenzen dem Bürger und dessen Daten gegenüber, welche in dieser Hinsicht kaum bis gar nicht transparent agiert und mangels ihrer Rechtsfähigkeit kaum zur Verantwortung gezogen werden kann.
Die GEZ hat rund 1.300 Mitarbeiter und einen Verwaltungshaushalt von ca. 165 Millionen Euro und zieht im Jahr 7,6 Milliarden Euro an Gebühren ein. Dieses Geld wird dann an die zehn Landesmedienanstalten, ARD und ZDF nach Abzug der Verwaltungskosten der GEZ selber verteilt. Insgesamt gibt es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in etwa 14.000 Planstellen.
Wenn nun jeder Bürger unseres Landes zwangsweise im Jahr statistisch betrachtet 95,- Euro für eine Institution, welche einen wichtigen Beitrag zur Demokratie in Deutschland leisten soll, zahlen muss, und die noch dazu umfangreiche Daten über diese Menschen verwaltet, so ist hier neben der Frage des Bürgerauftrages an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Frage nach Transparenz und Teilhabe absolut unumgänglich.
Dazu stellt sich die Frage, ob es einer GEZ überhaupt noch bedarf, wenn es nicht mehr gilt, umständlich einzelne Geräte zu erfassen, sondern Haushalte pauschal eine Abgabe entrichten sollen. Könnte diese Abgabe z. B. nicht von den Finanzämtern erhoben werden?
Noch weiter gedacht: wenn die Piraten für eine umfangreiche Teilhabe der Bürger am gesellschaftlichen und kulturellen Leben stehen, sollte dieses Medienangebot eigentlich eine Dienstleistung des Staates sein. Gleich kommt dann der nicht unberechtigte Einwand, wir wollen aber auch kein Staatsfernsehen.
Deswegen sollte im Vorfeld der Bürgerauftrag an den Rundfunkstaatsvertrag diskutiert und neu definiert werden. Am besten gleich den ganzen Rundfunkstaatsvertrag neu betrachten, um hier eine Position zu erarbeiten, die ein politisch weitgehend freies öffentlich-rechtliches Fernsehen und dessen Finanzierung aus dem Staatshaushalt ermöglicht.
Machen wir uns nichts vor, durch die Kulturhoheiten der Länder protegiert, versucht jede etablierte politische Kraft Einfluss auf die Medienlandschaften zu nehmen, personell, inhaltlich und finanziell. Das könnte durchaus legitim sein, wenn es diese Möglichkeit für alle gäbe, dies transparent geschähe und wenn man daran teilhaben könnte.
Es gälte auch die Frage zu stellen, in wie weit man nun hier Formate allimentieren soll, welche eher im Bereich der privaten Sender liegen. Genauer betrachtet nehmen die öffentlich-rechtlichen Sender nicht unerheblich Gelder durch Werbung ein. Hier sollte hinterfragt werden, inwieweit dies eine kritische Berichterstattung auch korrumpieren könnte. Warum könnte man also nicht ein Format wie “Der lustige Musikantenstadel” werbefinanziert produzieren und durchaus über die öffentlich-rechtlichen Kanäle senden und die inhaltlich wertvolleren Dokumentationen, politischen Formate, Bildungssendungen über die Staatsgelder? Würde das dann nicht auch das Budget entsprechend entlasten und damit die Haushalte?
Hier gilt es viele Fragen zu stellen, vieles zu hinterfragen und vieles den neuen medialen Möglichkeiten anzupassen. Wieso sind zum Beispiel Sendungen nur eine Woche im Internet abrufbar, wenn sie doch schon öffentlich-rechtlich finanziert sind?
Um diese Diskussion in tragfähige Programmatik münden lassen zu können, muss die GEZ als Institution betrachtet werden. Denn eine Qualitätsdebatte verlässt schnell die sachliche Ebene, weil die Geschmäcker, sagt der Bäcker, nun mal verschieden sind. Die GEZ steht jedoch für ein System, welches man ganz pragmatisch betrachten, kritisieren und auch ändern kann.
Wir haben zu tun!
Johannes Thon
Sprecher der Kulturpiraten